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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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gaffe (wo zufällig mehrere k. k. Offiziere wohne") sehr schmutzig sei (wörtlich
wahr); der Buchhandel darf uns vom Auslande nnr das einführen, was von
der Geusd'armerie für unschädlich erklärt wird, als da sind: "Kochbücher", "dieKnust,
in zwölf Stunde" vollkommen gut italienisch lese", schreibe" u"d sprechen zu
lernen" n. s. w.; der Prophet bringt uns "Flüche über die Tyrannen",
"Freiheit für alle Völker" und andere dergl. verbotene Früchte mit dem Gurgel-
candis einer Lagrange und eines Steger überzuckert, wer wird also mit 10 Groschen
im Sacke, diese" göttliche" Schmaus verschmähen? -- Daß die Geschichte der
Völkerbesreier so miserabel endigt, das ist nnr die Folge unseres Belagerungs¬
zustandes; in dem republikanischen^) Paris endigt die Oper gewiß ganz anders,
und der gemüthliche Johann von Leyden gründet gewiß einen cisatlantischen Ne-
pul'littnbund, in dem mich unser Ungarn sein gebührendes Plätzchen hat, und wo
die Hayuau, Melden, Windischgrätz, Schwarzenberg und Consorten verdammt
sind, täglich einen socialistischen Artikel für die "Wiener NeichSzeitnug", die
"Gazette" oder "Preußische Kreuzzeitung" zu schreiben, und sie daun alle ---
selbst zu lesen. Uebrigens war die Ausstattung des "Propheten" eine wahrhaft
brillante, und ist die Leistung der Mme. Lagrange (Fides) und des Herrn Steger
(Johann) eine höchst gelungene zu nennen.

Saphir ist bereits seiner Hast entlasse", und sein Mitarbeiter Lewitschnik, als
Verfasser des anstößigen Artikels vom ZI. Mai und 1. Zum d. I., zu sechs
Woche" Prvsvßenarrest verurtheilt. Lewitschnik ist also Märtyrer! Ein Witzbold
äußerte dieser Tage in einem Kaffeehause: "Wenn doch der Obercommandant
einmal seine Norm umkehren und von Prosoßenarrest zum Strang begnadige"
^ wollte!"




Memoiren des Generals Wysoeki,
Anführers der polnische" Legion in Ungarn während des Feldzuges im Jahre 1848 u. I84U.
Ans dem Polnischen.
( A u S z u g w c i s e mitgetheilt.)
t.

Nach den unglücklichen Ereignissen des Posener Aufstandes wurden die Emi¬
granten aus Krakau verwiesen, nud es blieb uns nur die Hoffnung der ungari¬
schen Wirren. Da wir das Ziel der Magyaren nicht kannten, war uns anfangs
die ganze Bewegung nicht klar, doch warfen sich alle diejenigen, die sich auf
die nationale Frage nicht einließen, in deu Krieg gegen einen unsrer schlauste"
Bedrücker, nud ich war in der Zahl derselben. Als sich noch eine große Anzahl
der Krakauer polnischen Emigranten in Breslau aufhielt, bemühete ich mich ihnen


gaffe (wo zufällig mehrere k. k. Offiziere wohne») sehr schmutzig sei (wörtlich
wahr); der Buchhandel darf uns vom Auslande nnr das einführen, was von
der Geusd'armerie für unschädlich erklärt wird, als da sind: „Kochbücher", „dieKnust,
in zwölf Stunde» vollkommen gut italienisch lese», schreibe» u»d sprechen zu
lernen" n. s. w.; der Prophet bringt uns „Flüche über die Tyrannen",
„Freiheit für alle Völker" und andere dergl. verbotene Früchte mit dem Gurgel-
candis einer Lagrange und eines Steger überzuckert, wer wird also mit 10 Groschen
im Sacke, diese» göttliche» Schmaus verschmähen? — Daß die Geschichte der
Völkerbesreier so miserabel endigt, das ist nnr die Folge unseres Belagerungs¬
zustandes; in dem republikanischen^) Paris endigt die Oper gewiß ganz anders,
und der gemüthliche Johann von Leyden gründet gewiß einen cisatlantischen Ne-
pul'littnbund, in dem mich unser Ungarn sein gebührendes Plätzchen hat, und wo
die Hayuau, Melden, Windischgrätz, Schwarzenberg und Consorten verdammt
sind, täglich einen socialistischen Artikel für die „Wiener NeichSzeitnug", die
„Gazette" oder „Preußische Kreuzzeitung" zu schreiben, und sie daun alle -—
selbst zu lesen. Uebrigens war die Ausstattung des „Propheten" eine wahrhaft
brillante, und ist die Leistung der Mme. Lagrange (Fides) und des Herrn Steger
(Johann) eine höchst gelungene zu nennen.

Saphir ist bereits seiner Hast entlasse», und sein Mitarbeiter Lewitschnik, als
Verfasser des anstößigen Artikels vom ZI. Mai und 1. Zum d. I., zu sechs
Woche» Prvsvßenarrest verurtheilt. Lewitschnik ist also Märtyrer! Ein Witzbold
äußerte dieser Tage in einem Kaffeehause: „Wenn doch der Obercommandant
einmal seine Norm umkehren und von Prosoßenarrest zum Strang begnadige»
^ wollte!"




Memoiren des Generals Wysoeki,
Anführers der polnische» Legion in Ungarn während des Feldzuges im Jahre 1848 u. I84U.
Ans dem Polnischen.
( A u S z u g w c i s e mitgetheilt.)
t.

Nach den unglücklichen Ereignissen des Posener Aufstandes wurden die Emi¬
granten aus Krakau verwiesen, nud es blieb uns nur die Hoffnung der ungari¬
schen Wirren. Da wir das Ziel der Magyaren nicht kannten, war uns anfangs
die ganze Bewegung nicht klar, doch warfen sich alle diejenigen, die sich auf
die nationale Frage nicht einließen, in deu Krieg gegen einen unsrer schlauste»
Bedrücker, nud ich war in der Zahl derselben. Als sich noch eine große Anzahl
der Krakauer polnischen Emigranten in Breslau aufhielt, bemühete ich mich ihnen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/518>, abgerufen am 29.06.2024.