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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band.

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Material auch nur mäßig ist. Von Cavallerie liegt das acht Schwadronen starke
Regiment Windischgrätz-Cheveaulegers hier, das wegen früherer Verdienste einen
bekannten Namen in der Armee hat. Die Ausrüstung desselben ist nur mäßig,
und können besonders die Pferde derselben keinen Vergleich mit denen der han-
noverschen, mecklenburgischen und Schleswig-holsteinischen Reiterei aushalten. Die
Leute des Regiments sind echte Böhmen, die nur wenig deutsch verstehen, und
die Officiere, die sich durch sehr aristokratische Gesümuug auszeichnen sollen,
großenteils Ausländer aus alleu Theilen der Welt. Im Ganzen ist man mit
der Cavallerie als Einquartierung nicht zufrieden

Dies die kurze Schilderung der östreichischen Einquartierung, mit der wir
wohl noch lauge beglückt sein werden. Eine Folge hat dieselbe entschieden gehabt.
Preußens Einfluß bei uns ist ans das stärkste erschüttert. In allen Kreisen ohne
Ausnahme hört man leider nichts als Spott, ja noch Stärkeres gegen die Re¬
gierung dieses Staates, deren Wankelmuth wir unsere fremden Gäste allein zu
verdanken haben. Gott bessere es!




England und der Papst.

Der heilige Vater in Rom feierte seine Befreiung vom Republikanismus der
Römer, indem er Gott ein 'I'e venin und einigen Getreuen den Cardinalshut
votirte. Die neuen Würdenträger der Kirche wurden in ihren Bischoffitzen mit
ehrerbietigem Jubel empfangen. Nur Ewer vou thuen, stieg in mehliger Morgen¬
stunde ans dem Fahrzeug, das ihn übers Meer getragen, unbegrüßt, tief in den
Mantel gehüllt, in das Land, welches er seine zweite Heimath nennt. Es war
der Sevillaner Or. Wiseman, Cardinal und Bischof von Westminster. Es hieß,
daß seiue Glaubensgenossen ihm im Dover einen festlichen Empfang bereiten
wollten; man wußte den Tag und die Stunde, wann er landen sollte; man
konnte es wenigsteus wissen; aber der Sturm, den der Papst über das pro¬
testantische England heraufbeschworen hatte, schien die Verehrer vom Meeresstrande
weggescheucht zu haben. Sie ließen ihn im Morgennebel kommen, und ihre
Schuld wars wahrlich nicht, daß er nicht im Kohlennebel Londons verschwand.

Die Bewegung, welche gerade England ergriffen hat, ist eine gewaltige,
wenn auch die Journalartikel in den letzten Tagen über diesen Stoff minder
geharnischt klangen, wenn die Bewegung selbst sich anch nicht so lärmend in den
Vordergrund drängt, wie das Streben nach Bewegung in Deutschland. Ihre
Bedeutung ist eine tiefe, in so fern sie durch tausend sichtbare und unsichtbare


Material auch nur mäßig ist. Von Cavallerie liegt das acht Schwadronen starke
Regiment Windischgrätz-Cheveaulegers hier, das wegen früherer Verdienste einen
bekannten Namen in der Armee hat. Die Ausrüstung desselben ist nur mäßig,
und können besonders die Pferde derselben keinen Vergleich mit denen der han-
noverschen, mecklenburgischen und Schleswig-holsteinischen Reiterei aushalten. Die
Leute des Regiments sind echte Böhmen, die nur wenig deutsch verstehen, und
die Officiere, die sich durch sehr aristokratische Gesümuug auszeichnen sollen,
großenteils Ausländer aus alleu Theilen der Welt. Im Ganzen ist man mit
der Cavallerie als Einquartierung nicht zufrieden

Dies die kurze Schilderung der östreichischen Einquartierung, mit der wir
wohl noch lauge beglückt sein werden. Eine Folge hat dieselbe entschieden gehabt.
Preußens Einfluß bei uns ist ans das stärkste erschüttert. In allen Kreisen ohne
Ausnahme hört man leider nichts als Spott, ja noch Stärkeres gegen die Re¬
gierung dieses Staates, deren Wankelmuth wir unsere fremden Gäste allein zu
verdanken haben. Gott bessere es!




England und der Papst.

Der heilige Vater in Rom feierte seine Befreiung vom Republikanismus der
Römer, indem er Gott ein 'I'e venin und einigen Getreuen den Cardinalshut
votirte. Die neuen Würdenträger der Kirche wurden in ihren Bischoffitzen mit
ehrerbietigem Jubel empfangen. Nur Ewer vou thuen, stieg in mehliger Morgen¬
stunde ans dem Fahrzeug, das ihn übers Meer getragen, unbegrüßt, tief in den
Mantel gehüllt, in das Land, welches er seine zweite Heimath nennt. Es war
der Sevillaner Or. Wiseman, Cardinal und Bischof von Westminster. Es hieß,
daß seiue Glaubensgenossen ihm im Dover einen festlichen Empfang bereiten
wollten; man wußte den Tag und die Stunde, wann er landen sollte; man
konnte es wenigsteus wissen; aber der Sturm, den der Papst über das pro¬
testantische England heraufbeschworen hatte, schien die Verehrer vom Meeresstrande
weggescheucht zu haben. Sie ließen ihn im Morgennebel kommen, und ihre
Schuld wars wahrlich nicht, daß er nicht im Kohlennebel Londons verschwand.

Die Bewegung, welche gerade England ergriffen hat, ist eine gewaltige,
wenn auch die Journalartikel in den letzten Tagen über diesen Stoff minder
geharnischt klangen, wenn die Bewegung selbst sich anch nicht so lärmend in den
Vordergrund drängt, wie das Streben nach Bewegung in Deutschland. Ihre
Bedeutung ist eine tiefe, in so fern sie durch tausend sichtbare und unsichtbare


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[0320] Material auch nur mäßig ist. Von Cavallerie liegt das acht Schwadronen starke Regiment Windischgrätz-Cheveaulegers hier, das wegen früherer Verdienste einen bekannten Namen in der Armee hat. Die Ausrüstung desselben ist nur mäßig, und können besonders die Pferde derselben keinen Vergleich mit denen der han- noverschen, mecklenburgischen und Schleswig-holsteinischen Reiterei aushalten. Die Leute des Regiments sind echte Böhmen, die nur wenig deutsch verstehen, und die Officiere, die sich durch sehr aristokratische Gesümuug auszeichnen sollen, großenteils Ausländer aus alleu Theilen der Welt. Im Ganzen ist man mit der Cavallerie als Einquartierung nicht zufrieden Dies die kurze Schilderung der östreichischen Einquartierung, mit der wir wohl noch lauge beglückt sein werden. Eine Folge hat dieselbe entschieden gehabt. Preußens Einfluß bei uns ist ans das stärkste erschüttert. In allen Kreisen ohne Ausnahme hört man leider nichts als Spott, ja noch Stärkeres gegen die Re¬ gierung dieses Staates, deren Wankelmuth wir unsere fremden Gäste allein zu verdanken haben. Gott bessere es! England und der Papst. Der heilige Vater in Rom feierte seine Befreiung vom Republikanismus der Römer, indem er Gott ein 'I'e venin und einigen Getreuen den Cardinalshut votirte. Die neuen Würdenträger der Kirche wurden in ihren Bischoffitzen mit ehrerbietigem Jubel empfangen. Nur Ewer vou thuen, stieg in mehliger Morgen¬ stunde ans dem Fahrzeug, das ihn übers Meer getragen, unbegrüßt, tief in den Mantel gehüllt, in das Land, welches er seine zweite Heimath nennt. Es war der Sevillaner Or. Wiseman, Cardinal und Bischof von Westminster. Es hieß, daß seiue Glaubensgenossen ihm im Dover einen festlichen Empfang bereiten wollten; man wußte den Tag und die Stunde, wann er landen sollte; man konnte es wenigsteus wissen; aber der Sturm, den der Papst über das pro¬ testantische England heraufbeschworen hatte, schien die Verehrer vom Meeresstrande weggescheucht zu haben. Sie ließen ihn im Morgennebel kommen, und ihre Schuld wars wahrlich nicht, daß er nicht im Kohlennebel Londons verschwand. Die Bewegung, welche gerade England ergriffen hat, ist eine gewaltige, wenn auch die Journalartikel in den letzten Tagen über diesen Stoff minder geharnischt klangen, wenn die Bewegung selbst sich anch nicht so lärmend in den Vordergrund drängt, wie das Streben nach Bewegung in Deutschland. Ihre Bedeutung ist eine tiefe, in so fern sie durch tausend sichtbare und unsichtbare

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345606/320>, abgerufen am 24.07.2024.