Die Grenzboten. Jg. 7, 1848, I. Semester. II. Band.les fortleben, das groß werden will! Oder verdienen in Professor Kudler's Meinung Notizen. souveränes Parlament. -- Der Krieg mit Dänemark. -- C,enden und Deutschböhmen. -- Italien und Rainer'S Briefe. -- Polen und Rußland. -- Der deutsche Horizont ist von allen Seiten schwer umzogen, und wie lange wird -- Nicht so sehr wegen der Anarchie im Innern erwarten wir mit solcher Ungeduld les fortleben, das groß werden will! Oder verdienen in Professor Kudler's Meinung Notizen. souveränes Parlament. — Der Krieg mit Dänemark. — C,enden und Deutschböhmen. — Italien und Rainer'S Briefe. — Polen und Rußland. — Der deutsche Horizont ist von allen Seiten schwer umzogen, und wie lange wird — Nicht so sehr wegen der Anarchie im Innern erwarten wir mit solcher Ungeduld <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0124" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/276330"/> <p xml:id="ID_416" prev="#ID_415"> les fortleben, das groß werden will! Oder verdienen in Professor Kudler's Meinung<lb/> die Märzereignisse nicht diesen Namen, weil sie zu wenig Blut gekostet? Sehnt sich<lb/> vielleicht Herr Kudler nach einer Revolution, die seiner Definition besser entspräche?<lb/> Wie wir ihn kennen<note type="byline"/> , wollen und müssen wir letzteres bezweifeln!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Notizen.</head><lb/> <note type="argument"> souveränes Parlament. — Der Krieg mit Dänemark. — C,enden und Deutschböhmen. — Italien und<lb/> Rainer'S Briefe. — Polen und Rußland.</note><lb/> <p xml:id="ID_417"> — Der deutsche Horizont ist von allen Seiten schwer umzogen, und wie lange wird<lb/> es noch dauern, bis eine feste Hand das Ruder ergreift! Die constitnirende Versamm¬<lb/> lung wird in den ersten Maitagen nicht vorhanden sein, und das Coustituircn selbst<lb/> ist doch nur der Anfang des Kampfes und der Arbeit. Ueber die Vvlkssorderungcu im<lb/> Innern, über Rechtsverfahren, Preß- und Vcreinsfreihcit, war man seit Jahren klar und<lb/> einig, über den Gesammtbau Deutschlands ist man weder eins noch das andere. Die<lb/> Kaiserträumc sind eben so romantisch in ihrer Art, wie die republikanischen Gewalt-<lb/> streiche Hecker's; ein souveränes Parlament mit einem Bundespräsidcntcn, welches die<lb/> Scepter aller konstitutionellen Monarchen wie ein gehorsames und einiges Pfcilbündel<lb/> handhabte, wäre die einzige Rettung. Wenn wir nur stark genug sind, es durchzusetzen<lb/> und aufrecht zu halten! Präsident -- des Bundes, nicht des Parlaments — dürste un¬<lb/> sertwegen auch ein deutscher Fürst werden, aber er müßte gewählt und zwar auf eine<lb/> bestimmte Frist gewählt sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_418"> — Nicht so sehr wegen der Anarchie im Innern erwarten wir mit solcher Ungeduld<lb/> das souveräne Parlament, als wegen Deutschlands auswärtiger Politik, die jetzt noch<lb/> in schwankenden, diplomatisircnden Händen ruht. Von den weiland Großmächten über¬<lb/> nehmen wir die schlimmsten Erbstücke. Im Osten. Süden und Norden brechen die al¬<lb/> ten Wunden am gräßlichsten auf; da zeigt sich täglich mehr, wie viel Giftstoff die<lb/> Diplomatenpfuscherci sich im Stillen anhäufen ließ, wie viel Explvsionselcmentc sie<lb/> sorgsam conservirt hat. So conservirt sich oft eine Bombe unter der Erddecke,<lb/> Jahrzehnde lang, um eines schönen Morgens, vom friedlichen Pflug des Landmannes<lb/> ausgegraben, zu platzen. Im Kriege mit Dänemark regt sich am meisten Entschlos¬<lb/> senheit und Thatkraft, — von Seiten des Volkes; die Freischaaren strömen von allen<lb/> vier Winden nach den bedrohten Herzogthümern. Wäre aber Schleswig im ersten Au¬<lb/> genblick der Gefahr von einer imposanten Truppcnmacht, sei's einer preußischen oder<lb/> hanövrischen, besetzt worden, so hätte der Däne das Schwert in der Scheide behalten<lb/> und aufrichtig zu parlamentiren begonnen. Die alten Rücksichten und Bedenken wegen<lb/> „der entfernten Möglichkeit weitaussehcnder Verwickelungen," haben dem Dänen die<lb/> Offensive in die Hand gegeben und wir begannen, wie gewöhnlich, damit, daß wir<lb/> Lehrgeld zahlten. Indessen, wer zuletzt lacht, der lacht am besten. Der Däne wird<lb/> den Hochmuth bereuen, mit dem er auf dem breiten Rücken Michels hcrumzutrommcln<lb/> gewöhnt war.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0124]
les fortleben, das groß werden will! Oder verdienen in Professor Kudler's Meinung
die Märzereignisse nicht diesen Namen, weil sie zu wenig Blut gekostet? Sehnt sich
vielleicht Herr Kudler nach einer Revolution, die seiner Definition besser entspräche?
Wie wir ihn kennen , wollen und müssen wir letzteres bezweifeln!
Notizen.
souveränes Parlament. — Der Krieg mit Dänemark. — C,enden und Deutschböhmen. — Italien und
Rainer'S Briefe. — Polen und Rußland.
— Der deutsche Horizont ist von allen Seiten schwer umzogen, und wie lange wird
es noch dauern, bis eine feste Hand das Ruder ergreift! Die constitnirende Versamm¬
lung wird in den ersten Maitagen nicht vorhanden sein, und das Coustituircn selbst
ist doch nur der Anfang des Kampfes und der Arbeit. Ueber die Vvlkssorderungcu im
Innern, über Rechtsverfahren, Preß- und Vcreinsfreihcit, war man seit Jahren klar und
einig, über den Gesammtbau Deutschlands ist man weder eins noch das andere. Die
Kaiserträumc sind eben so romantisch in ihrer Art, wie die republikanischen Gewalt-
streiche Hecker's; ein souveränes Parlament mit einem Bundespräsidcntcn, welches die
Scepter aller konstitutionellen Monarchen wie ein gehorsames und einiges Pfcilbündel
handhabte, wäre die einzige Rettung. Wenn wir nur stark genug sind, es durchzusetzen
und aufrecht zu halten! Präsident -- des Bundes, nicht des Parlaments — dürste un¬
sertwegen auch ein deutscher Fürst werden, aber er müßte gewählt und zwar auf eine
bestimmte Frist gewählt sein.
— Nicht so sehr wegen der Anarchie im Innern erwarten wir mit solcher Ungeduld
das souveräne Parlament, als wegen Deutschlands auswärtiger Politik, die jetzt noch
in schwankenden, diplomatisircnden Händen ruht. Von den weiland Großmächten über¬
nehmen wir die schlimmsten Erbstücke. Im Osten. Süden und Norden brechen die al¬
ten Wunden am gräßlichsten auf; da zeigt sich täglich mehr, wie viel Giftstoff die
Diplomatenpfuscherci sich im Stillen anhäufen ließ, wie viel Explvsionselcmentc sie
sorgsam conservirt hat. So conservirt sich oft eine Bombe unter der Erddecke,
Jahrzehnde lang, um eines schönen Morgens, vom friedlichen Pflug des Landmannes
ausgegraben, zu platzen. Im Kriege mit Dänemark regt sich am meisten Entschlos¬
senheit und Thatkraft, — von Seiten des Volkes; die Freischaaren strömen von allen
vier Winden nach den bedrohten Herzogthümern. Wäre aber Schleswig im ersten Au¬
genblick der Gefahr von einer imposanten Truppcnmacht, sei's einer preußischen oder
hanövrischen, besetzt worden, so hätte der Däne das Schwert in der Scheide behalten
und aufrichtig zu parlamentiren begonnen. Die alten Rücksichten und Bedenken wegen
„der entfernten Möglichkeit weitaussehcnder Verwickelungen," haben dem Dänen die
Offensive in die Hand gegeben und wir begannen, wie gewöhnlich, damit, daß wir
Lehrgeld zahlten. Indessen, wer zuletzt lacht, der lacht am besten. Der Däne wird
den Hochmuth bereuen, mit dem er auf dem breiten Rücken Michels hcrumzutrommcln
gewöhnt war.
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