Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.Oestreich und die freien Konferenzen. In Dresden wird am Schluß des Jahres der Congreß zusammentreten, Aber selbst diese desperate Friedenspolitik hat keine Aussicht, durch die Kon¬ Daß aber die freien Conferenzen dem gemeinen Menschenverstand wenig Die Beendigung des kurhessischeu und holsteinischen VerfassnngskampfeS soll, Grenzvoten. IV. 1850. 126
Oestreich und die freien Konferenzen. In Dresden wird am Schluß des Jahres der Congreß zusammentreten, Aber selbst diese desperate Friedenspolitik hat keine Aussicht, durch die Kon¬ Daß aber die freien Conferenzen dem gemeinen Menschenverstand wenig Die Beendigung des kurhessischeu und holsteinischen VerfassnngskampfeS soll, Grenzvoten. IV. 1850. 126
<TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0489" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/92778"/> <div n="1"> <head> Oestreich und die freien Konferenzen.</head><lb/> <p xml:id="ID_1567"> In Dresden wird am Schluß des Jahres der Congreß zusammentreten,<lb/> welcher endlich definitiv über die deutsche Verfassung und die schwebenden politi¬<lb/> schen Fragen entscheiden soll. Seit langer Zeit erwartet die preußische Regie¬<lb/> rung Sühne und Frieden vou dieser „freien" Vereinbarung, Oestreich hat schein¬<lb/> bar zögernd und widerwillig denselben Weg betreten, die Völker warten verstimmt<lb/> und mißtrauisch, und so groß ist die Abspannung, die Ermüdung, der Ueber-<lb/> druß an der politischen Unsicherheit der letzten Jahre, daß einer großen Menge<lb/> von Deutschen bereits jede Vereinigung unter jeder Bedingung genehm wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1568"> Aber selbst diese desperate Friedenspolitik hat keine Aussicht, durch die Kon¬<lb/> ferenzen befriedigt zu werdeu. Es muß vielmehr Solchen, welche die gegenwärtige<lb/> Situation der deutschen Staaten scharf in'ö Ange fassen,, ganz unverständlich<lb/> bleiben, wie überhaupt bei diesen freien Conferenzen irgend etwas Dauern¬<lb/> des herauskommen soll. Es' ist zur Zeit uicht möglich, die Platte der östreichi¬<lb/> schen und preußischen Regierung vollständig zu erkennen, wohl aber liegt das<lb/> Elend uuserer Verhältnisse klar vor Aller Allgen, und es ist nicht schwer, daraus<lb/> Schlüsse zu ziehn über das Mögliche und Nathsame. — Allerdings läßt sich<lb/> nicht ableugnen, daß es der großen Staatsklugheit der beideu großen Regierun-<lb/> gen bereits öfter gelungen ist, das Unmögliche möglich und das Unglaubliche<lb/> wirklich zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1569"> Daß aber die freien Conferenzen dem gemeinen Menschenverstand wenig<lb/> Hoffnung auf eine Consolidirung der deutscheu Verhältnisse geben, und daß gar<lb/> nicht abzusehen, wie etwas durch sie erreicht werdeu kaun, außer Veranlassung<lb/> zu neuen Zerwürfnissen, das wünschen die folgenden Zeilen anzudeuten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1570" next="#ID_1571"> Die Beendigung des kurhessischeu und holsteinischen VerfassnngskampfeS soll,<lb/> so verhängnißvoll beide Actionen auch für die Zukunft Deutschlands sein mögen,<lb/> doch uicht die Hauptaufgabe dieser diplomatischen Conferenzen sein. Die Revi¬<lb/> sion der Bundesacte und die neue Constituirung des Bundes siud in Allssicht<lb/> gestellt. Der neue deutsche Bund muß nach Analogie der Bundesacte und um</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzvoten. IV. 1850. 126</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0489]
Oestreich und die freien Konferenzen.
In Dresden wird am Schluß des Jahres der Congreß zusammentreten,
welcher endlich definitiv über die deutsche Verfassung und die schwebenden politi¬
schen Fragen entscheiden soll. Seit langer Zeit erwartet die preußische Regie¬
rung Sühne und Frieden vou dieser „freien" Vereinbarung, Oestreich hat schein¬
bar zögernd und widerwillig denselben Weg betreten, die Völker warten verstimmt
und mißtrauisch, und so groß ist die Abspannung, die Ermüdung, der Ueber-
druß an der politischen Unsicherheit der letzten Jahre, daß einer großen Menge
von Deutschen bereits jede Vereinigung unter jeder Bedingung genehm wäre.
Aber selbst diese desperate Friedenspolitik hat keine Aussicht, durch die Kon¬
ferenzen befriedigt zu werdeu. Es muß vielmehr Solchen, welche die gegenwärtige
Situation der deutschen Staaten scharf in'ö Ange fassen,, ganz unverständlich
bleiben, wie überhaupt bei diesen freien Conferenzen irgend etwas Dauern¬
des herauskommen soll. Es' ist zur Zeit uicht möglich, die Platte der östreichi¬
schen und preußischen Regierung vollständig zu erkennen, wohl aber liegt das
Elend uuserer Verhältnisse klar vor Aller Allgen, und es ist nicht schwer, daraus
Schlüsse zu ziehn über das Mögliche und Nathsame. — Allerdings läßt sich
nicht ableugnen, daß es der großen Staatsklugheit der beideu großen Regierun-
gen bereits öfter gelungen ist, das Unmögliche möglich und das Unglaubliche
wirklich zu machen.
Daß aber die freien Conferenzen dem gemeinen Menschenverstand wenig
Hoffnung auf eine Consolidirung der deutscheu Verhältnisse geben, und daß gar
nicht abzusehen, wie etwas durch sie erreicht werdeu kaun, außer Veranlassung
zu neuen Zerwürfnissen, das wünschen die folgenden Zeilen anzudeuten.
Die Beendigung des kurhessischeu und holsteinischen VerfassnngskampfeS soll,
so verhängnißvoll beide Actionen auch für die Zukunft Deutschlands sein mögen,
doch uicht die Hauptaufgabe dieser diplomatischen Conferenzen sein. Die Revi¬
sion der Bundesacte und die neue Constituirung des Bundes siud in Allssicht
gestellt. Der neue deutsche Bund muß nach Analogie der Bundesacte und um
Grenzvoten. IV. 1850. 126
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