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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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groß und würdig als nur immer möglich, auf gemeinsame Kosten im gemeinsamen
Vereine zu errichten. Die übrigen zur Verhandlung gekommenen Fragen waren
von weniger allgemeinem Interesse. Ich erwähne hiervon nur die Relation und
wegen Verbesserung der Landwege eingesetzten Comites, dessen Vorschläge in ih¬
rem ganzen Umfange als sehr zweckmäßig angenommen wurden. >-- Wenn man
das Ergebniß dieses Landtages zusammenfaßt, so kann man es nur ein sehr'be¬
friedigendes nennen, in so fern nicht die aller ständischen Regsamkeit feindliche
Beamtenherrschaft all' das Gute schon im Keime vernichtet, was die Stände so
gerne dem Lande erringen möchten. -->


II.
Aus Brünn.

Der Magistrat und die Gemeinde. -- Der KrankenhauSbeitrag. -- Städtische Militär¬
gebäude. -- Der Commandirende. -- Bcamtenwohnungen.

Auch in Mähren, wie in den übrigen Theilen der- Monarchie wird das Be¬
dürfniß einer freieren Gemeindeverfassung immer allgemeiner und dringender ge¬
suhlt. Denn die unter der Controle des Gouvcrniums stehende Verwaltung des
Gemcindcvermögens durch die von der Regierung ernannten Magistrate hat überall
die Folge gehabt, daß die Magistrate sich als die Besitzer des Stadtvermögens
ansehen, aus dem sie den Bürgern nichts zukommen lassen wollen, obwohl es die
Vorfahren der Bürger waren, welche dieses Vermögen gesammelt haben, (der
Magistrat der Stadt Rokitzen in Böhmen ist vielleicht die einzige Ausnahme,
indem die Communalrenten dazu verwendet werden, daß die Steuern sämmtlicher
Bürger aus ihnen bestritten werden.) In der Regel suchen die Magistrate ans
alle mögliche Art die Commnnaleinkünfte zu vermehren, um Ersparnisse nach¬
weisen, und Zulagen zu ihrer Besoldung erlangen zu können. Darin gehen sie
so weit, daß sie sogar Auflagen, welche aus der Communalkasse bestritten werden
sollten, den Bürgern als außerordentliche Steuer aufbürden. So zahlt hier in
Brünn der Bürger von jedem Gulden der Haussteuer noch zwei Kreuzer, so-
genannnte Zinskreuzcr, an die magistratische Communalkasse, wovon der Eine
Kreuzer von jeher die Bestimmung hatte, die Auslage des Krankenhauses zu
decken. So lauge die zu deckenden Krankenhauscmslagcn geringer waren, als die
Summe der von den Bürgern erhobenen Zinskreuzcr, war der Magistrat ganz
zufrieden; als aber seit einigen Jahren die Krankenhausauslagen bedeutend zu¬
nahmen, und die Zinskreuzer nicht mehr hinreichten, wollte der Magistrat das
Defizit nicht ans der Cvmmunalkasse erstatten, sondern bewirkte es beim Gonver-
nium, daß den Bürgern eine neue Steuer unter dem Namen "KrankenhauSbei¬
trag" aufgelegt wurde; ja, als auf die Vorstellungen mehrerer Bürger die Un¬
rechtmäßigkeit dieser neuen Steuer vom Gvuvernium erkannt wurde, sträubte
sich der Magistrat gegen den Gouvernialaussvruch, und läßt die Bürger fort den
Krankenhausbeitrag bezahlen.

Auf ähnliche Art handelt der Magistrat auch bei den Kasernen und andern


groß und würdig als nur immer möglich, auf gemeinsame Kosten im gemeinsamen
Vereine zu errichten. Die übrigen zur Verhandlung gekommenen Fragen waren
von weniger allgemeinem Interesse. Ich erwähne hiervon nur die Relation und
wegen Verbesserung der Landwege eingesetzten Comites, dessen Vorschläge in ih¬
rem ganzen Umfange als sehr zweckmäßig angenommen wurden. >— Wenn man
das Ergebniß dieses Landtages zusammenfaßt, so kann man es nur ein sehr'be¬
friedigendes nennen, in so fern nicht die aller ständischen Regsamkeit feindliche
Beamtenherrschaft all' das Gute schon im Keime vernichtet, was die Stände so
gerne dem Lande erringen möchten. —>


II.
Aus Brünn.

Der Magistrat und die Gemeinde. — Der KrankenhauSbeitrag. — Städtische Militär¬
gebäude. — Der Commandirende. — Bcamtenwohnungen.

Auch in Mähren, wie in den übrigen Theilen der- Monarchie wird das Be¬
dürfniß einer freieren Gemeindeverfassung immer allgemeiner und dringender ge¬
suhlt. Denn die unter der Controle des Gouvcrniums stehende Verwaltung des
Gemcindcvermögens durch die von der Regierung ernannten Magistrate hat überall
die Folge gehabt, daß die Magistrate sich als die Besitzer des Stadtvermögens
ansehen, aus dem sie den Bürgern nichts zukommen lassen wollen, obwohl es die
Vorfahren der Bürger waren, welche dieses Vermögen gesammelt haben, (der
Magistrat der Stadt Rokitzen in Böhmen ist vielleicht die einzige Ausnahme,
indem die Communalrenten dazu verwendet werden, daß die Steuern sämmtlicher
Bürger aus ihnen bestritten werden.) In der Regel suchen die Magistrate ans
alle mögliche Art die Commnnaleinkünfte zu vermehren, um Ersparnisse nach¬
weisen, und Zulagen zu ihrer Besoldung erlangen zu können. Darin gehen sie
so weit, daß sie sogar Auflagen, welche aus der Communalkasse bestritten werden
sollten, den Bürgern als außerordentliche Steuer aufbürden. So zahlt hier in
Brünn der Bürger von jedem Gulden der Haussteuer noch zwei Kreuzer, so-
genannnte Zinskreuzcr, an die magistratische Communalkasse, wovon der Eine
Kreuzer von jeher die Bestimmung hatte, die Auslage des Krankenhauses zu
decken. So lauge die zu deckenden Krankenhauscmslagcn geringer waren, als die
Summe der von den Bürgern erhobenen Zinskreuzcr, war der Magistrat ganz
zufrieden; als aber seit einigen Jahren die Krankenhausauslagen bedeutend zu¬
nahmen, und die Zinskreuzer nicht mehr hinreichten, wollte der Magistrat das
Defizit nicht ans der Cvmmunalkasse erstatten, sondern bewirkte es beim Gonver-
nium, daß den Bürgern eine neue Steuer unter dem Namen „KrankenhauSbei¬
trag" aufgelegt wurde; ja, als auf die Vorstellungen mehrerer Bürger die Un¬
rechtmäßigkeit dieser neuen Steuer vom Gvuvernium erkannt wurde, sträubte
sich der Magistrat gegen den Gouvernialaussvruch, und läßt die Bürger fort den
Krankenhausbeitrag bezahlen.

Auf ähnliche Art handelt der Magistrat auch bei den Kasernen und andern


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/548>, abgerufen am 29.06.2024.