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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Verfasser öfters in seinen Auseinandersetzungen ergeht. Aber Andern dürfte d:es
weniger zusagen. Was soll z. B. in dem: "Dichter und Krieger" überschnebe-
uen Aussatze über den österreichischen Dichter Hilscher die drei Seiten lange Ein¬
leitung, daß hier weder von Cervantes, noch Lope de Vega, noch von Mendoza,
nicht von Kleist und Körner, noch von den malcontenten Sonette dichtenden Lieu-
tenants unserer Zeit, sondern von einem 1837 in der Garnison zu Mailand le¬
benden österreichischen Unteroffizier die Rede sei. der Gedichte gemacht und den
Byron übersetzt habe')? Sind die ans einer Seite Bd. 2 S. 285 zusammen¬
gestellten Phrasen: "die Verbreitung, deren ihr Name genießt, der Ruf, der sie
schmückt, das Interesse, das sie begleitet", oder: "literarische Leistungen, schrift¬
stellerische Werke" n. s. w. nicht Pleonasmen? Res. glaubt, daß Prutz sehr wohl
thäte, sich künftig etwas mehr zusammen zu halten und gedrängter zu schreibe",
denn bei dem großen Publieum würde er dadurch nichts verlieren und bei Denen,
welche in seinen Schriften mehr als eine gediegnere Unterhaltung zu suchen be¬
rechtigt sind, nur gewinnen.

Es ist uns noch übrig, die Aufsätze beider Bände zu verzeichnen und einige
Bemerkungen beizufügen. Der politischen Aufsätze sind vier: Der nächste Krieg,
Vaterland oder Freiheit? Theologie oder Politik? und über die gegenwärtige
Stellung der Opposition in Deutschland. -- Darunter ist der zweite Aufsatz be¬
sonders interessant. Es ist eine geistvolle und lebenswarme Herzensergicßung
Prutzens gegen seines frühern Kampfgenossen, Ruge's, Lossagung vom Vaterland,
womit er gewiß überall, nur nicht bei Dem Anerkennung finden wird, der es sich
besonders zu Herzen nehmen sollte. -- Der dritte Aussatz enthält eine größten¬
teils treffende Kritik der in jüngster Zeit Alles überwuchernden theologischen Po¬
lemik, und die Aufforderung, seine Landsleute mochten sie, wenn nicht um des
Vaterlandes und der Freiheit, doch wenigstens um des guten Geschmacks
willen aufgeben!

Von den literarischen Aufsätzen mögen die Überschriften genügen, die Auf¬
merksamkeit der Leser zu erregen: Zur Geschichte der deutschen Uebcrsctzungslite-
ratur, besonders Sophokles; über die niederländische Literatur im Verhältnisse zur
deutschen; über Reisen und Rciseliteratur der Deutschen; über die Armuth der ko¬
mischen Literatur, besonders der deutschen; Stellung und Zukunft des historischen
Romans; Nil. Lenau, eine interessante Charakteristik, in welcher der Einfluß des
Magyarismns ans das Leben und Dichten des unglücklichen Dichters nachgewiesen
wird; die politische Poesie; das deutsche Theater; über die Unterhaltungsliteratur,
besonders der Deutschen; Wilhelm Waiblingcr; Dichter und Krieger; Shelley und
die Poesie des Atheismus. Angehängt als Lückenbüßer sind noch zwei Erzählungen.


E. V.

) Jos. Em. Hilschee's Dichtungen, herausgegeben von L. A. Krankt. Pesth "840.

Verfasser öfters in seinen Auseinandersetzungen ergeht. Aber Andern dürfte d:es
weniger zusagen. Was soll z. B. in dem: „Dichter und Krieger" überschnebe-
uen Aussatze über den österreichischen Dichter Hilscher die drei Seiten lange Ein¬
leitung, daß hier weder von Cervantes, noch Lope de Vega, noch von Mendoza,
nicht von Kleist und Körner, noch von den malcontenten Sonette dichtenden Lieu-
tenants unserer Zeit, sondern von einem 1837 in der Garnison zu Mailand le¬
benden österreichischen Unteroffizier die Rede sei. der Gedichte gemacht und den
Byron übersetzt habe')? Sind die ans einer Seite Bd. 2 S. 285 zusammen¬
gestellten Phrasen: „die Verbreitung, deren ihr Name genießt, der Ruf, der sie
schmückt, das Interesse, das sie begleitet", oder: „literarische Leistungen, schrift¬
stellerische Werke" n. s. w. nicht Pleonasmen? Res. glaubt, daß Prutz sehr wohl
thäte, sich künftig etwas mehr zusammen zu halten und gedrängter zu schreibe»,
denn bei dem großen Publieum würde er dadurch nichts verlieren und bei Denen,
welche in seinen Schriften mehr als eine gediegnere Unterhaltung zu suchen be¬
rechtigt sind, nur gewinnen.

Es ist uns noch übrig, die Aufsätze beider Bände zu verzeichnen und einige
Bemerkungen beizufügen. Der politischen Aufsätze sind vier: Der nächste Krieg,
Vaterland oder Freiheit? Theologie oder Politik? und über die gegenwärtige
Stellung der Opposition in Deutschland. — Darunter ist der zweite Aufsatz be¬
sonders interessant. Es ist eine geistvolle und lebenswarme Herzensergicßung
Prutzens gegen seines frühern Kampfgenossen, Ruge's, Lossagung vom Vaterland,
womit er gewiß überall, nur nicht bei Dem Anerkennung finden wird, der es sich
besonders zu Herzen nehmen sollte. — Der dritte Aussatz enthält eine größten¬
teils treffende Kritik der in jüngster Zeit Alles überwuchernden theologischen Po¬
lemik, und die Aufforderung, seine Landsleute mochten sie, wenn nicht um des
Vaterlandes und der Freiheit, doch wenigstens um des guten Geschmacks
willen aufgeben!

Von den literarischen Aufsätzen mögen die Überschriften genügen, die Auf¬
merksamkeit der Leser zu erregen: Zur Geschichte der deutschen Uebcrsctzungslite-
ratur, besonders Sophokles; über die niederländische Literatur im Verhältnisse zur
deutschen; über Reisen und Rciseliteratur der Deutschen; über die Armuth der ko¬
mischen Literatur, besonders der deutschen; Stellung und Zukunft des historischen
Romans; Nil. Lenau, eine interessante Charakteristik, in welcher der Einfluß des
Magyarismns ans das Leben und Dichten des unglücklichen Dichters nachgewiesen
wird; die politische Poesie; das deutsche Theater; über die Unterhaltungsliteratur,
besonders der Deutschen; Wilhelm Waiblingcr; Dichter und Krieger; Shelley und
die Poesie des Atheismus. Angehängt als Lückenbüßer sind noch zwei Erzählungen.


E. V.

) Jos. Em. Hilschee's Dichtungen, herausgegeben von L. A. Krankt. Pesth »840.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/55>, abgerufen am 01.07.2024.