Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.terung seines Looses. Em Oberst nahm ihn in seine Kanzlei als Schreiber und Pfaff vom Kahlenberg, ein ländliches Gedicht von Anastasius Grün. (Leipzig, Weidmaim'sche Buchhandlung 18S0). Er hat die Freude am Gesänge nicht verloren. Als er in unserer Literatur Aber auch als Dichter ist er geblieben, wie er war. Weder der Umfang, terung seines Looses. Em Oberst nahm ihn in seine Kanzlei als Schreiber und Pfaff vom Kahlenberg, ein ländliches Gedicht von Anastasius Grün. (Leipzig, Weidmaim'sche Buchhandlung 18S0). Er hat die Freude am Gesänge nicht verloren. Als er in unserer Literatur Aber auch als Dichter ist er geblieben, wie er war. Weder der Umfang, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0032" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/85615"/> <p xml:id="ID_84" prev="#ID_83"> terung seines Looses. Em Oberst nahm ihn in seine Kanzlei als Schreiber und<lb/> schenkte ihm sogar eine Unterofsizierstresse. In dieser Kanzlei befindet sich D.<lb/> noch gegenwärtig.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Pfaff vom Kahlenberg,<lb/> ein ländliches Gedicht von Anastasius Grün.</head><lb/> <p xml:id="ID_85"> (Leipzig, Weidmaim'sche Buchhandlung 18S0).</p><lb/> <p xml:id="ID_86"> Er hat die Freude am Gesänge nicht verloren. Als er in unserer Literatur<lb/> auftrat, in Wehr und Waffen, statt seiner Grafenkrone einen Rosenkranz auf<lb/> dem Helm, ein frischer junger Gesell,-da war noch gute Zeit nnter den öst-<lb/> reichischen Poeten. Damals erhoben sie noch so hoffnungsvoll ihre Häupter und<lb/> träumten von einem neuen schönen Leben für die östreichische Kunst und den öst-<lb/> reichischen Staat. Wo sind die Sänger hin? Lenau, der größte unter ihnen,<lb/> Karl Beck und die kleinern Herren, welche damals zu Leipzig in Herberge lagen<lb/> und ihre Gedichte, als Kriegsgeschrei, bei Nacht über die schwarzgelben Schranken<lb/> sendeten? Anastasius Grün ist fast allein geblieben, und ist für uus fast ganzgeblieben,<lb/> wie er war. Das ist ein zweifelhaftes Lob für den Dichter, für den Menschen<lb/> ein großes. Die Grundstimmung seiner Seele ist noch jetzt die alte, derselbe<lb/> leichte fröhliche Sinn, welcher sinnig und nachdenklich alle Empfindungen durch¬<lb/> genießt, wie sie die wechselnden Stunden bringen, ohne sich an eine zu verlie¬<lb/> ren; dieselbe warme Begeisterung sür alles Brave und Schöne, dieselbe milde<lb/> Trauer über das Schlechte und Häßliche. Er ist ein freier, unabhängiger Mann<lb/> geblieben, der aus dein Sturm der letzten Jahre sich seinen reinen Idealismus<lb/> gerettet hat, ein Patriot im besten Sinne des Worts, der seineu Liberalismus<lb/> besser bewahrt, als Manche von den ruppiger Krähen, welche ihn damals vor des<lb/> Märzen Idus anschrieen, weil er zu Hofe gegangen war, und sich ein Weib ge¬<lb/> nommen hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_87" next="#ID_88"> Aber auch als Dichter ist er geblieben, wie er war. Weder der Umfang,<lb/> noch die intensive Kraft seines Talents zeigt sich größer. Damals, als er auf¬<lb/> trat in den dreißiger Jahren, machte die deutsche Lyrik eine Schwenkung nach<lb/> dem Epos hin, Rückerts schöne Bearbeitung von Rösten und Serab, Immer-<lb/> manns Tnlisäntchen, Lenau's Savanarola n. s. w. charakterisiren, nächst dem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
terung seines Looses. Em Oberst nahm ihn in seine Kanzlei als Schreiber und
schenkte ihm sogar eine Unterofsizierstresse. In dieser Kanzlei befindet sich D.
noch gegenwärtig.
Pfaff vom Kahlenberg,
ein ländliches Gedicht von Anastasius Grün.
(Leipzig, Weidmaim'sche Buchhandlung 18S0).
Er hat die Freude am Gesänge nicht verloren. Als er in unserer Literatur
auftrat, in Wehr und Waffen, statt seiner Grafenkrone einen Rosenkranz auf
dem Helm, ein frischer junger Gesell,-da war noch gute Zeit nnter den öst-
reichischen Poeten. Damals erhoben sie noch so hoffnungsvoll ihre Häupter und
träumten von einem neuen schönen Leben für die östreichische Kunst und den öst-
reichischen Staat. Wo sind die Sänger hin? Lenau, der größte unter ihnen,
Karl Beck und die kleinern Herren, welche damals zu Leipzig in Herberge lagen
und ihre Gedichte, als Kriegsgeschrei, bei Nacht über die schwarzgelben Schranken
sendeten? Anastasius Grün ist fast allein geblieben, und ist für uus fast ganzgeblieben,
wie er war. Das ist ein zweifelhaftes Lob für den Dichter, für den Menschen
ein großes. Die Grundstimmung seiner Seele ist noch jetzt die alte, derselbe
leichte fröhliche Sinn, welcher sinnig und nachdenklich alle Empfindungen durch¬
genießt, wie sie die wechselnden Stunden bringen, ohne sich an eine zu verlie¬
ren; dieselbe warme Begeisterung sür alles Brave und Schöne, dieselbe milde
Trauer über das Schlechte und Häßliche. Er ist ein freier, unabhängiger Mann
geblieben, der aus dein Sturm der letzten Jahre sich seinen reinen Idealismus
gerettet hat, ein Patriot im besten Sinne des Worts, der seineu Liberalismus
besser bewahrt, als Manche von den ruppiger Krähen, welche ihn damals vor des
Märzen Idus anschrieen, weil er zu Hofe gegangen war, und sich ein Weib ge¬
nommen hatte.
Aber auch als Dichter ist er geblieben, wie er war. Weder der Umfang,
noch die intensive Kraft seines Talents zeigt sich größer. Damals, als er auf¬
trat in den dreißiger Jahren, machte die deutsche Lyrik eine Schwenkung nach
dem Epos hin, Rückerts schöne Bearbeitung von Rösten und Serab, Immer-
manns Tnlisäntchen, Lenau's Savanarola n. s. w. charakterisiren, nächst dem
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