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Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band.

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Die preußischen Finanzen und ihr Minister.



Der kleine Reichsgulden, der preußische Silberthaler und die östreichische
Fünfguldennote mit ihren silbernen Provinzen, den Zwanzigern, sind in diesem
Augenblick nicht nur bedeutungsvolle Bilder des geschäftlichen Verkehrs und des
äußern Umfanges ihrer Staaten, sondern sie stellen jedes durch seine Eigenthüm¬
lichkeit auch ziemlich genau die verschiedenen Werthe dar, welche die innere Lebens¬
kraft ihrer Länder in den Angen eines Staatsmannes und Finanziers hat. Der
glänzende Gulden des 24^-Fußes ist als maßgebende Geldeinheit der kleinen
Staaten neu und leicht, wie das Gepräge seiner Länder, er repräsentirt den be¬
quemen Verkehr der billigeren Existenzen des Südens, ist aber für den großen
internationalen Umsatz eben so unzureichend, als die Kraft seiner Regierungen.
Die Fünfguldennote Oestreich, die größte unter den deutschen Werthen, ist grade
jetzt wenig mehr als ein Scheinwerth, und obgleich die solide Kraft und das
Gepräge der 15 Einheiten, deren Verbindung sie ausmacht, nirgend bezweifelt
werden wird, so leidet der Staat als Ganzes doch an demselben verhängnißvollen
Uebelstand, welcher sein Hauptverkehrsmittel, die Banknoten, trifft, daß ihm die solide
Basis und innerer Halt fehlen. Preußen hat die Vortheile, welche sein Silber¬
thaler für den Umsatz darbietet, auch für seine staatliche Organisation gewonnen.
Es ist ein schweres tüchtiges Wesen, hart, coulant, sicher; pretiös gegen den
Reichsgulden, logisch fest und genau gegen die Gemüthlichkeit des östreichischen
Kreuzerverkehrs, in welchem ungerade Fünf als grade Zwei gelten; dieser Vergleich
ist kein müßiges Spiel mit Bildern, denn die drei maßgebenden Einheiten des
Geldverkehrs, ursprünglich aus der Individualität der Länder und des Volks¬
lebens hervorgegangen, haben auch wieder durch ihre verschiedene Beschaffenheit
dazu beigetragen, die Physiognomie der drei großen Theile Deutschlands zu be¬
stimmen.

Der Minister Hansemann hat es unternommen, das Thalerstück Deutschlands
fortzurollen und seinen Cours gut zu stellen; einige Reflexionen über seine Thä¬
tigkeit und die Finanzlage Preußens werden den Lesern der Grenzboten vielleicht
willkommen sein.


Brenzbot",. III. l"j8. 29
Die preußischen Finanzen und ihr Minister.



Der kleine Reichsgulden, der preußische Silberthaler und die östreichische
Fünfguldennote mit ihren silbernen Provinzen, den Zwanzigern, sind in diesem
Augenblick nicht nur bedeutungsvolle Bilder des geschäftlichen Verkehrs und des
äußern Umfanges ihrer Staaten, sondern sie stellen jedes durch seine Eigenthüm¬
lichkeit auch ziemlich genau die verschiedenen Werthe dar, welche die innere Lebens¬
kraft ihrer Länder in den Angen eines Staatsmannes und Finanziers hat. Der
glänzende Gulden des 24^-Fußes ist als maßgebende Geldeinheit der kleinen
Staaten neu und leicht, wie das Gepräge seiner Länder, er repräsentirt den be¬
quemen Verkehr der billigeren Existenzen des Südens, ist aber für den großen
internationalen Umsatz eben so unzureichend, als die Kraft seiner Regierungen.
Die Fünfguldennote Oestreich, die größte unter den deutschen Werthen, ist grade
jetzt wenig mehr als ein Scheinwerth, und obgleich die solide Kraft und das
Gepräge der 15 Einheiten, deren Verbindung sie ausmacht, nirgend bezweifelt
werden wird, so leidet der Staat als Ganzes doch an demselben verhängnißvollen
Uebelstand, welcher sein Hauptverkehrsmittel, die Banknoten, trifft, daß ihm die solide
Basis und innerer Halt fehlen. Preußen hat die Vortheile, welche sein Silber¬
thaler für den Umsatz darbietet, auch für seine staatliche Organisation gewonnen.
Es ist ein schweres tüchtiges Wesen, hart, coulant, sicher; pretiös gegen den
Reichsgulden, logisch fest und genau gegen die Gemüthlichkeit des östreichischen
Kreuzerverkehrs, in welchem ungerade Fünf als grade Zwei gelten; dieser Vergleich
ist kein müßiges Spiel mit Bildern, denn die drei maßgebenden Einheiten des
Geldverkehrs, ursprünglich aus der Individualität der Länder und des Volks¬
lebens hervorgegangen, haben auch wieder durch ihre verschiedene Beschaffenheit
dazu beigetragen, die Physiognomie der drei großen Theile Deutschlands zu be¬
stimmen.

Der Minister Hansemann hat es unternommen, das Thalerstück Deutschlands
fortzurollen und seinen Cours gut zu stellen; einige Reflexionen über seine Thä¬
tigkeit und die Finanzlage Preußens werden den Lesern der Grenzboten vielleicht
willkommen sein.


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[0229] Die preußischen Finanzen und ihr Minister. Der kleine Reichsgulden, der preußische Silberthaler und die östreichische Fünfguldennote mit ihren silbernen Provinzen, den Zwanzigern, sind in diesem Augenblick nicht nur bedeutungsvolle Bilder des geschäftlichen Verkehrs und des äußern Umfanges ihrer Staaten, sondern sie stellen jedes durch seine Eigenthüm¬ lichkeit auch ziemlich genau die verschiedenen Werthe dar, welche die innere Lebens¬ kraft ihrer Länder in den Angen eines Staatsmannes und Finanziers hat. Der glänzende Gulden des 24^-Fußes ist als maßgebende Geldeinheit der kleinen Staaten neu und leicht, wie das Gepräge seiner Länder, er repräsentirt den be¬ quemen Verkehr der billigeren Existenzen des Südens, ist aber für den großen internationalen Umsatz eben so unzureichend, als die Kraft seiner Regierungen. Die Fünfguldennote Oestreich, die größte unter den deutschen Werthen, ist grade jetzt wenig mehr als ein Scheinwerth, und obgleich die solide Kraft und das Gepräge der 15 Einheiten, deren Verbindung sie ausmacht, nirgend bezweifelt werden wird, so leidet der Staat als Ganzes doch an demselben verhängnißvollen Uebelstand, welcher sein Hauptverkehrsmittel, die Banknoten, trifft, daß ihm die solide Basis und innerer Halt fehlen. Preußen hat die Vortheile, welche sein Silber¬ thaler für den Umsatz darbietet, auch für seine staatliche Organisation gewonnen. Es ist ein schweres tüchtiges Wesen, hart, coulant, sicher; pretiös gegen den Reichsgulden, logisch fest und genau gegen die Gemüthlichkeit des östreichischen Kreuzerverkehrs, in welchem ungerade Fünf als grade Zwei gelten; dieser Vergleich ist kein müßiges Spiel mit Bildern, denn die drei maßgebenden Einheiten des Geldverkehrs, ursprünglich aus der Individualität der Länder und des Volks¬ lebens hervorgegangen, haben auch wieder durch ihre verschiedene Beschaffenheit dazu beigetragen, die Physiognomie der drei großen Theile Deutschlands zu be¬ stimmen. Der Minister Hansemann hat es unternommen, das Thalerstück Deutschlands fortzurollen und seinen Cours gut zu stellen; einige Reflexionen über seine Thä¬ tigkeit und die Finanzlage Preußens werden den Lesern der Grenzboten vielleicht willkommen sein. Brenzbot«,. III. l«j8. 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341561_277429/229>, abgerufen am 20.09.2024.