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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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tert, und dann in eiligem Laufe sich durchschlägt durch das Gedränge der Räuber
und nach langem Kampfe und Laufe die Freiheit gewinnt.

Eine Viertelstunde von der Blntstätte traf ich diese hier in schneller Flucht,
sie nahmen mich ans und haben mich hierher gebracht.

Das hat sich nur nun eingebohrt und will nicht weg von deu Augen; wo
ich gehe und stehe, überall -- selbst unter Gottes Himmel, bei gute" Meuschen
sehe ich die Mörder und sehe die Opfer und die brennende Stadt und die jam¬
mernden, fliehenden, entsetzten Menschen."

Die Hörer saßen starr, auf den Lippen des Mädchens erstarb die Frage nach
Penteki Oedön, ihrem Verlobten. Da schlug draußen ein Pferdehuf an die Steine,
und eines Mannes Tritt klang auf der Hausflur. Er war es selbst. "Er kommt,
er kommt," rief das Mädchen heftig, riß an der Thür und flog in seine Arme. --

Er war zu seinem Freunde geritten, Hilfe für die Stadt zu holen, und
war so der furchtbaren Katastrophe entronnen. Aber über die Brandstätte der
zerstörten Stadt war er gesprengt, und vor dem Hanse hatte er gehalten, in
welches er seiue Verlobte heimführen wollte, er fand einen Haufen Trümmer.
Vor den verkohlten Balken hatte sein Pferd gescheut und er war wie ein Ver¬
fluchter fortgejagt von der Unglücksstätte, in unbestimmter Angst um seine Ge¬
liebten. Jetzt saß er lautlos in dem Lehnstuhl und starrte in einen Winkel des
Zimmers, bis die Matrone vor ihn trat und mit ihrer tieftönendeu Stimme seiue
Hand erfassend frug: ".Kommst Du aus dem Grabe, Oedöu? Vist Du nur der
ruhelose Schatten meines Sohnes? Oder haben sie Dir den Verstand verwirrt?
So rede doch! Ich bin Frau Märiöta, ich bin eine Szeklerin und die da sind
alte Freunde. -- Rede doch, mein Sohn, Dn bist jetzt unter Christenmenschen!"
-- Oedön hielt ihre Hand fest und sagte tonlos: "Ich denke an Rache!" --




Centralisation und Decentralisation in Oestreich.

Die kleine Broschüre, welche diesen Titel sührt, ist ein Ereignis) für Oestreich.
Ihr Verfasser, Baron von Andriani, dessen klarer und kräftiger Geist seit dem
Jahre 18-58 fest auf der Idee der Trennung Oestreichs von Deutschland gestanden
hat, stellt sich durch diese Schrift an die Spitze einer großen und mächtigen Op¬
position in Oestreich, welche sich aus den besonnenen Föderalisten aller Landestheile
bildet. Ihr gehört seit dem Sommer 1858 auch dieses Blatt an. Obgleich die
Schrift uur die Ueberzeugungen eines einzelnen Staatsmannes aussprechen soll,
so ist sie doch zugleich der Ausdruck einer Partei, welche durch die ausgesprochene


Gmizbottii. II. 185". 29

tert, und dann in eiligem Laufe sich durchschlägt durch das Gedränge der Räuber
und nach langem Kampfe und Laufe die Freiheit gewinnt.

Eine Viertelstunde von der Blntstätte traf ich diese hier in schneller Flucht,
sie nahmen mich ans und haben mich hierher gebracht.

Das hat sich nur nun eingebohrt und will nicht weg von deu Augen; wo
ich gehe und stehe, überall — selbst unter Gottes Himmel, bei gute» Meuschen
sehe ich die Mörder und sehe die Opfer und die brennende Stadt und die jam¬
mernden, fliehenden, entsetzten Menschen."

Die Hörer saßen starr, auf den Lippen des Mädchens erstarb die Frage nach
Penteki Oedön, ihrem Verlobten. Da schlug draußen ein Pferdehuf an die Steine,
und eines Mannes Tritt klang auf der Hausflur. Er war es selbst. „Er kommt,
er kommt," rief das Mädchen heftig, riß an der Thür und flog in seine Arme. —

Er war zu seinem Freunde geritten, Hilfe für die Stadt zu holen, und
war so der furchtbaren Katastrophe entronnen. Aber über die Brandstätte der
zerstörten Stadt war er gesprengt, und vor dem Hanse hatte er gehalten, in
welches er seiue Verlobte heimführen wollte, er fand einen Haufen Trümmer.
Vor den verkohlten Balken hatte sein Pferd gescheut und er war wie ein Ver¬
fluchter fortgejagt von der Unglücksstätte, in unbestimmter Angst um seine Ge¬
liebten. Jetzt saß er lautlos in dem Lehnstuhl und starrte in einen Winkel des
Zimmers, bis die Matrone vor ihn trat und mit ihrer tieftönendeu Stimme seiue
Hand erfassend frug: „.Kommst Du aus dem Grabe, Oedöu? Vist Du nur der
ruhelose Schatten meines Sohnes? Oder haben sie Dir den Verstand verwirrt?
So rede doch! Ich bin Frau Märiöta, ich bin eine Szeklerin und die da sind
alte Freunde. — Rede doch, mein Sohn, Dn bist jetzt unter Christenmenschen!"
— Oedön hielt ihre Hand fest und sagte tonlos: „Ich denke an Rache!" —




Centralisation und Decentralisation in Oestreich.

Die kleine Broschüre, welche diesen Titel sührt, ist ein Ereignis) für Oestreich.
Ihr Verfasser, Baron von Andriani, dessen klarer und kräftiger Geist seit dem
Jahre 18-58 fest auf der Idee der Trennung Oestreichs von Deutschland gestanden
hat, stellt sich durch diese Schrift an die Spitze einer großen und mächtigen Op¬
position in Oestreich, welche sich aus den besonnenen Föderalisten aller Landestheile
bildet. Ihr gehört seit dem Sommer 1858 auch dieses Blatt an. Obgleich die
Schrift uur die Ueberzeugungen eines einzelnen Staatsmannes aussprechen soll,
so ist sie doch zugleich der Ausdruck einer Partei, welche durch die ausgesprochene


Gmizbottii. II. 185». 29
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[0233] tert, und dann in eiligem Laufe sich durchschlägt durch das Gedränge der Räuber und nach langem Kampfe und Laufe die Freiheit gewinnt. Eine Viertelstunde von der Blntstätte traf ich diese hier in schneller Flucht, sie nahmen mich ans und haben mich hierher gebracht. Das hat sich nur nun eingebohrt und will nicht weg von deu Augen; wo ich gehe und stehe, überall — selbst unter Gottes Himmel, bei gute» Meuschen sehe ich die Mörder und sehe die Opfer und die brennende Stadt und die jam¬ mernden, fliehenden, entsetzten Menschen." Die Hörer saßen starr, auf den Lippen des Mädchens erstarb die Frage nach Penteki Oedön, ihrem Verlobten. Da schlug draußen ein Pferdehuf an die Steine, und eines Mannes Tritt klang auf der Hausflur. Er war es selbst. „Er kommt, er kommt," rief das Mädchen heftig, riß an der Thür und flog in seine Arme. — Er war zu seinem Freunde geritten, Hilfe für die Stadt zu holen, und war so der furchtbaren Katastrophe entronnen. Aber über die Brandstätte der zerstörten Stadt war er gesprengt, und vor dem Hanse hatte er gehalten, in welches er seiue Verlobte heimführen wollte, er fand einen Haufen Trümmer. Vor den verkohlten Balken hatte sein Pferd gescheut und er war wie ein Ver¬ fluchter fortgejagt von der Unglücksstätte, in unbestimmter Angst um seine Ge¬ liebten. Jetzt saß er lautlos in dem Lehnstuhl und starrte in einen Winkel des Zimmers, bis die Matrone vor ihn trat und mit ihrer tieftönendeu Stimme seiue Hand erfassend frug: „.Kommst Du aus dem Grabe, Oedöu? Vist Du nur der ruhelose Schatten meines Sohnes? Oder haben sie Dir den Verstand verwirrt? So rede doch! Ich bin Frau Märiöta, ich bin eine Szeklerin und die da sind alte Freunde. — Rede doch, mein Sohn, Dn bist jetzt unter Christenmenschen!" — Oedön hielt ihre Hand fest und sagte tonlos: „Ich denke an Rache!" — Centralisation und Decentralisation in Oestreich. Die kleine Broschüre, welche diesen Titel sührt, ist ein Ereignis) für Oestreich. Ihr Verfasser, Baron von Andriani, dessen klarer und kräftiger Geist seit dem Jahre 18-58 fest auf der Idee der Trennung Oestreichs von Deutschland gestanden hat, stellt sich durch diese Schrift an die Spitze einer großen und mächtigen Op¬ position in Oestreich, welche sich aus den besonnenen Föderalisten aller Landestheile bildet. Ihr gehört seit dem Sommer 1858 auch dieses Blatt an. Obgleich die Schrift uur die Ueberzeugungen eines einzelnen Staatsmannes aussprechen soll, so ist sie doch zugleich der Ausdruck einer Partei, welche durch die ausgesprochene Gmizbottii. II. 185». 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/233>, abgerufen am 29.06.2024.