Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Die englischen Police Conrts.
Als Grundlage der persönlichen Freiheit des Staatsbürgers.
-,-i')Pf>!l" !l" M'M'-si Mk'IZ'>MIs 'M II"" , !Mit > IY'M<t"- U??"MIV>t

Wenn man bei uns (ich meine das ganze continentale Europa) sagt: "Nie¬
mand kann ohne richterlichen Spruch seiner Freiheit beraubt, d. h. arretirt
werden," so hat dieß dermal noch gar keinen Sinn, denn das Gericht, das da
sprechen soll, existirt eben nirgends. Und sonnt liegt es uns ob, dasjenige
Tribunal zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, dem in England dieses Geschäft
zusteht. Dieses Land ist bekanntlich in Grafschaften getheilt, an deren Spitze
Lieutenants stehen, welches aber nicht besoldete königl. Beamte, sondern Commn-
nal-Würdenträger sind. Diese schlagen um zeitweilig der Königin (dem Minister
des Innern) vor, wer in die oommi8Sion ok ddo xxzaciz kommen, d. h. wer Polizei-
Magistrat werden solle. Demnach werden ernannt Officiere der Land- und See¬
macht (auf halben Sold), Grundbesitzer, Geistliche, Aerzte, Fabrikanten, Kaufleute;
mit einem Worte, die Honoratioren (gsntr^) der Grafschaft. Herzoge und Lords
nehmen keinen Anstand, eine dergleichen Stelle auszufüllen, die keine Besoldung
mit sich bringt. Da man aber in England sagt: "was Jedermanns Amt ist, ist
Niemandes Amt," so besteht an jedem ?oUee oküee oder Court (in jedem bedeu¬
tenden Flecken) ein oder zwei salarirte l'oliee Nagistratss, jeden Tag zu
bestimmten Stunden anwesend sind.

Zu jedem ?olioo ooch gehören noch die Constables, von angelsächsischen
Zeiten her so genannt, weil sie einen Stab zu führen haben, welcher aber dermal
in einem eisernen , dicken, mit einer Lederschleife an die Hand befestigten Knüppel
(g. dluclssson) ausgerüstet ist. Seit Robert Peel's neuen Police Akt ist diese
Truppe systematisch organistrt, hat ihre 8al-g'eaiit8, inLpeetors ceo. und ist unstreitig
die beste Anstalt dieser Art in Europa, weßwegen man denn getrachtet hat, sie
in Preußen nachahmend einzuführen. Entsteht an irgend einem Orte des König¬
reichs eine Aufregung, so kann die Regierung uicht sogleich Truppen hinsenden,
welches hieße Oel ins Feuer gießen; sondern es werden eine Anzahl special
oonswdles in Eid genommen, Bürger aller Classen, die denn auch mit dem stsF
(Stabe) ausgerüstet werden. In besondern Fällen, z. B. in der großen Charti¬
sten - Aufregung im Mai 1848 in London, hielten es Leute wie der ZMrcMs ok
Nortuamxtoii co. nicht unter ihrer Würde, sich als Polizeidiener qualificirt zu
sehen. In solchen, Fällen wird auch die Zahl der Polizei-Beamten (tre
ec"mais8ion ok tds psaes) vermehrt, es gilt für eine Ehre selben anzugehören,
und entzieht die Regierung Jemandem eine solche Bestallung, so wird es eine als
sehr empfindliche Strafe, oder wenigstens Mißbilligung augesehen; womit man


Die englischen Police Conrts.
Als Grundlage der persönlichen Freiheit des Staatsbürgers.
-,-i')Pf>!l» !l" M'M'-si Mk'IZ'>MIs 'M II»« , !Mit > IY'M<t»- U??»MIV>t

Wenn man bei uns (ich meine das ganze continentale Europa) sagt: „Nie¬
mand kann ohne richterlichen Spruch seiner Freiheit beraubt, d. h. arretirt
werden," so hat dieß dermal noch gar keinen Sinn, denn das Gericht, das da
sprechen soll, existirt eben nirgends. Und sonnt liegt es uns ob, dasjenige
Tribunal zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, dem in England dieses Geschäft
zusteht. Dieses Land ist bekanntlich in Grafschaften getheilt, an deren Spitze
Lieutenants stehen, welches aber nicht besoldete königl. Beamte, sondern Commn-
nal-Würdenträger sind. Diese schlagen um zeitweilig der Königin (dem Minister
des Innern) vor, wer in die oommi8Sion ok ddo xxzaciz kommen, d. h. wer Polizei-
Magistrat werden solle. Demnach werden ernannt Officiere der Land- und See¬
macht (auf halben Sold), Grundbesitzer, Geistliche, Aerzte, Fabrikanten, Kaufleute;
mit einem Worte, die Honoratioren (gsntr^) der Grafschaft. Herzoge und Lords
nehmen keinen Anstand, eine dergleichen Stelle auszufüllen, die keine Besoldung
mit sich bringt. Da man aber in England sagt: „was Jedermanns Amt ist, ist
Niemandes Amt," so besteht an jedem ?oUee oküee oder Court (in jedem bedeu¬
tenden Flecken) ein oder zwei salarirte l'oliee Nagistratss, jeden Tag zu
bestimmten Stunden anwesend sind.

Zu jedem ?olioo ooch gehören noch die Constables, von angelsächsischen
Zeiten her so genannt, weil sie einen Stab zu führen haben, welcher aber dermal
in einem eisernen , dicken, mit einer Lederschleife an die Hand befestigten Knüppel
(g. dluclssson) ausgerüstet ist. Seit Robert Peel's neuen Police Akt ist diese
Truppe systematisch organistrt, hat ihre 8al-g'eaiit8, inLpeetors ceo. und ist unstreitig
die beste Anstalt dieser Art in Europa, weßwegen man denn getrachtet hat, sie
in Preußen nachahmend einzuführen. Entsteht an irgend einem Orte des König¬
reichs eine Aufregung, so kann die Regierung uicht sogleich Truppen hinsenden,
welches hieße Oel ins Feuer gießen; sondern es werden eine Anzahl special
oonswdles in Eid genommen, Bürger aller Classen, die denn auch mit dem stsF
(Stabe) ausgerüstet werden. In besondern Fällen, z. B. in der großen Charti¬
sten - Aufregung im Mai 1848 in London, hielten es Leute wie der ZMrcMs ok
Nortuamxtoii co. nicht unter ihrer Würde, sich als Polizeidiener qualificirt zu
sehen. In solchen, Fällen wird auch die Zahl der Polizei-Beamten (tre
ec»mais8ion ok tds psaes) vermehrt, es gilt für eine Ehre selben anzugehören,
und entzieht die Regierung Jemandem eine solche Bestallung, so wird es eine als
sehr empfindliche Strafe, oder wenigstens Mißbilligung augesehen; womit man


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0230" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/85813"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die englischen Police Conrts.<lb/>
Als Grundlage der persönlichen Freiheit des Staatsbürgers.<lb/>
-,-i')Pf&gt;!l» !l" M'M'-si Mk'IZ'&gt;MIs 'M II»«  , !Mit &gt; IY'M&lt;t»- U??»MIV&gt;t</head><lb/>
          <p xml:id="ID_765"> Wenn man bei uns (ich meine das ganze continentale Europa) sagt: &#x201E;Nie¬<lb/>
mand kann ohne richterlichen Spruch seiner Freiheit beraubt, d. h. arretirt<lb/>
werden," so hat dieß dermal noch gar keinen Sinn, denn das Gericht, das da<lb/>
sprechen soll, existirt eben nirgends. Und sonnt liegt es uns ob, dasjenige<lb/>
Tribunal zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, dem in England dieses Geschäft<lb/>
zusteht. Dieses Land ist bekanntlich in Grafschaften getheilt, an deren Spitze<lb/>
Lieutenants stehen, welches aber nicht besoldete königl. Beamte, sondern Commn-<lb/>
nal-Würdenträger sind. Diese schlagen um zeitweilig der Königin (dem Minister<lb/>
des Innern) vor, wer in die oommi8Sion ok ddo xxzaciz kommen, d. h. wer Polizei-<lb/>
Magistrat werden solle. Demnach werden ernannt Officiere der Land- und See¬<lb/>
macht (auf halben Sold), Grundbesitzer, Geistliche, Aerzte, Fabrikanten, Kaufleute;<lb/>
mit einem Worte, die Honoratioren (gsntr^) der Grafschaft. Herzoge und Lords<lb/>
nehmen keinen Anstand, eine dergleichen Stelle auszufüllen, die keine Besoldung<lb/>
mit sich bringt. Da man aber in England sagt: &#x201E;was Jedermanns Amt ist, ist<lb/>
Niemandes Amt," so besteht an jedem ?oUee oküee oder Court (in jedem bedeu¬<lb/>
tenden Flecken) ein oder zwei salarirte l'oliee Nagistratss, jeden Tag zu<lb/>
bestimmten Stunden anwesend sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_766" next="#ID_767"> Zu jedem ?olioo ooch gehören noch die Constables, von angelsächsischen<lb/>
Zeiten her so genannt, weil sie einen Stab zu führen haben, welcher aber dermal<lb/>
in einem eisernen , dicken, mit einer Lederschleife an die Hand befestigten Knüppel<lb/>
(g. dluclssson) ausgerüstet ist. Seit Robert Peel's neuen Police Akt ist diese<lb/>
Truppe systematisch organistrt, hat ihre 8al-g'eaiit8, inLpeetors ceo. und ist unstreitig<lb/>
die beste Anstalt dieser Art in Europa, weßwegen man denn getrachtet hat, sie<lb/>
in Preußen nachahmend einzuführen. Entsteht an irgend einem Orte des König¬<lb/>
reichs eine Aufregung, so kann die Regierung uicht sogleich Truppen hinsenden,<lb/>
welches hieße Oel ins Feuer gießen; sondern es werden eine Anzahl special<lb/>
oonswdles in Eid genommen, Bürger aller Classen, die denn auch mit dem stsF<lb/>
(Stabe) ausgerüstet werden. In besondern Fällen, z. B. in der großen Charti¬<lb/>
sten - Aufregung im Mai 1848 in London, hielten es Leute wie der ZMrcMs ok<lb/>
Nortuamxtoii co. nicht unter ihrer Würde, sich als Polizeidiener qualificirt zu<lb/>
sehen. In solchen, Fällen wird auch die Zahl der Polizei-Beamten (tre<lb/>
ec»mais8ion ok tds psaes) vermehrt, es gilt für eine Ehre selben anzugehören,<lb/>
und entzieht die Regierung Jemandem eine solche Bestallung, so wird es eine als<lb/>
sehr empfindliche Strafe, oder wenigstens Mißbilligung augesehen; womit man</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0230] Die englischen Police Conrts. Als Grundlage der persönlichen Freiheit des Staatsbürgers. -,-i')Pf>!l» !l" M'M'-si Mk'IZ'>MIs 'M II»« , !Mit > IY'M<t»- U??»MIV>t Wenn man bei uns (ich meine das ganze continentale Europa) sagt: „Nie¬ mand kann ohne richterlichen Spruch seiner Freiheit beraubt, d. h. arretirt werden," so hat dieß dermal noch gar keinen Sinn, denn das Gericht, das da sprechen soll, existirt eben nirgends. Und sonnt liegt es uns ob, dasjenige Tribunal zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, dem in England dieses Geschäft zusteht. Dieses Land ist bekanntlich in Grafschaften getheilt, an deren Spitze Lieutenants stehen, welches aber nicht besoldete königl. Beamte, sondern Commn- nal-Würdenträger sind. Diese schlagen um zeitweilig der Königin (dem Minister des Innern) vor, wer in die oommi8Sion ok ddo xxzaciz kommen, d. h. wer Polizei- Magistrat werden solle. Demnach werden ernannt Officiere der Land- und See¬ macht (auf halben Sold), Grundbesitzer, Geistliche, Aerzte, Fabrikanten, Kaufleute; mit einem Worte, die Honoratioren (gsntr^) der Grafschaft. Herzoge und Lords nehmen keinen Anstand, eine dergleichen Stelle auszufüllen, die keine Besoldung mit sich bringt. Da man aber in England sagt: „was Jedermanns Amt ist, ist Niemandes Amt," so besteht an jedem ?oUee oküee oder Court (in jedem bedeu¬ tenden Flecken) ein oder zwei salarirte l'oliee Nagistratss, jeden Tag zu bestimmten Stunden anwesend sind. Zu jedem ?olioo ooch gehören noch die Constables, von angelsächsischen Zeiten her so genannt, weil sie einen Stab zu führen haben, welcher aber dermal in einem eisernen , dicken, mit einer Lederschleife an die Hand befestigten Knüppel (g. dluclssson) ausgerüstet ist. Seit Robert Peel's neuen Police Akt ist diese Truppe systematisch organistrt, hat ihre 8al-g'eaiit8, inLpeetors ceo. und ist unstreitig die beste Anstalt dieser Art in Europa, weßwegen man denn getrachtet hat, sie in Preußen nachahmend einzuführen. Entsteht an irgend einem Orte des König¬ reichs eine Aufregung, so kann die Regierung uicht sogleich Truppen hinsenden, welches hieße Oel ins Feuer gießen; sondern es werden eine Anzahl special oonswdles in Eid genommen, Bürger aller Classen, die denn auch mit dem stsF (Stabe) ausgerüstet werden. In besondern Fällen, z. B. in der großen Charti¬ sten - Aufregung im Mai 1848 in London, hielten es Leute wie der ZMrcMs ok Nortuamxtoii co. nicht unter ihrer Würde, sich als Polizeidiener qualificirt zu sehen. In solchen, Fällen wird auch die Zahl der Polizei-Beamten (tre ec»mais8ion ok tds psaes) vermehrt, es gilt für eine Ehre selben anzugehören, und entzieht die Regierung Jemandem eine solche Bestallung, so wird es eine als sehr empfindliche Strafe, oder wenigstens Mißbilligung augesehen; womit man

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/230
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/230>, abgerufen am 27.07.2024.