Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.Färbung. Was die Nation von dem neuen Ministerium zu erwarten hat, hat Lord Für Herrn or Gutzkow "ut Herrn Heinrich Brockhaus. Der Streit dieses Blattes mit Dr. Gutzkow nimmt den gewöhnlichen Verlauf Färbung. Was die Nation von dem neuen Ministerium zu erwarten hat, hat Lord Für Herrn or Gutzkow «ut Herrn Heinrich Brockhaus. Der Streit dieses Blattes mit Dr. Gutzkow nimmt den gewöhnlichen Verlauf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0447" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93812"/> <p xml:id="ID_1238" prev="#ID_1237"> Färbung. Was die Nation von dem neuen Ministerium zu erwarten hat, hat Lord<lb/> Derby schon in seiner am 26. Febr. im Oberhaus gehaltenen Antrittsrede ausgesprochen.<lb/> Ein Kornzoll muß wieder das Brod des Armen treffen, damit der Grundbesitzer sein<lb/> Getreide theurer verkaufen kann, und eine Revision der Nesormvill darf nicht stattfinden,<lb/> damit der ländliche Grundbesitz stets das Uebergewicht im Parlament behalte — so<lb/> lautet Lord Derby's politisches Glaubensbekenntnis in den beiden Hauptpunkten, welche<lb/> über die Existenz eines Ministeriums entscheiden werden. Freilich ist es noch fraglich,<lb/> wenn diese Entscheidung stattfinden wird. Er selbst wünscht sie offenbar hinauszuschieben,<lb/> um sich erst im Besitz der Macht zu befestigen und dann mit größerem Erfolg auf die<lb/> nächsten Wahlen einwirken zu können. Für jetzt befindet sich das Ministerium im<lb/> Oberhaus wahrscheinlich, im Unterhaus sicher in der Minorität; dennoch ist es möglich,<lb/> daß ihm, um die Verwaltung nicht zu hemmen, die Meutereigesetze und das JahreS-<lb/> budget bewilligt werden, wo es dann bis zu einer neuen allgemeinen Wahl aushalten<lb/> könnte. Aber auch bei einer neuen Wahl ist keine Aussicht auf eine protcctionistische<lb/> Majorität vorhanden, und daS Vorhandensein eines Toryministeriums würde wahrschein¬<lb/> lich ein weit entschiedener liberales Unterhaus als das gegenwärtige zur Folge haben.<lb/> Die Gefahr einer Erneuerung des Kornzolls würde die Agitation für die Wahlreform<lb/> nur beleben, um durch ein angemessenes Verhältniß' in der Vertretung der wohlhabenden<lb/> Städte das Uebergewicht des ländlichen Grundbesitzes für immer zu beseitigen, und das<lb/> neue Unterhaus würde daher wahrscheinlich viel entschiedener austreten. Aber es scheint<lb/> nicht einmal, daß mau Lord Derby Zeit zur Befestigung seiner Macht lassen wollte,<lb/> denn schon hat im Unterhaus Herr Villiers einen Antrag auf eine Resolution zu Gun¬<lb/> sten des Freihandels gestellt. In wie weit dieser rasche Angriff von den sämmtlichen<lb/> liberalen Fractionen unterstützt werden wird, läßt sich hente noch nicht sagen, da nähere<lb/> Nachrichten noch fehlen. Wird das Ministerium bei dieser Gelegenheit geschlagen, so<lb/> bleiben ihm blos zwei Wege übrig: sofortige Auflösung des Parlaments, oder Nieder-<lb/> legung des Portefeuille. Das erstere ist das wahrscheinliche, da Lord Derby sich schon<lb/> voriges Jahr verpflichtet hat, wegen der Kornzölle noch einmal an das Land zu appel-<lb/> liren. Im letztern Falle würde wahrscheinlich ein Ministerium unter Lord Clarendon's<lb/> Vorsitz ans Ruder kommen.;</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Für Herrn or Gutzkow «ut Herrn Heinrich Brockhaus.</head><lb/> <div n="2"> <head/><lb/> <p xml:id="ID_1239" next="#ID_1240"> Der Streit dieses Blattes mit Dr. Gutzkow nimmt den gewöhnlichen Verlauf<lb/> einer literarischen Fehde. Die Grenzboten haben in No. 9. dem Angreifer angedentet,<lb/> daß seine literarische Persönlichkeit nicht vollständig ihrem Ideal eines guten und liebens¬<lb/> würdigen Schriftstellers entspreche. Darauf erklärt Dr. Gutzkow in No. 100. der<lb/> Deutschen Allgemeinen Zeitung seinerseits mit zweckmäßig gesteigerter Entrüstung, daß<lb/> auch er viel achtnngswerthere und nützlichere Gegenstände in Deutschland kennen gelernt<lb/> habe, als die Grenzboten seien. Der Ideengang, in welchem sein Groll zu Tage<lb/> kommt, ist leider wieder charakteristisch für die Technik seines gestimmten Producirens;<lb/> es sind überall Anläufe zu wirksamer Darstellung seiner Empfindungen, aber seine un¬<lb/> ruhige und gereizte Seele weiß nicht Ton und Haltung zu bewahren, und seine schö¬<lb/> pferische Kraft ist zu schwach, die auftauchenden Vorstellungen und Anschauungen zu<lb/> beherrschen, deren undeutliches, zitterndes Durcheinanderfahren ihm von je das künst¬<lb/> lerische Gestalten verdorben hat. Es ist nicht übermäßig interessant, die Zuckungen<lb/> eines kränklichen aufgeregten Gemüths zu verfolgen, indeß, da dieses Blatt während<lb/> der Dauer dieses literarischen Duells doch eine gewisse Verpflichtung hat, sich mit ihm</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0447]
Färbung. Was die Nation von dem neuen Ministerium zu erwarten hat, hat Lord
Derby schon in seiner am 26. Febr. im Oberhaus gehaltenen Antrittsrede ausgesprochen.
Ein Kornzoll muß wieder das Brod des Armen treffen, damit der Grundbesitzer sein
Getreide theurer verkaufen kann, und eine Revision der Nesormvill darf nicht stattfinden,
damit der ländliche Grundbesitz stets das Uebergewicht im Parlament behalte — so
lautet Lord Derby's politisches Glaubensbekenntnis in den beiden Hauptpunkten, welche
über die Existenz eines Ministeriums entscheiden werden. Freilich ist es noch fraglich,
wenn diese Entscheidung stattfinden wird. Er selbst wünscht sie offenbar hinauszuschieben,
um sich erst im Besitz der Macht zu befestigen und dann mit größerem Erfolg auf die
nächsten Wahlen einwirken zu können. Für jetzt befindet sich das Ministerium im
Oberhaus wahrscheinlich, im Unterhaus sicher in der Minorität; dennoch ist es möglich,
daß ihm, um die Verwaltung nicht zu hemmen, die Meutereigesetze und das JahreS-
budget bewilligt werden, wo es dann bis zu einer neuen allgemeinen Wahl aushalten
könnte. Aber auch bei einer neuen Wahl ist keine Aussicht auf eine protcctionistische
Majorität vorhanden, und daS Vorhandensein eines Toryministeriums würde wahrschein¬
lich ein weit entschiedener liberales Unterhaus als das gegenwärtige zur Folge haben.
Die Gefahr einer Erneuerung des Kornzolls würde die Agitation für die Wahlreform
nur beleben, um durch ein angemessenes Verhältniß' in der Vertretung der wohlhabenden
Städte das Uebergewicht des ländlichen Grundbesitzes für immer zu beseitigen, und das
neue Unterhaus würde daher wahrscheinlich viel entschiedener austreten. Aber es scheint
nicht einmal, daß mau Lord Derby Zeit zur Befestigung seiner Macht lassen wollte,
denn schon hat im Unterhaus Herr Villiers einen Antrag auf eine Resolution zu Gun¬
sten des Freihandels gestellt. In wie weit dieser rasche Angriff von den sämmtlichen
liberalen Fractionen unterstützt werden wird, läßt sich hente noch nicht sagen, da nähere
Nachrichten noch fehlen. Wird das Ministerium bei dieser Gelegenheit geschlagen, so
bleiben ihm blos zwei Wege übrig: sofortige Auflösung des Parlaments, oder Nieder-
legung des Portefeuille. Das erstere ist das wahrscheinliche, da Lord Derby sich schon
voriges Jahr verpflichtet hat, wegen der Kornzölle noch einmal an das Land zu appel-
liren. Im letztern Falle würde wahrscheinlich ein Ministerium unter Lord Clarendon's
Vorsitz ans Ruder kommen.;
Für Herrn or Gutzkow «ut Herrn Heinrich Brockhaus.
Der Streit dieses Blattes mit Dr. Gutzkow nimmt den gewöhnlichen Verlauf
einer literarischen Fehde. Die Grenzboten haben in No. 9. dem Angreifer angedentet,
daß seine literarische Persönlichkeit nicht vollständig ihrem Ideal eines guten und liebens¬
würdigen Schriftstellers entspreche. Darauf erklärt Dr. Gutzkow in No. 100. der
Deutschen Allgemeinen Zeitung seinerseits mit zweckmäßig gesteigerter Entrüstung, daß
auch er viel achtnngswerthere und nützlichere Gegenstände in Deutschland kennen gelernt
habe, als die Grenzboten seien. Der Ideengang, in welchem sein Groll zu Tage
kommt, ist leider wieder charakteristisch für die Technik seines gestimmten Producirens;
es sind überall Anläufe zu wirksamer Darstellung seiner Empfindungen, aber seine un¬
ruhige und gereizte Seele weiß nicht Ton und Haltung zu bewahren, und seine schö¬
pferische Kraft ist zu schwach, die auftauchenden Vorstellungen und Anschauungen zu
beherrschen, deren undeutliches, zitterndes Durcheinanderfahren ihm von je das künst¬
lerische Gestalten verdorben hat. Es ist nicht übermäßig interessant, die Zuckungen
eines kränklichen aufgeregten Gemüths zu verfolgen, indeß, da dieses Blatt während
der Dauer dieses literarischen Duells doch eine gewisse Verpflichtung hat, sich mit ihm
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