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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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daß anscheinende oder auch wirkliche Jnconscanenzcn auf dem politischen Felde zu¬
weilen nöthig sind, um höhere Zwecke nicht zu gefährde". So lauge er sich mit
Ehren vermeiden läßt, ist ein völliger Bruch der Stände mit der Regierung kei¬
neswegs ein Act politischer Klugheit und Voraussicht; ist man denn so gewiß auf
diesem Wege, eher zu reussiren, als auf dem allerdings oft beschwerlichere" und
weniger einladenden, den die liberalen Abgeordneten, welche die Wahl vollzogen,
eingeschlagen haben? Die Hauptsache ist, daß man sich die Waffe nicht aus den
Händen winden läßt, und kein Zugeständnis; macht, das die Rechte des Landes
gefährdet. Dies ist nicht geschehen und, wir wagen es zu behaupten, wird auch
nicht geschehen.

Aus der Schlußrede des Laudtagscommissarius scheint hervorzugehen, daß
die Regierung rigorose Maßregeln, etwa wie im vorigen Herbste gegen die Naum-
burger Stadtverordneten, gegen diejenigen Abgeordneten beabsichtigt, die die Wahl
verweigerten. Es ist zu hoffen, daß dieser in der Uebereilung der ersten 24
Stunden gefaßte Entschluß wieder aufgegeben wird.

Außer den rheinischen Landgemeinden haben unter andern die Herren Me-
vissen, Hansemann, v. der Heydt, v. Vincke, v. Bockum-Dolffs, Milde, Tschokke,
Siclüg die Wahl verweigert. Man sieht wohl schon aus dieser Zusammen¬
stellung , daß die nichtwählenden keineswegs sämmtlich als einer politisch - radicalen
Fraction angehörig zu betrachten sind, sondern obwohl in dieser Frage einig, in
allgemeinen politischen Prinzipien sehr von einander abweichen, wie z. B. die
Hrn. Mevisscn und v. Vincke im Uebrigen keineswegs miteinander harmoniren. Wir
hoffen daher, daß man die schon an sich beklagenswerthe Spaltung in der Oppo¬
sition nicht dadurch zu einer dauernden zu machen suchen wird, daß man eine ra-
dicale und liberale Fraction einander gegenüberstellt, eine Trennung, die für die
jetzigen Verhältnisse viel zu früh käme und deshalb völlig unpassend sein würde.
Derartige falschvcrstandene Bestrebungen könnten nur zum Vortheile der Gegen¬
A partei ausschlagen.


3.

El" Diner. -- Graf von Schwerin. -- Die Popularität eines Aristokraten. -- Die
Fmcuizdeputation.

Als Nachtrag zu meinem vorgestrigen Berichte gebe ich Ihnen noch einige
Mittheilungen über die Ereignisse der letzten Landtagswoche. Am 24. fand ein
großes königliches Diner in Potsdam statt, bei dem diesmal eine weniger strenge
Auswahl der Gäste vorherrschte. Außer den Mitgliedern der Herrencurie und
den zahlreich eingeladenen Abgeordneten der Regierungspartei, waren auch die
Herren von Beckerath, Graf v. Schwerin, Camphausen, v. sanctam zugegen, da¬
gegen kein einziger Unterzeichner der "Deklaration der Rechte." Man schließt hieraus
natürlich, daß von allen Demonstrationen der Opposition die Declaration diejenige
sei, welche höchsten Ortes am Uebelsten vermerkt worden ist. Die letzten Vorgänge,
die Berathungen der zweiten Curie über die aus der Herrencurie zurückgeschickten
ständischen Petitionen, so wie die schon weitläuftig von uns besprochenen Ans-
schußwahlen haben Mißstimmungen unter den liberalen Abgeordneten hervorgerufen,


daß anscheinende oder auch wirkliche Jnconscanenzcn auf dem politischen Felde zu¬
weilen nöthig sind, um höhere Zwecke nicht zu gefährde». So lauge er sich mit
Ehren vermeiden läßt, ist ein völliger Bruch der Stände mit der Regierung kei¬
neswegs ein Act politischer Klugheit und Voraussicht; ist man denn so gewiß auf
diesem Wege, eher zu reussiren, als auf dem allerdings oft beschwerlichere» und
weniger einladenden, den die liberalen Abgeordneten, welche die Wahl vollzogen,
eingeschlagen haben? Die Hauptsache ist, daß man sich die Waffe nicht aus den
Händen winden läßt, und kein Zugeständnis; macht, das die Rechte des Landes
gefährdet. Dies ist nicht geschehen und, wir wagen es zu behaupten, wird auch
nicht geschehen.

Aus der Schlußrede des Laudtagscommissarius scheint hervorzugehen, daß
die Regierung rigorose Maßregeln, etwa wie im vorigen Herbste gegen die Naum-
burger Stadtverordneten, gegen diejenigen Abgeordneten beabsichtigt, die die Wahl
verweigerten. Es ist zu hoffen, daß dieser in der Uebereilung der ersten 24
Stunden gefaßte Entschluß wieder aufgegeben wird.

Außer den rheinischen Landgemeinden haben unter andern die Herren Me-
vissen, Hansemann, v. der Heydt, v. Vincke, v. Bockum-Dolffs, Milde, Tschokke,
Siclüg die Wahl verweigert. Man sieht wohl schon aus dieser Zusammen¬
stellung , daß die nichtwählenden keineswegs sämmtlich als einer politisch - radicalen
Fraction angehörig zu betrachten sind, sondern obwohl in dieser Frage einig, in
allgemeinen politischen Prinzipien sehr von einander abweichen, wie z. B. die
Hrn. Mevisscn und v. Vincke im Uebrigen keineswegs miteinander harmoniren. Wir
hoffen daher, daß man die schon an sich beklagenswerthe Spaltung in der Oppo¬
sition nicht dadurch zu einer dauernden zu machen suchen wird, daß man eine ra-
dicale und liberale Fraction einander gegenüberstellt, eine Trennung, die für die
jetzigen Verhältnisse viel zu früh käme und deshalb völlig unpassend sein würde.
Derartige falschvcrstandene Bestrebungen könnten nur zum Vortheile der Gegen¬
A partei ausschlagen.


3.

El» Diner. — Graf von Schwerin. — Die Popularität eines Aristokraten. — Die
Fmcuizdeputation.

Als Nachtrag zu meinem vorgestrigen Berichte gebe ich Ihnen noch einige
Mittheilungen über die Ereignisse der letzten Landtagswoche. Am 24. fand ein
großes königliches Diner in Potsdam statt, bei dem diesmal eine weniger strenge
Auswahl der Gäste vorherrschte. Außer den Mitgliedern der Herrencurie und
den zahlreich eingeladenen Abgeordneten der Regierungspartei, waren auch die
Herren von Beckerath, Graf v. Schwerin, Camphausen, v. sanctam zugegen, da¬
gegen kein einziger Unterzeichner der „Deklaration der Rechte." Man schließt hieraus
natürlich, daß von allen Demonstrationen der Opposition die Declaration diejenige
sei, welche höchsten Ortes am Uebelsten vermerkt worden ist. Die letzten Vorgänge,
die Berathungen der zweiten Curie über die aus der Herrencurie zurückgeschickten
ständischen Petitionen, so wie die schon weitläuftig von uns besprochenen Ans-
schußwahlen haben Mißstimmungen unter den liberalen Abgeordneten hervorgerufen,


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[0593] daß anscheinende oder auch wirkliche Jnconscanenzcn auf dem politischen Felde zu¬ weilen nöthig sind, um höhere Zwecke nicht zu gefährde». So lauge er sich mit Ehren vermeiden läßt, ist ein völliger Bruch der Stände mit der Regierung kei¬ neswegs ein Act politischer Klugheit und Voraussicht; ist man denn so gewiß auf diesem Wege, eher zu reussiren, als auf dem allerdings oft beschwerlichere» und weniger einladenden, den die liberalen Abgeordneten, welche die Wahl vollzogen, eingeschlagen haben? Die Hauptsache ist, daß man sich die Waffe nicht aus den Händen winden läßt, und kein Zugeständnis; macht, das die Rechte des Landes gefährdet. Dies ist nicht geschehen und, wir wagen es zu behaupten, wird auch nicht geschehen. Aus der Schlußrede des Laudtagscommissarius scheint hervorzugehen, daß die Regierung rigorose Maßregeln, etwa wie im vorigen Herbste gegen die Naum- burger Stadtverordneten, gegen diejenigen Abgeordneten beabsichtigt, die die Wahl verweigerten. Es ist zu hoffen, daß dieser in der Uebereilung der ersten 24 Stunden gefaßte Entschluß wieder aufgegeben wird. Außer den rheinischen Landgemeinden haben unter andern die Herren Me- vissen, Hansemann, v. der Heydt, v. Vincke, v. Bockum-Dolffs, Milde, Tschokke, Siclüg die Wahl verweigert. Man sieht wohl schon aus dieser Zusammen¬ stellung , daß die nichtwählenden keineswegs sämmtlich als einer politisch - radicalen Fraction angehörig zu betrachten sind, sondern obwohl in dieser Frage einig, in allgemeinen politischen Prinzipien sehr von einander abweichen, wie z. B. die Hrn. Mevisscn und v. Vincke im Uebrigen keineswegs miteinander harmoniren. Wir hoffen daher, daß man die schon an sich beklagenswerthe Spaltung in der Oppo¬ sition nicht dadurch zu einer dauernden zu machen suchen wird, daß man eine ra- dicale und liberale Fraction einander gegenüberstellt, eine Trennung, die für die jetzigen Verhältnisse viel zu früh käme und deshalb völlig unpassend sein würde. Derartige falschvcrstandene Bestrebungen könnten nur zum Vortheile der Gegen¬ A partei ausschlagen. 3. El» Diner. — Graf von Schwerin. — Die Popularität eines Aristokraten. — Die Fmcuizdeputation. Als Nachtrag zu meinem vorgestrigen Berichte gebe ich Ihnen noch einige Mittheilungen über die Ereignisse der letzten Landtagswoche. Am 24. fand ein großes königliches Diner in Potsdam statt, bei dem diesmal eine weniger strenge Auswahl der Gäste vorherrschte. Außer den Mitgliedern der Herrencurie und den zahlreich eingeladenen Abgeordneten der Regierungspartei, waren auch die Herren von Beckerath, Graf v. Schwerin, Camphausen, v. sanctam zugegen, da¬ gegen kein einziger Unterzeichner der „Deklaration der Rechte." Man schließt hieraus natürlich, daß von allen Demonstrationen der Opposition die Declaration diejenige sei, welche höchsten Ortes am Uebelsten vermerkt worden ist. Die letzten Vorgänge, die Berathungen der zweiten Curie über die aus der Herrencurie zurückgeschickten ständischen Petitionen, so wie die schon weitläuftig von uns besprochenen Ans- schußwahlen haben Mißstimmungen unter den liberalen Abgeordneten hervorgerufen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/593>, abgerufen am 29.06.2024.