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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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das Staatsbürger- und Meisterrecht zu erwerben. Noch gefährlicher sind natür¬
lich die Akatholikcn vom Schreib- und Verschleißpersvnal, deren mit besonderer
Verwahrung gedacht ist, so wie auch alle bei der Fabrik beschäftigten Individuen
unter polizeiliche Aufsicht gestellt wurden. Aehnliches ist betreffs einer andern bei
Bozen verfügt. Man glaubt sich fast in die Zeiten des dreißigjährigen Krieges
zurückversetzt, wo ebeu die Verfolgung aller Protestanten durch die Jesuiten recht
in Gang kam, und erbebt beim Gedanken, daß es diese Missionäre des Lichtes
sind, denen die Hut unseres jungen Adels, die Kanzeln der Humanität, die Bil-
trug der Jugend in unserer Provinzialhauvtstadt anvertraut ist.


vu.
Kleine Schriften von Prutz ).

Unter den Schriftstellern, welche sich an den lebendiger" Bewegungen des
deutschen Geistes ans dem politischen und literarischen Gebiete in den letzten Jah¬
ren betheiligt haben, nimmt Prutz eine ehrenwerthe Stelle ein. Ernste philolo¬
gische und historische Studien und eine seltene Elasticität des Geistes bewahrte
ihn vor den Extravaganzen der jungen philosophischen Schule, welcher auch er
angehörte, sie bewahrten ihn vor dem Katzeniammer, in welchem manche seiner
Genossen ihren frühern Grundsätzen und Bestrebungen untreu wurden. So sind
denn die so ebeu erschienenen kleinen Schriften, in welchen Prutz einen Theil sei¬
ner zerstreuten Aufsätze, die früher in Zeitschriften erschienen waren, nach sorg¬
fältiger Umarbeitung nebst einigen noch nicht gedruckten Abhandlungen zu einer
Sammlung vereinigt hat, noch immer voll Interesse sür den Leser; theils als hi¬
storische Documente, welche Fragen und wie diese Fragen auf den Gebieten der
Wissenschaft, der Kunst und des Lebens in den letzten zehn Jahren angeregt und
behandelt worden sind, theils weil darin ein Bildungsstoff verarbeitet wird, dessen
Elemente die Masse der Gebildeten bei weitem noch nicht durchdrungen haben.
Zudem geht in der That (wie der Versasser in der Vorrede sagt) durch alle diese
mannichfaltigen Aufsätze der Faden einer gemeinsamen Ueberzeugung. Die Schwä¬
chen der Zeit und der Nation, die Hindernisse unserer Entwickelung werden über¬
all mit Schärfe kritistrt und mit Offenheit zugestanden; auf der andern Seite
aber werden die in unserer jetzigen Lebensentwickelung schlummernden Keime einer
bessern Zukunft überall nachgewiesen und freudig begrüßt, ohne Eigendünkel und
Selbstgenügsamkeit. Prutz schreibt für ein größeres gebildetes Publicum und seine
theilweise elegante Darstellung mag wohl geeignet sein, ein solches Publicum für
die ernsten Gegenstände zu gewinnen, die hier abgehandelt werden. Vielleicht
nimmt dieses auch an der zu behaglichen Breite keinen Anstoß, mit ^der sich der



Kleine Schvist-n. Zur Politik und Literatur von R. E. Prutz. Merseburg,
Garke 1847. 2 Bde.

das Staatsbürger- und Meisterrecht zu erwerben. Noch gefährlicher sind natür¬
lich die Akatholikcn vom Schreib- und Verschleißpersvnal, deren mit besonderer
Verwahrung gedacht ist, so wie auch alle bei der Fabrik beschäftigten Individuen
unter polizeiliche Aufsicht gestellt wurden. Aehnliches ist betreffs einer andern bei
Bozen verfügt. Man glaubt sich fast in die Zeiten des dreißigjährigen Krieges
zurückversetzt, wo ebeu die Verfolgung aller Protestanten durch die Jesuiten recht
in Gang kam, und erbebt beim Gedanken, daß es diese Missionäre des Lichtes
sind, denen die Hut unseres jungen Adels, die Kanzeln der Humanität, die Bil-
trug der Jugend in unserer Provinzialhauvtstadt anvertraut ist.


vu.
Kleine Schriften von Prutz ).

Unter den Schriftstellern, welche sich an den lebendiger» Bewegungen des
deutschen Geistes ans dem politischen und literarischen Gebiete in den letzten Jah¬
ren betheiligt haben, nimmt Prutz eine ehrenwerthe Stelle ein. Ernste philolo¬
gische und historische Studien und eine seltene Elasticität des Geistes bewahrte
ihn vor den Extravaganzen der jungen philosophischen Schule, welcher auch er
angehörte, sie bewahrten ihn vor dem Katzeniammer, in welchem manche seiner
Genossen ihren frühern Grundsätzen und Bestrebungen untreu wurden. So sind
denn die so ebeu erschienenen kleinen Schriften, in welchen Prutz einen Theil sei¬
ner zerstreuten Aufsätze, die früher in Zeitschriften erschienen waren, nach sorg¬
fältiger Umarbeitung nebst einigen noch nicht gedruckten Abhandlungen zu einer
Sammlung vereinigt hat, noch immer voll Interesse sür den Leser; theils als hi¬
storische Documente, welche Fragen und wie diese Fragen auf den Gebieten der
Wissenschaft, der Kunst und des Lebens in den letzten zehn Jahren angeregt und
behandelt worden sind, theils weil darin ein Bildungsstoff verarbeitet wird, dessen
Elemente die Masse der Gebildeten bei weitem noch nicht durchdrungen haben.
Zudem geht in der That (wie der Versasser in der Vorrede sagt) durch alle diese
mannichfaltigen Aufsätze der Faden einer gemeinsamen Ueberzeugung. Die Schwä¬
chen der Zeit und der Nation, die Hindernisse unserer Entwickelung werden über¬
all mit Schärfe kritistrt und mit Offenheit zugestanden; auf der andern Seite
aber werden die in unserer jetzigen Lebensentwickelung schlummernden Keime einer
bessern Zukunft überall nachgewiesen und freudig begrüßt, ohne Eigendünkel und
Selbstgenügsamkeit. Prutz schreibt für ein größeres gebildetes Publicum und seine
theilweise elegante Darstellung mag wohl geeignet sein, ein solches Publicum für
die ernsten Gegenstände zu gewinnen, die hier abgehandelt werden. Vielleicht
nimmt dieses auch an der zu behaglichen Breite keinen Anstoß, mit ^der sich der



Kleine Schvist-n. Zur Politik und Literatur von R. E. Prutz. Merseburg,
Garke 1847. 2 Bde.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/54>, abgerufen am 29.06.2024.