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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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wegs aber die Zustimmung zu Arkaden in Vertretung des vereinigten Landtags
ertheilen soll. Die Frage über die Contrahirung von Kricgsanlchen ist freilich
unerledigt, da die beiden Curien sich über keinen dahinzielenden Antrag an die
Krone vereinigen konnten, die Staatsschnldendepntation berührt aber nach der
eben erwähnten Erklärung der Regierung die Angelegenheit in keiner Weise mehr,
und die Wahl derselben beschränkt daher nicht im Mindesten diesen Rechtsanspruch
^ der Stände.


IV.
Aus Wie".

Die ständische Bewegung. -- Oeffentliche Meinung. -- Die Presse. -- Preußen und
Oesterreich. -- Graf Montccuculi.

Es muß als ein Zeichen der Zeit betrachtet werden, daß jetzt ans allen
österreichischen Provinzen die Symptome ständischer Elektricität sich kund geben.
Wir erinnern uns seit Menschengedenken nicht von der ständischen Versammlung
in Mähren, Steiermark, Kärnthen je etwas in öffentlichen Blättern gelesen zu
haben, etwa mit Ausnahme der Beschreibung des monotonen Cercmoniells bei
Eröffnung des Postulatenlandtags. Zum Erstenmale in diesem Jahre lasen wir
eine Notiz ans Brunn, aus Klagenfurt in der Allgemeinen Zeitung, dürftig und
kaum andeutend, wie es die Verhältnisse dieses Blattes nicht anders erlauben,
aber doch eine Notiz. Und im Grunde ist ein Symptom auch nicht mehr werth
als eine Notiz. Eigentliche Bedeutung haben bisher blos die Lebensäußerungen
der Wiener und Präger landständischen Versammlungen. Nicht etwa, daß die
Beschlüsse dieser Versammlungen Aussicht haben, einen directen Einfluß ans die
Legislation zu üben, aber die öffentliche Meinung wird dadurch angeregt, ermu-
thigt, produktiv. Wir verstehen darunter nicht etwa die öffentliche Meinung, die
in den Kaffeehäusern, auf der Börse ihre Arena hat, sondern was weit wichtiger
ist, die öffentliche Meinung in den höchsten Kreisen, der Bureaukratie, des Hofes,
ja der kaiserlichen Familienmitglieder selbst. Wenn Männer, wie Fürst Lamberg,
Graf Colloredo, wie die Grafen Nostiz, Thun und so viele Andere, die den
ersten Familien des Staates angehören, die durch Reichthümer und ausgedehnten
Grundbesitz eigentlich konservativ sein müßten, da bei etwaigen Reformen sie zu¬
erst getroffen würden, (so z. B. ist der Fürst Schwarzenberg durch die Reform
eines Theils der Grnndsteucreinhebuug in Böhmen, welche die Stände zu Gun¬
sten der Rustikalbcsttzer selbst einführten, jährlich um 26,000 Fi. C. M. mehr
besteuert worden und hat diese Last alö lon coour angenommen) wenn Männer
dieser Art gegen die unselige Stabilität und Versumpfung unserer Staatszustände
sich erheben, dann kann man nicht mehr die Ausrede geltend machen, welche
die Polizei bisher gegen die "Grenzboten", gegen Andriani, gegen Schuselka's
und andere Oppvsitivnsschriftcn auftischte, daß diese Opposition blos von Men¬
schen ausgehe, die nichts zu verlieren haben, von unruhigen Köpfen, böswilligen
Verleumdern (böswillig ist namentlich ein Lieblingsausdruck unserer Polizeihofstclle),
man muß sich vielmehr fragen, was wollen alle diese Männer, woher ihr Unbe¬
hagen, ihre Unzufriedenheit? Wie kommt es, daß sie aus Entwickelung der Presse,


wegs aber die Zustimmung zu Arkaden in Vertretung des vereinigten Landtags
ertheilen soll. Die Frage über die Contrahirung von Kricgsanlchen ist freilich
unerledigt, da die beiden Curien sich über keinen dahinzielenden Antrag an die
Krone vereinigen konnten, die Staatsschnldendepntation berührt aber nach der
eben erwähnten Erklärung der Regierung die Angelegenheit in keiner Weise mehr,
und die Wahl derselben beschränkt daher nicht im Mindesten diesen Rechtsanspruch
^ der Stände.


IV.
Aus Wie».

Die ständische Bewegung. — Oeffentliche Meinung. — Die Presse. — Preußen und
Oesterreich. — Graf Montccuculi.

Es muß als ein Zeichen der Zeit betrachtet werden, daß jetzt ans allen
österreichischen Provinzen die Symptome ständischer Elektricität sich kund geben.
Wir erinnern uns seit Menschengedenken nicht von der ständischen Versammlung
in Mähren, Steiermark, Kärnthen je etwas in öffentlichen Blättern gelesen zu
haben, etwa mit Ausnahme der Beschreibung des monotonen Cercmoniells bei
Eröffnung des Postulatenlandtags. Zum Erstenmale in diesem Jahre lasen wir
eine Notiz ans Brunn, aus Klagenfurt in der Allgemeinen Zeitung, dürftig und
kaum andeutend, wie es die Verhältnisse dieses Blattes nicht anders erlauben,
aber doch eine Notiz. Und im Grunde ist ein Symptom auch nicht mehr werth
als eine Notiz. Eigentliche Bedeutung haben bisher blos die Lebensäußerungen
der Wiener und Präger landständischen Versammlungen. Nicht etwa, daß die
Beschlüsse dieser Versammlungen Aussicht haben, einen directen Einfluß ans die
Legislation zu üben, aber die öffentliche Meinung wird dadurch angeregt, ermu-
thigt, produktiv. Wir verstehen darunter nicht etwa die öffentliche Meinung, die
in den Kaffeehäusern, auf der Börse ihre Arena hat, sondern was weit wichtiger
ist, die öffentliche Meinung in den höchsten Kreisen, der Bureaukratie, des Hofes,
ja der kaiserlichen Familienmitglieder selbst. Wenn Männer, wie Fürst Lamberg,
Graf Colloredo, wie die Grafen Nostiz, Thun und so viele Andere, die den
ersten Familien des Staates angehören, die durch Reichthümer und ausgedehnten
Grundbesitz eigentlich konservativ sein müßten, da bei etwaigen Reformen sie zu¬
erst getroffen würden, (so z. B. ist der Fürst Schwarzenberg durch die Reform
eines Theils der Grnndsteucreinhebuug in Böhmen, welche die Stände zu Gun¬
sten der Rustikalbcsttzer selbst einführten, jährlich um 26,000 Fi. C. M. mehr
besteuert worden und hat diese Last alö lon coour angenommen) wenn Männer
dieser Art gegen die unselige Stabilität und Versumpfung unserer Staatszustände
sich erheben, dann kann man nicht mehr die Ausrede geltend machen, welche
die Polizei bisher gegen die „Grenzboten", gegen Andriani, gegen Schuselka's
und andere Oppvsitivnsschriftcn auftischte, daß diese Opposition blos von Men¬
schen ausgehe, die nichts zu verlieren haben, von unruhigen Köpfen, böswilligen
Verleumdern (böswillig ist namentlich ein Lieblingsausdruck unserer Polizeihofstclle),
man muß sich vielmehr fragen, was wollen alle diese Männer, woher ihr Unbe¬
hagen, ihre Unzufriedenheit? Wie kommt es, daß sie aus Entwickelung der Presse,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/595>, abgerufen am 29.06.2024.