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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Die böhmischen Stände gegen die Censur.
Vertrag des Fürsten Lamberg *).

Es ist mir wirklich unbegreiflich, welche Ursachen es gewesen sein moch¬
ten, die unsere hohe Negierung bewogen haben, die Drucklegung der Ein-
führuugs-Modalitäten in den Landtag nicht zu genehmigen. Es scheint sast,
daß überhaupt der Grundsatz gelte, daß es besser wäre, wenn lieber gar
nichts gedruckt würde, als höchstens Kundmachungs-Patente, Steckbriefe,
Börsenzettel und dergleichen. Ist denn aber ein solcher Grundsatz in dein
gegenwärtigen Zeitpunkt noch haltbar, wo die verbotene Waare des Gedan¬
kens bei den erleichterten Cvmmuuicatious - Mitteln mit galvanischer Schnel¬
ligkeit vou einem Endpunkte der Monarchie sich bis zum andern verbreitet?
Führt nicht dieses System grade zu den entgegengesetzten Ziele, als welches
die hohe Negierung beabsichtigt, nämlich dahin, daß der große Wust von
Schriften, welcher unsere Verhältnisse und unsere Regierung oft tadelnd be¬
spricht, nur mit um so größerem Eifer und dem Reize einer verbotenen
Frucht gelesen werde, während die hohe Regierung durch ihre eiserne Cen¬
sur-Strenge sich selbst des Mittels beraubt, diesen oft irrigen Anklagen be¬
richtigend zu antworten. -- Unsere inländischen Journale und Druckschriften
vermögen nicht die Sache der Regierung zu vertreten, weil ihr politischer
Theil nicht gelesen wird, und so sah sich denn die hohe Staats-Verwaltung
gezwungen, durch auswärtige Organe zu ihren Völkern zu sprechen, eine
Augsburger Zeitung ward besonders erkohren, die Ansichten unserer Regie¬
rung zu vertreten, und den feindlichen Angriffen der Ausländer-Presse zu
begegnen, allein die Stimmung des großen Publikums ist schon der Art,



') Nachdem gothaischen Almanach: FürstGustav Joachim Lamberg, geb.den2I. Dec.
1812, Obersterblandkämmerer und Oberstlanbjägermeister im Lande ob der Ens, Oberst¬
erblandstallmeister in Krain und in der windischen Mark, Grand von Spanien und Ca-
stilien erster Classe, Magnat in Ungarn, Freiherr von Artenegg und Ottenstein, Besitzer
der Herrschaften Steuer, Weyer, Steinbach, Götzendorf, Alhardtsberg und Blanken in
Oesterreich; Schichcwitz, Schiobetz, Rapp und Budietitz in Böhmen; Kützbüchel, Kabs-
burg, Lebenberg und Mürichau in Tirol.
Grcnzlwlcn. II. 1847.
Die böhmischen Stände gegen die Censur.
Vertrag des Fürsten Lamberg *).

Es ist mir wirklich unbegreiflich, welche Ursachen es gewesen sein moch¬
ten, die unsere hohe Negierung bewogen haben, die Drucklegung der Ein-
führuugs-Modalitäten in den Landtag nicht zu genehmigen. Es scheint sast,
daß überhaupt der Grundsatz gelte, daß es besser wäre, wenn lieber gar
nichts gedruckt würde, als höchstens Kundmachungs-Patente, Steckbriefe,
Börsenzettel und dergleichen. Ist denn aber ein solcher Grundsatz in dein
gegenwärtigen Zeitpunkt noch haltbar, wo die verbotene Waare des Gedan¬
kens bei den erleichterten Cvmmuuicatious - Mitteln mit galvanischer Schnel¬
ligkeit vou einem Endpunkte der Monarchie sich bis zum andern verbreitet?
Führt nicht dieses System grade zu den entgegengesetzten Ziele, als welches
die hohe Negierung beabsichtigt, nämlich dahin, daß der große Wust von
Schriften, welcher unsere Verhältnisse und unsere Regierung oft tadelnd be¬
spricht, nur mit um so größerem Eifer und dem Reize einer verbotenen
Frucht gelesen werde, während die hohe Regierung durch ihre eiserne Cen¬
sur-Strenge sich selbst des Mittels beraubt, diesen oft irrigen Anklagen be¬
richtigend zu antworten. — Unsere inländischen Journale und Druckschriften
vermögen nicht die Sache der Regierung zu vertreten, weil ihr politischer
Theil nicht gelesen wird, und so sah sich denn die hohe Staats-Verwaltung
gezwungen, durch auswärtige Organe zu ihren Völkern zu sprechen, eine
Augsburger Zeitung ward besonders erkohren, die Ansichten unserer Regie¬
rung zu vertreten, und den feindlichen Angriffen der Ausländer-Presse zu
begegnen, allein die Stimmung des großen Publikums ist schon der Art,



') Nachdem gothaischen Almanach: FürstGustav Joachim Lamberg, geb.den2I. Dec.
1812, Obersterblandkämmerer und Oberstlanbjägermeister im Lande ob der Ens, Oberst¬
erblandstallmeister in Krain und in der windischen Mark, Grand von Spanien und Ca-
stilien erster Classe, Magnat in Ungarn, Freiherr von Artenegg und Ottenstein, Besitzer
der Herrschaften Steuer, Weyer, Steinbach, Götzendorf, Alhardtsberg und Blanken in
Oesterreich; Schichcwitz, Schiobetz, Rapp und Budietitz in Böhmen; Kützbüchel, Kabs-
burg, Lebenberg und Mürichau in Tirol.
Grcnzlwlcn. II. 1847.
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[0425] Die böhmischen Stände gegen die Censur. Vertrag des Fürsten Lamberg *). Es ist mir wirklich unbegreiflich, welche Ursachen es gewesen sein moch¬ ten, die unsere hohe Negierung bewogen haben, die Drucklegung der Ein- führuugs-Modalitäten in den Landtag nicht zu genehmigen. Es scheint sast, daß überhaupt der Grundsatz gelte, daß es besser wäre, wenn lieber gar nichts gedruckt würde, als höchstens Kundmachungs-Patente, Steckbriefe, Börsenzettel und dergleichen. Ist denn aber ein solcher Grundsatz in dein gegenwärtigen Zeitpunkt noch haltbar, wo die verbotene Waare des Gedan¬ kens bei den erleichterten Cvmmuuicatious - Mitteln mit galvanischer Schnel¬ ligkeit vou einem Endpunkte der Monarchie sich bis zum andern verbreitet? Führt nicht dieses System grade zu den entgegengesetzten Ziele, als welches die hohe Negierung beabsichtigt, nämlich dahin, daß der große Wust von Schriften, welcher unsere Verhältnisse und unsere Regierung oft tadelnd be¬ spricht, nur mit um so größerem Eifer und dem Reize einer verbotenen Frucht gelesen werde, während die hohe Regierung durch ihre eiserne Cen¬ sur-Strenge sich selbst des Mittels beraubt, diesen oft irrigen Anklagen be¬ richtigend zu antworten. — Unsere inländischen Journale und Druckschriften vermögen nicht die Sache der Regierung zu vertreten, weil ihr politischer Theil nicht gelesen wird, und so sah sich denn die hohe Staats-Verwaltung gezwungen, durch auswärtige Organe zu ihren Völkern zu sprechen, eine Augsburger Zeitung ward besonders erkohren, die Ansichten unserer Regie¬ rung zu vertreten, und den feindlichen Angriffen der Ausländer-Presse zu begegnen, allein die Stimmung des großen Publikums ist schon der Art, ') Nachdem gothaischen Almanach: FürstGustav Joachim Lamberg, geb.den2I. Dec. 1812, Obersterblandkämmerer und Oberstlanbjägermeister im Lande ob der Ens, Oberst¬ erblandstallmeister in Krain und in der windischen Mark, Grand von Spanien und Ca- stilien erster Classe, Magnat in Ungarn, Freiherr von Artenegg und Ottenstein, Besitzer der Herrschaften Steuer, Weyer, Steinbach, Götzendorf, Alhardtsberg und Blanken in Oesterreich; Schichcwitz, Schiobetz, Rapp und Budietitz in Böhmen; Kützbüchel, Kabs- burg, Lebenberg und Mürichau in Tirol. Grcnzlwlcn. II. 1847.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/425>, abgerufen am 29.06.2024.