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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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Segen spendenden Kräfte und Tod bringenden Mächte zum Jenseits nach dem
Tode, um dann, nachdem wir das menschliche Leben durchmessen, die Schicksals¬
göttinnen, und endlich die geisterhaften Phantasiegestalten der Naturelemente, wie
sie im Glauben der Alten lebten, diese in ihrer Größe und Lieblichkeit grauen¬
haften Gestalten, vor unser Auge zu stellen. Wir haben es hier nicht mit einer
Kunst zu thun, deren Inhalt wir gleich ihrer Erscheinung einzig nach ästhetischen
Grundsätzen wägen dürfen, sondern mit einer instructiven Kunst, welche den Ent¬
deckungen der forschenden Wissenschaft einen anschaubaren Leib ertheilt, um sie
dem Verständniß des Publicums näher zu bringen. Vielen wird es "vor diesen
Bildern erst ausgehen, welch eine sinnvolle Poesie, welch eine Fülle von sittlicher
Lebens- und Naturauffassung auch in der deutschen Göttersage richt,' Viele werden
erst durch die äußere Anschauung zu einer innern gelangen. Darum scheint es
uns verdienstvoll, daß man hier im Museum den Platz gefunden, aus dem die
malerische Belebung der deutsche" Mythe an ihrer rechten Stelle ist.

Zwei landschaftliche Gemälde reihen sich durch innere Verwandtschaft den
mythischen Darstellungen an, beide von Bellermann gemalt. Sie befinden sich
in der Mittelnische der zuerst betrachteten Schmalseite, neben der Thür, welche
in die Räume der ethnographischen Sammlung führt, einander gegenüber, und
stellen dar: Hünengräber an der Ostseeküste und den Kreidefelsen der Stubben¬
kammer auf Rügen mit einem alten Opferaltar, an dem noch die Blutrinne zu
bemerken ist. Sie haben freilich hier ein sehr schlechtes, eigentlich gar kein Licht,
wie denn der Saal der nordischen Alterthümer in dieser Beziehung überhaupt
nicht zu den begünstigten Räumen gehört.




Charakterbilder ans der deutschen Restaurations-
literatnr.
Eduard Mörike.

Mörike, früher Pfarrer in Clcversulzbach, war seit der Herausgabe seines
Idylls am Bodensee der literarischen Welt vollständig ans dem Gesicht entrückt.
Wir hören, daß er längere Zeit in Mergentheim lebte, jetzt aber in Stuttgart
"in Katharinenstift, einer Lehranstalt für junge Mädchen, Literaturgeschichte vor¬
läge, und im Winter öffentliche Vorlesungen über Shakspeare, gleichfalls für
Damen, gehalten hat. In der letzten Zeit ist auch in Stuttgart sein Por¬
trait erschienen, in dem er als wohlbeleibter, behaglicher Mann mit der Brille
erscheint.


Grenzboten, II. 38

Segen spendenden Kräfte und Tod bringenden Mächte zum Jenseits nach dem
Tode, um dann, nachdem wir das menschliche Leben durchmessen, die Schicksals¬
göttinnen, und endlich die geisterhaften Phantasiegestalten der Naturelemente, wie
sie im Glauben der Alten lebten, diese in ihrer Größe und Lieblichkeit grauen¬
haften Gestalten, vor unser Auge zu stellen. Wir haben es hier nicht mit einer
Kunst zu thun, deren Inhalt wir gleich ihrer Erscheinung einzig nach ästhetischen
Grundsätzen wägen dürfen, sondern mit einer instructiven Kunst, welche den Ent¬
deckungen der forschenden Wissenschaft einen anschaubaren Leib ertheilt, um sie
dem Verständniß des Publicums näher zu bringen. Vielen wird es „vor diesen
Bildern erst ausgehen, welch eine sinnvolle Poesie, welch eine Fülle von sittlicher
Lebens- und Naturauffassung auch in der deutschen Göttersage richt,' Viele werden
erst durch die äußere Anschauung zu einer innern gelangen. Darum scheint es
uns verdienstvoll, daß man hier im Museum den Platz gefunden, aus dem die
malerische Belebung der deutsche» Mythe an ihrer rechten Stelle ist.

Zwei landschaftliche Gemälde reihen sich durch innere Verwandtschaft den
mythischen Darstellungen an, beide von Bellermann gemalt. Sie befinden sich
in der Mittelnische der zuerst betrachteten Schmalseite, neben der Thür, welche
in die Räume der ethnographischen Sammlung führt, einander gegenüber, und
stellen dar: Hünengräber an der Ostseeküste und den Kreidefelsen der Stubben¬
kammer auf Rügen mit einem alten Opferaltar, an dem noch die Blutrinne zu
bemerken ist. Sie haben freilich hier ein sehr schlechtes, eigentlich gar kein Licht,
wie denn der Saal der nordischen Alterthümer in dieser Beziehung überhaupt
nicht zu den begünstigten Räumen gehört.




Charakterbilder ans der deutschen Restaurations-
literatnr.
Eduard Mörike.

Mörike, früher Pfarrer in Clcversulzbach, war seit der Herausgabe seines
Idylls am Bodensee der literarischen Welt vollständig ans dem Gesicht entrückt.
Wir hören, daß er längere Zeit in Mergentheim lebte, jetzt aber in Stuttgart
«in Katharinenstift, einer Lehranstalt für junge Mädchen, Literaturgeschichte vor¬
läge, und im Winter öffentliche Vorlesungen über Shakspeare, gleichfalls für
Damen, gehalten hat. In der letzten Zeit ist auch in Stuttgart sein Por¬
trait erschienen, in dem er als wohlbeleibter, behaglicher Mann mit der Brille
erscheint.


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[0309] Segen spendenden Kräfte und Tod bringenden Mächte zum Jenseits nach dem Tode, um dann, nachdem wir das menschliche Leben durchmessen, die Schicksals¬ göttinnen, und endlich die geisterhaften Phantasiegestalten der Naturelemente, wie sie im Glauben der Alten lebten, diese in ihrer Größe und Lieblichkeit grauen¬ haften Gestalten, vor unser Auge zu stellen. Wir haben es hier nicht mit einer Kunst zu thun, deren Inhalt wir gleich ihrer Erscheinung einzig nach ästhetischen Grundsätzen wägen dürfen, sondern mit einer instructiven Kunst, welche den Ent¬ deckungen der forschenden Wissenschaft einen anschaubaren Leib ertheilt, um sie dem Verständniß des Publicums näher zu bringen. Vielen wird es „vor diesen Bildern erst ausgehen, welch eine sinnvolle Poesie, welch eine Fülle von sittlicher Lebens- und Naturauffassung auch in der deutschen Göttersage richt,' Viele werden erst durch die äußere Anschauung zu einer innern gelangen. Darum scheint es uns verdienstvoll, daß man hier im Museum den Platz gefunden, aus dem die malerische Belebung der deutsche» Mythe an ihrer rechten Stelle ist. Zwei landschaftliche Gemälde reihen sich durch innere Verwandtschaft den mythischen Darstellungen an, beide von Bellermann gemalt. Sie befinden sich in der Mittelnische der zuerst betrachteten Schmalseite, neben der Thür, welche in die Räume der ethnographischen Sammlung führt, einander gegenüber, und stellen dar: Hünengräber an der Ostseeküste und den Kreidefelsen der Stubben¬ kammer auf Rügen mit einem alten Opferaltar, an dem noch die Blutrinne zu bemerken ist. Sie haben freilich hier ein sehr schlechtes, eigentlich gar kein Licht, wie denn der Saal der nordischen Alterthümer in dieser Beziehung überhaupt nicht zu den begünstigten Räumen gehört. Charakterbilder ans der deutschen Restaurations- literatnr. Eduard Mörike. Mörike, früher Pfarrer in Clcversulzbach, war seit der Herausgabe seines Idylls am Bodensee der literarischen Welt vollständig ans dem Gesicht entrückt. Wir hören, daß er längere Zeit in Mergentheim lebte, jetzt aber in Stuttgart «in Katharinenstift, einer Lehranstalt für junge Mädchen, Literaturgeschichte vor¬ läge, und im Winter öffentliche Vorlesungen über Shakspeare, gleichfalls für Damen, gehalten hat. In der letzten Zeit ist auch in Stuttgart sein Por¬ trait erschienen, in dem er als wohlbeleibter, behaglicher Mann mit der Brille erscheint. Grenzboten, II. 38

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/309>, abgerufen am 05.12.2024.