Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.Bildung wir in diesen Kammern voraushaben. Tragt sie über die Unschlüssigkeit Der liennzehnjährifte Kaiser Oestreichs. Der Monarch ist geheiligt, unverantwortlich, unverletzlich. Wir erkennen dieses Schiboleth vollständig an, und gestehen dies in dem Mo¬ Bildung wir in diesen Kammern voraushaben. Tragt sie über die Unschlüssigkeit Der liennzehnjährifte Kaiser Oestreichs. Der Monarch ist geheiligt, unverantwortlich, unverletzlich. Wir erkennen dieses Schiboleth vollständig an, und gestehen dies in dem Mo¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0350" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279376"/> <p xml:id="ID_1155" prev="#ID_1154"> Bildung wir in diesen Kammern voraushaben. Tragt sie über die Unschlüssigkeit<lb/> der Regierung, über den bösen Willen der sogenannten Schwarzweißen den Sieg<lb/> davon, so dürfen wir an der Zukunft eines freien deutschen Reiches nicht ver¬<lb/> zweifeln.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Der liennzehnjährifte Kaiser Oestreichs.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1156"> Der Monarch ist geheiligt, unverantwortlich, unverletzlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1157" next="#ID_1158"> Wir erkennen dieses Schiboleth vollständig an, und gestehen dies in dem Mo¬<lb/> mente, wo wir darangehen, gerade über die Person des jetzigen östreichischen<lb/> Monarchen eine Ansicht abzugeben. Zur eigenen Verwahrung glauben wir noch<lb/> ein anderes Bekenntniß voranschicken zu müssen. Wir sind, trotz aller Demokratie<lb/> in Gedanken und Gefühlen, vollkommen monarchisch gesinnt — sür Oestreich; ja<lb/> wir sind dynastisch gesinnt — für Habsburg - Lothringen. Als ganz unpraktisch<lb/> werfen wir deu theoretischen Streit über Monarchie und Republik sür Oestreich<lb/> in den Ofenwinkel, wo die Phantasten träumen; dieser Staatencvmplex hat nur<lb/> in den vereinten Kronen seinen festen Halt, und die Vereinigung der Kronen ist<lb/> ein Glück für die kleinen Völkerschaften, die sich an der Donau zusammenfanden.<lb/> Selbst die wackern Magyaren erliegen den Fäusten der nachbarlichen Nationalitä¬<lb/> ten, wenn nicht die Krone sie schirmt; ja sie konnten eine Jnsurrection erst dann<lb/> versuchen, als die Krone auf dem Haupte eines zu schwachen Königs saß und die<lb/> Ccntralregierung durch Fehler nud Verbrechen die liberale Fraction des Gesammt-<lb/> staates zu ihrer Genossenschaft trieb. DaS Treiben der Czechen, der Kroaten,<lb/> der Serben, der Slovenen, der Ruthcnen, der Romanen ,'c. ist ein kleinliches,<lb/> und von der geringsten Bedeutung, sobald die Centralgewalt geordnet ist-; nur<lb/> unter dem Schirm des Kaisers vermögen sie in der autonomen Provinz das<lb/> Scepter zu führen, sie bleiben aber ein Bruchtheil deö Staates. Hätte Kaiser<lb/> Ferdinand das Vorhaben der Kroaten mißbilligt, so läge Jellachich jetzt im Kerker,<lb/> statt Louis Bathiany dem ungarischen Premier; die Grenzer und Serben und<lb/> Kroaten hätten keine Revolution gegen die Wiener Regierung durchgeführt. Alle<lb/> diese Nationen sind ohnmächtig, denn sie sind an Zahl zu gering; deshalb con-<lb/> centrirten sich auch ti! slavischen Stämme, obwohl manche sich spinnefeind gegen¬<lb/> über stehen, als Panslaven, blauweißroth. Oestreich hat nur drei wichtige nationale<lb/> Factoren: die Polen, die Italiener und die Deutschen. Alle übrigen ringen erst<lb/> nach Bedeutung, und streiten deshalb unter dem schwarzgelben Banner des Kai¬<lb/> serstaates, das sie, als Gegner, sogleich zu Boden werfen würde. Alle slavischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0350]
Bildung wir in diesen Kammern voraushaben. Tragt sie über die Unschlüssigkeit
der Regierung, über den bösen Willen der sogenannten Schwarzweißen den Sieg
davon, so dürfen wir an der Zukunft eines freien deutschen Reiches nicht ver¬
zweifeln.
Der liennzehnjährifte Kaiser Oestreichs.
Der Monarch ist geheiligt, unverantwortlich, unverletzlich.
Wir erkennen dieses Schiboleth vollständig an, und gestehen dies in dem Mo¬
mente, wo wir darangehen, gerade über die Person des jetzigen östreichischen
Monarchen eine Ansicht abzugeben. Zur eigenen Verwahrung glauben wir noch
ein anderes Bekenntniß voranschicken zu müssen. Wir sind, trotz aller Demokratie
in Gedanken und Gefühlen, vollkommen monarchisch gesinnt — sür Oestreich; ja
wir sind dynastisch gesinnt — für Habsburg - Lothringen. Als ganz unpraktisch
werfen wir deu theoretischen Streit über Monarchie und Republik sür Oestreich
in den Ofenwinkel, wo die Phantasten träumen; dieser Staatencvmplex hat nur
in den vereinten Kronen seinen festen Halt, und die Vereinigung der Kronen ist
ein Glück für die kleinen Völkerschaften, die sich an der Donau zusammenfanden.
Selbst die wackern Magyaren erliegen den Fäusten der nachbarlichen Nationalitä¬
ten, wenn nicht die Krone sie schirmt; ja sie konnten eine Jnsurrection erst dann
versuchen, als die Krone auf dem Haupte eines zu schwachen Königs saß und die
Ccntralregierung durch Fehler nud Verbrechen die liberale Fraction des Gesammt-
staates zu ihrer Genossenschaft trieb. DaS Treiben der Czechen, der Kroaten,
der Serben, der Slovenen, der Ruthcnen, der Romanen ,'c. ist ein kleinliches,
und von der geringsten Bedeutung, sobald die Centralgewalt geordnet ist-; nur
unter dem Schirm des Kaisers vermögen sie in der autonomen Provinz das
Scepter zu führen, sie bleiben aber ein Bruchtheil deö Staates. Hätte Kaiser
Ferdinand das Vorhaben der Kroaten mißbilligt, so läge Jellachich jetzt im Kerker,
statt Louis Bathiany dem ungarischen Premier; die Grenzer und Serben und
Kroaten hätten keine Revolution gegen die Wiener Regierung durchgeführt. Alle
diese Nationen sind ohnmächtig, denn sie sind an Zahl zu gering; deshalb con-
centrirten sich auch ti! slavischen Stämme, obwohl manche sich spinnefeind gegen¬
über stehen, als Panslaven, blauweißroth. Oestreich hat nur drei wichtige nationale
Factoren: die Polen, die Italiener und die Deutschen. Alle übrigen ringen erst
nach Bedeutung, und streiten deshalb unter dem schwarzgelben Banner des Kai¬
serstaates, das sie, als Gegner, sogleich zu Boden werfen würde. Alle slavischen
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