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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Strebungen näher, als die Wiedereinführung der Jesuiten? Natürlich war die
Sache damit noch nicht abgethan, man mußte ihnen freies Spiel gewähren, sie
sollten die schlimmen josephinischen Neuerungen beschränken und uns allmälig auf
den guten alten Stand zurückbringen dürfen. Männer von dieser Farbe scheinen
es gewesen zu sein, die das Decret unserer Studienhofcommissivn vom 16. April
erschlichen, das den Jesuiten gestattet, "die von ihnen besorgten philosophi¬
schen und Gymnasialstudien nach ihrer i-ittio studioi-um einzurichten." Es ist
ihnen zwar zur Pflicht gemacht, sich "an die für öffentliche Schulen bestehenden
oder noch zu erlassenden Vorschriften in der Art zu halten, daß die aus ihren
Schulen Austrctcudcn dasselbe gelernt haben, was in den übrigen Schulen gelehrt
wird, und der Uebertritt von einer dieser Anstalten zur andern ohne Nachtheil
stattfinden kann", aber wie soll sich dies mit ihrer rittic" stuäiorum vereinen,
mit dem Kinde jenes Geistes, dessen wir anfangs erwähnten? Noch tröftlichere
Aussicht gewährt uns die wiederholte Erwähnung ihrer philosophischen Anstalten.
"Wenn der Vortrag in ihren philosophischen Studien", heißt es daselbst weiter,
"lateinisch ist, so sind sie vom Vortrage der lateinischen Philologie,
überhaupt aber vom Vortrage der Religionsphilosophie als eines Obligat¬
studiums der Philosophie enthoben." Somit haben wir in thunlichster Bälde Je¬
suiten sogar auf den Kanzeln der Philosophie zu gewärtigen. Was diese Leute
wohl vom Denken lehren werden? Bekanntlich ist es ihren Novizen verboten,
Fragen über Gott und Freiheit zu erörtern, woraus wir uns auch die Nachsicht
der Religionsphilosophie für ihre Studien erklären mögen.

Die Früchte, welche die Saat der Jesuiten trägt, kommen bei uns immer
erfreulicher zu Tage. Von ihrem Scclsorgs- und anderen Eifer ist schon Man-"
ches in "Steub's drei Sommer in Tyrol" und diesen Blättern berichtet, wir
wollen hier nur des Einflusses erwähnen, den sie bereits ans Fragen des öffent¬
lichen Lebens gewonnen, sie lassen am besten beurtheilen, welches Feld dem Je¬
suitismus bei uns schon eingeräumt ist. Ich berichtete Ihnen unlängst ') von
einer Entschließung der k. k. Hofkanzlei, wodurch zwei Protestantischen Fräuleins
aus Magdeburg der Ankauf der Ruine Kropfsberg gestattet wurde; die Jcsuiten-
partci brachte es dahin, daß die Bewilligung aufgehoben und den Käuferinnen
bedeutet wurde: "daß Dasjenige, was im Zillerthale durch allerhöchste Verord¬
nung vom 12. Januar 1837 den k. k. Unterthanen verboten wurde, eben dort
Protestantischen Ausländern nicht gestattet werden dürft." Schon erschwert man
selbst akatholischen Arbeitern ans den gewerbtreibenden Klassen den Eintritt in
hierländische Fabriken. Die Unternehmer jener in Matrei wußte man zur Erklä¬
rung zu bewegen, keinen dergleichen anzunehmen; sei doch, hieß eS in der an sie
gelangten Zuschrift, nicht sowohl ans technische Geschicklichkeit als auf moralische
Eigenschaften, d. h. den Glanben, zu sehen. Man besorgt sogar, daß diese Leute
unter lauter Katholiken ihre Religionspflichten nicht erfüllen können, da akatholi¬
sche Bethäuser nicht erlaubt seien; anch dürsten sie sich nie schmeicheln, hicrlands



) Siehe Heft 4! des vorigen Jahres.

Strebungen näher, als die Wiedereinführung der Jesuiten? Natürlich war die
Sache damit noch nicht abgethan, man mußte ihnen freies Spiel gewähren, sie
sollten die schlimmen josephinischen Neuerungen beschränken und uns allmälig auf
den guten alten Stand zurückbringen dürfen. Männer von dieser Farbe scheinen
es gewesen zu sein, die das Decret unserer Studienhofcommissivn vom 16. April
erschlichen, das den Jesuiten gestattet, „die von ihnen besorgten philosophi¬
schen und Gymnasialstudien nach ihrer i-ittio studioi-um einzurichten." Es ist
ihnen zwar zur Pflicht gemacht, sich „an die für öffentliche Schulen bestehenden
oder noch zu erlassenden Vorschriften in der Art zu halten, daß die aus ihren
Schulen Austrctcudcn dasselbe gelernt haben, was in den übrigen Schulen gelehrt
wird, und der Uebertritt von einer dieser Anstalten zur andern ohne Nachtheil
stattfinden kann", aber wie soll sich dies mit ihrer rittic» stuäiorum vereinen,
mit dem Kinde jenes Geistes, dessen wir anfangs erwähnten? Noch tröftlichere
Aussicht gewährt uns die wiederholte Erwähnung ihrer philosophischen Anstalten.
„Wenn der Vortrag in ihren philosophischen Studien", heißt es daselbst weiter,
„lateinisch ist, so sind sie vom Vortrage der lateinischen Philologie,
überhaupt aber vom Vortrage der Religionsphilosophie als eines Obligat¬
studiums der Philosophie enthoben." Somit haben wir in thunlichster Bälde Je¬
suiten sogar auf den Kanzeln der Philosophie zu gewärtigen. Was diese Leute
wohl vom Denken lehren werden? Bekanntlich ist es ihren Novizen verboten,
Fragen über Gott und Freiheit zu erörtern, woraus wir uns auch die Nachsicht
der Religionsphilosophie für ihre Studien erklären mögen.

Die Früchte, welche die Saat der Jesuiten trägt, kommen bei uns immer
erfreulicher zu Tage. Von ihrem Scclsorgs- und anderen Eifer ist schon Man-«
ches in „Steub's drei Sommer in Tyrol" und diesen Blättern berichtet, wir
wollen hier nur des Einflusses erwähnen, den sie bereits ans Fragen des öffent¬
lichen Lebens gewonnen, sie lassen am besten beurtheilen, welches Feld dem Je¬
suitismus bei uns schon eingeräumt ist. Ich berichtete Ihnen unlängst ') von
einer Entschließung der k. k. Hofkanzlei, wodurch zwei Protestantischen Fräuleins
aus Magdeburg der Ankauf der Ruine Kropfsberg gestattet wurde; die Jcsuiten-
partci brachte es dahin, daß die Bewilligung aufgehoben und den Käuferinnen
bedeutet wurde: „daß Dasjenige, was im Zillerthale durch allerhöchste Verord¬
nung vom 12. Januar 1837 den k. k. Unterthanen verboten wurde, eben dort
Protestantischen Ausländern nicht gestattet werden dürft." Schon erschwert man
selbst akatholischen Arbeitern ans den gewerbtreibenden Klassen den Eintritt in
hierländische Fabriken. Die Unternehmer jener in Matrei wußte man zur Erklä¬
rung zu bewegen, keinen dergleichen anzunehmen; sei doch, hieß eS in der an sie
gelangten Zuschrift, nicht sowohl ans technische Geschicklichkeit als auf moralische
Eigenschaften, d. h. den Glanben, zu sehen. Man besorgt sogar, daß diese Leute
unter lauter Katholiken ihre Religionspflichten nicht erfüllen können, da akatholi¬
sche Bethäuser nicht erlaubt seien; anch dürsten sie sich nie schmeicheln, hicrlands



) Siehe Heft 4! des vorigen Jahres.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/53>, abgerufen am 01.07.2024.