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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Das corallina iikvnuäi.

Die Jagd hatte bis in den späten Abend gedauert. -- Die Baronin,
statt, wie sie sich früh vorgenommen hatte, den Herren entgegenzufahren, war
W Hause geblieben und hatte Betel, wie man sagt, in's Gebet genommen.
Betel hatte ihr ohne weiteres ihre zärtliche Steigung für den Hofmeister ein¬
gestanden und war außer einigen lebhaften Vorwürfen, daß es sehr unschick¬
lich sei, zu einem jungen Manne ans das Zimmer zu gehen und ihn dort
zu küssen, mit der Versicherung entlassen worden, daß, wenn noch einmal eine
derlei Scene vorfiele, die Baronin sie nach Hause schicken und ihren Eltern
Alles mittheilen werde.
'

Der Baron war im übelsten Humor von der Jagd zurückgekommen,
und Niemand im ganzen Hause zeigte ein frohes Gesicht, als Karl, der mit
einem satanischen Lächeln die Gewehre an Ort und Stelle brachte und sich
dann händereibend in die Küche begab, wo ihn sein Abendbrot erwartete.

ES mußte etwas ganz Unerhörtes vorgefallen sein, denn der Baron
sprach beim Souper kein Wort, die Baronin schichte Kopfweh vor und ver¬
ließ schon um neun Uhr die Tafel, so daß nur der Baron, der Pfarrer und
Theodor zurückblieben, der wo möglich noch zerknirschter aussah, als zu Mit¬
tag, und dessen Nase offenbar geschwollen war. Der Pfarrer führte allein
das Wort, aber als Jaromirchen zu gähnen anfing und der Baron leine
frische Pfeife verlangte, stand auch er vom Tische auf und Alles ging zur
Ruhe. -

Als der Freiherr in Pantoffeln und Schlafrock, das Licht in der Hand,
in das Zimmer seiner Frau trat, fand er diese noch wach und wurde sogleich
mit der Frage empfangen, "was denn eigentlich vorgefallen sei?" -- "Der
Hofmeister ist ein Esel!" war die zornige Antwort, "denk' Dir, schießt mir
der dumme Kerl meinen Sultan todt!" -- "Den Sultan? ach das arme
Thier --". "Einen Butterschnitt soll man ihm geben und kein Gewehr --
nein, mit dem ist nichts, einem Menschen, der nicht einmal einen Hund
von einem Hasen unterscheiden kann, sollen wir unsern Buben anvertrauen?
Ich Hab's dem Menschen gleich angesehen, daß er ein Esel ist! Ich weiß gar
"M, was ich anfangen soll, ich bekomme sür alles Geld keinen Hund, wie
derSultanwar!"--'"Nun, ich bin auch hinter etwas gekommen, der Mensch
wurde uns schöne Geschichten im Hause machen -- denke Dir, er hat eine
Lwbschast mit der Betel. Ich komme heute zufällig in das Zimmer und finde
sie bei ihm." ^ dummes Zeug, wenn ich nur meinen Hund wieder
hätte, so kann er noch die Alte mit dazu nehmen! Der Karl sagt ihm noch,


Das corallina iikvnuäi.

Die Jagd hatte bis in den späten Abend gedauert. — Die Baronin,
statt, wie sie sich früh vorgenommen hatte, den Herren entgegenzufahren, war
W Hause geblieben und hatte Betel, wie man sagt, in's Gebet genommen.
Betel hatte ihr ohne weiteres ihre zärtliche Steigung für den Hofmeister ein¬
gestanden und war außer einigen lebhaften Vorwürfen, daß es sehr unschick¬
lich sei, zu einem jungen Manne ans das Zimmer zu gehen und ihn dort
zu küssen, mit der Versicherung entlassen worden, daß, wenn noch einmal eine
derlei Scene vorfiele, die Baronin sie nach Hause schicken und ihren Eltern
Alles mittheilen werde.
'

Der Baron war im übelsten Humor von der Jagd zurückgekommen,
und Niemand im ganzen Hause zeigte ein frohes Gesicht, als Karl, der mit
einem satanischen Lächeln die Gewehre an Ort und Stelle brachte und sich
dann händereibend in die Küche begab, wo ihn sein Abendbrot erwartete.

ES mußte etwas ganz Unerhörtes vorgefallen sein, denn der Baron
sprach beim Souper kein Wort, die Baronin schichte Kopfweh vor und ver¬
ließ schon um neun Uhr die Tafel, so daß nur der Baron, der Pfarrer und
Theodor zurückblieben, der wo möglich noch zerknirschter aussah, als zu Mit¬
tag, und dessen Nase offenbar geschwollen war. Der Pfarrer führte allein
das Wort, aber als Jaromirchen zu gähnen anfing und der Baron leine
frische Pfeife verlangte, stand auch er vom Tische auf und Alles ging zur
Ruhe. -

Als der Freiherr in Pantoffeln und Schlafrock, das Licht in der Hand,
in das Zimmer seiner Frau trat, fand er diese noch wach und wurde sogleich
mit der Frage empfangen, „was denn eigentlich vorgefallen sei?" — „Der
Hofmeister ist ein Esel!" war die zornige Antwort, „denk' Dir, schießt mir
der dumme Kerl meinen Sultan todt!" — „Den Sultan? ach das arme
Thier —". „Einen Butterschnitt soll man ihm geben und kein Gewehr —
nein, mit dem ist nichts, einem Menschen, der nicht einmal einen Hund
von einem Hasen unterscheiden kann, sollen wir unsern Buben anvertrauen?
Ich Hab's dem Menschen gleich angesehen, daß er ein Esel ist! Ich weiß gar
"M, was ich anfangen soll, ich bekomme sür alles Geld keinen Hund, wie
derSultanwar!"—'„Nun, ich bin auch hinter etwas gekommen, der Mensch
wurde uns schöne Geschichten im Hause machen — denke Dir, er hat eine
Lwbschast mit der Betel. Ich komme heute zufällig in das Zimmer und finde
sie bei ihm." ^ dummes Zeug, wenn ich nur meinen Hund wieder
hätte, so kann er noch die Alte mit dazu nehmen! Der Karl sagt ihm noch,


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[0077] Das corallina iikvnuäi. Die Jagd hatte bis in den späten Abend gedauert. — Die Baronin, statt, wie sie sich früh vorgenommen hatte, den Herren entgegenzufahren, war W Hause geblieben und hatte Betel, wie man sagt, in's Gebet genommen. Betel hatte ihr ohne weiteres ihre zärtliche Steigung für den Hofmeister ein¬ gestanden und war außer einigen lebhaften Vorwürfen, daß es sehr unschick¬ lich sei, zu einem jungen Manne ans das Zimmer zu gehen und ihn dort zu küssen, mit der Versicherung entlassen worden, daß, wenn noch einmal eine derlei Scene vorfiele, die Baronin sie nach Hause schicken und ihren Eltern Alles mittheilen werde. ' Der Baron war im übelsten Humor von der Jagd zurückgekommen, und Niemand im ganzen Hause zeigte ein frohes Gesicht, als Karl, der mit einem satanischen Lächeln die Gewehre an Ort und Stelle brachte und sich dann händereibend in die Küche begab, wo ihn sein Abendbrot erwartete. ES mußte etwas ganz Unerhörtes vorgefallen sein, denn der Baron sprach beim Souper kein Wort, die Baronin schichte Kopfweh vor und ver¬ ließ schon um neun Uhr die Tafel, so daß nur der Baron, der Pfarrer und Theodor zurückblieben, der wo möglich noch zerknirschter aussah, als zu Mit¬ tag, und dessen Nase offenbar geschwollen war. Der Pfarrer führte allein das Wort, aber als Jaromirchen zu gähnen anfing und der Baron leine frische Pfeife verlangte, stand auch er vom Tische auf und Alles ging zur Ruhe. - Als der Freiherr in Pantoffeln und Schlafrock, das Licht in der Hand, in das Zimmer seiner Frau trat, fand er diese noch wach und wurde sogleich mit der Frage empfangen, „was denn eigentlich vorgefallen sei?" — „Der Hofmeister ist ein Esel!" war die zornige Antwort, „denk' Dir, schießt mir der dumme Kerl meinen Sultan todt!" — „Den Sultan? ach das arme Thier —". „Einen Butterschnitt soll man ihm geben und kein Gewehr — nein, mit dem ist nichts, einem Menschen, der nicht einmal einen Hund von einem Hasen unterscheiden kann, sollen wir unsern Buben anvertrauen? Ich Hab's dem Menschen gleich angesehen, daß er ein Esel ist! Ich weiß gar "M, was ich anfangen soll, ich bekomme sür alles Geld keinen Hund, wie derSultanwar!"—'„Nun, ich bin auch hinter etwas gekommen, der Mensch wurde uns schöne Geschichten im Hause machen — denke Dir, er hat eine Lwbschast mit der Betel. Ich komme heute zufällig in das Zimmer und finde sie bei ihm." ^ dummes Zeug, wenn ich nur meinen Hund wieder hätte, so kann er noch die Alte mit dazu nehmen! Der Karl sagt ihm noch,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/77>, abgerufen am 29.06.2024.