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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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düsterer Ruhe ein, wie seine Tochter hinwelkt und wie das Reich der schmählich¬
sten Tyrannei verfällt. Mit seinen beiden Gesellschaftern, einem Einsiedler und
einem Miustrel, fingt er der untergehenden Welt ein Klagelied. -- Natürlich sind
die Schönheiten dieses Stücks rein lyrischer Natur, so z. ,B. als Bianca in die
Kapelle tritt, wo sie einige Zeit vorher vermählt werden sollte, und nachdenkend
auf die Grabsteine blickt*): "Ich will nicht klagen, ich will in der Nachbarschaft
des Todes leben und abwarten, wie der weiße Wiederschein seines marmornen
Hauses sich aus meine ruhigen Wangen stiehlt und sich dort festsetzt, und wie ich
Tag für Tag der Farbe jener bleichen Statue ähnlicher werde, die bald ans mei¬
nem Grabmal liegen soll." -- Gleich in den ersten Scenen tritt Guidone, ein
zweiter Lara, in seiner gothischen Halle auf; es ist Mitternacht, und draußen
heult ein fürchterlicher Sturm. Er freut sich darüber: "Es beruhigt die wilden
Gedanken in meinem Innern, den Aufruhr dieser Elemente zu belauschen, den
Wind, den Regen und den bleichen Blitz, der mit ungestümer Hand seltsame
Hieroglyphen in die Nacht kritzele, welche der Mensch gern lesen möchte, aber
seine Augen werden von der Vision geblendet"^) u. s. w. Solche poetische
Stellen finden sich in großer Zahl, und lassen bedauern, daß es der Dichter nicht
verstanden hat, durch größeres Maß und strengere Ordnung die vielversprechen¬
den Elemente zu wirklichen Gestaltungen zu vereinigen.




Ein neuer Roman von Wilivald Alexis.

Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, oder: Vor fünfzig Jahren. Berlin, Karl
Barthol.

Mit den beiden Bänden, welche uns vorliegen, ist der Roman zwar noch
nicht geschlossen, wir glauben aber dennoch den Wünschen unsres Publicums zu
entsprechen, wenn wir wenigstens einige Notizen darüber mittheilen.




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düsterer Ruhe ein, wie seine Tochter hinwelkt und wie das Reich der schmählich¬
sten Tyrannei verfällt. Mit seinen beiden Gesellschaftern, einem Einsiedler und
einem Miustrel, fingt er der untergehenden Welt ein Klagelied. — Natürlich sind
die Schönheiten dieses Stücks rein lyrischer Natur, so z. ,B. als Bianca in die
Kapelle tritt, wo sie einige Zeit vorher vermählt werden sollte, und nachdenkend
auf die Grabsteine blickt*): „Ich will nicht klagen, ich will in der Nachbarschaft
des Todes leben und abwarten, wie der weiße Wiederschein seines marmornen
Hauses sich aus meine ruhigen Wangen stiehlt und sich dort festsetzt, und wie ich
Tag für Tag der Farbe jener bleichen Statue ähnlicher werde, die bald ans mei¬
nem Grabmal liegen soll." — Gleich in den ersten Scenen tritt Guidone, ein
zweiter Lara, in seiner gothischen Halle auf; es ist Mitternacht, und draußen
heult ein fürchterlicher Sturm. Er freut sich darüber: „Es beruhigt die wilden
Gedanken in meinem Innern, den Aufruhr dieser Elemente zu belauschen, den
Wind, den Regen und den bleichen Blitz, der mit ungestümer Hand seltsame
Hieroglyphen in die Nacht kritzele, welche der Mensch gern lesen möchte, aber
seine Augen werden von der Vision geblendet"^) u. s. w. Solche poetische
Stellen finden sich in großer Zahl, und lassen bedauern, daß es der Dichter nicht
verstanden hat, durch größeres Maß und strengere Ordnung die vielversprechen¬
den Elemente zu wirklichen Gestaltungen zu vereinigen.




Ein neuer Roman von Wilivald Alexis.

Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, oder: Vor fünfzig Jahren. Berlin, Karl
Barthol.

Mit den beiden Bänden, welche uns vorliegen, ist der Roman zwar noch
nicht geschlossen, wir glauben aber dennoch den Wünschen unsres Publicums zu
entsprechen, wenn wir wenigstens einige Notizen darüber mittheilen.




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[0104] düsterer Ruhe ein, wie seine Tochter hinwelkt und wie das Reich der schmählich¬ sten Tyrannei verfällt. Mit seinen beiden Gesellschaftern, einem Einsiedler und einem Miustrel, fingt er der untergehenden Welt ein Klagelied. — Natürlich sind die Schönheiten dieses Stücks rein lyrischer Natur, so z. ,B. als Bianca in die Kapelle tritt, wo sie einige Zeit vorher vermählt werden sollte, und nachdenkend auf die Grabsteine blickt*): „Ich will nicht klagen, ich will in der Nachbarschaft des Todes leben und abwarten, wie der weiße Wiederschein seines marmornen Hauses sich aus meine ruhigen Wangen stiehlt und sich dort festsetzt, und wie ich Tag für Tag der Farbe jener bleichen Statue ähnlicher werde, die bald ans mei¬ nem Grabmal liegen soll." — Gleich in den ersten Scenen tritt Guidone, ein zweiter Lara, in seiner gothischen Halle auf; es ist Mitternacht, und draußen heult ein fürchterlicher Sturm. Er freut sich darüber: „Es beruhigt die wilden Gedanken in meinem Innern, den Aufruhr dieser Elemente zu belauschen, den Wind, den Regen und den bleichen Blitz, der mit ungestümer Hand seltsame Hieroglyphen in die Nacht kritzele, welche der Mensch gern lesen möchte, aber seine Augen werden von der Vision geblendet"^) u. s. w. Solche poetische Stellen finden sich in großer Zahl, und lassen bedauern, daß es der Dichter nicht verstanden hat, durch größeres Maß und strengere Ordnung die vielversprechen¬ den Elemente zu wirklichen Gestaltungen zu vereinigen. Ein neuer Roman von Wilivald Alexis. Ruhe ist die erste Bürgerpflicht, oder: Vor fünfzig Jahren. Berlin, Karl Barthol. Mit den beiden Bänden, welche uns vorliegen, ist der Roman zwar noch nicht geschlossen, wir glauben aber dennoch den Wünschen unsres Publicums zu entsprechen, wenn wir wenigstens einige Notizen darüber mittheilen. I >pill live neixiiouriv ^vM äeatli, — I'II waten ?I>o wulde reüoxion Korn ins inarblo Iiome , Lteal an imo hulfe elieek, tut> zettle tners, ^na, smilinx, unde iiow nao do äav I xrow 1?o eilf oomplexion ok tuae 8latus pale, , Wüien 8v»n will Ile ultor no monument, ") .. Katnsr it sMs tumnltuou8 tdouxkts oleum ?o vatelt tus uproar ok tUese elements, 1'Ile rusIuriK pluit, ana tus tun^I Iiissinx rain, ^.na lixdtninx pale trat svrawl» widu luirrieü Iianci RnAS nieroAlvpIües on elle serem ok nigin, > Ij»iKing tuo üaüüleä vision ok elle sser, V/Iio k-tin voulä re»ä tiiat w^iting vn dies wall.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/104>, abgerufen am 04.07.2024.