Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.arbeiten, möge sie allmälig die Kluft füllen, welche zwischen der geistigen Ent¬ Eins muß man Oesterreich nachrühmen, wenn es ein Institut ins Leben 1- l- V. Der Polcnprozcß. Es hat Verwunderung erregt, daß unter den neu ernannten Mitgliedern arbeiten, möge sie allmälig die Kluft füllen, welche zwischen der geistigen Ent¬ Eins muß man Oesterreich nachrühmen, wenn es ein Institut ins Leben 1- l- V. Der Polcnprozcß. Es hat Verwunderung erregt, daß unter den neu ernannten Mitgliedern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272265"/> <p xml:id="ID_1277" prev="#ID_1276"> arbeiten, möge sie allmälig die Kluft füllen, welche zwischen der geistigen Ent¬<lb/> wickelung Preußens und Oesterreichs herrscht und welche unserm Nachbarstaate<lb/> ein so großes Uebergewicht über uns gibt, daß er an moralischer Macht reichlich<lb/> das ersetzt, um was er an geographischer und an der Zahl der Einwohner uns<lb/> nachsteht.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1278"> Eins muß man Oesterreich nachrühmen, wenn es ein Institut ins Leben<lb/> ruft, so spart und knickert es nicht dabei, sondern stattet es mit einer, einem großen<lb/> Staate würdigen Munificenz ans; wir haben dieses trotz aller Finanzverlegenheiten zu<lb/> wiederholten Malen bei Errichtung der Staatseiscnbahn, des Triester Lvyd, der<lb/> Industrieausstellung, aus materiellem Gebiete gesehen und wir freuen uns, daß<lb/> man im geistigen Kreise eben so zu Werke geht. Die neue Akademie ist mit<lb/> wahrhaft kaiserlicher Munificenz ausgestattet; 40,000 Fi. C.-M. (über 100,000<lb/> Franken) sind ihr jährlich angewiesen und überdies freie Benutzung der Staatsdruckerei.<lb/> Schade, daß von dieser Summe ein Betrag von !>,500 Fi. so nutzlos sür die<lb/> beiden Präsidenten verschwendet wird. Daß die beiden Sccrctärc der Akademie<lb/> eine reichliche Besoldung genießen, ist nichts als billig, denn ihnen fallt gewöhn¬<lb/> lich der größte Theil der Arbeit zu, und diese Stellen werden daher überall<lb/> dnrch Gelehrte besetzt, die zugleich tüchtige und fleißige Arbeiter sind und des<lb/> Gehaltes bedürfen; nicht so ist es mit den Präsidenten und Vicepräsidenten; diese<lb/> beiden Ehrenstellen fallen gewöhnlich aus Männer, die bereits anderweitig im Amt<lb/> und in der Gesellschaft eine gesicherte und glänzende Position einnehmen. Zudem<lb/> verliert der Präsident durch den ihm zugestandenen Gehalt die sreie Würde des<lb/> selbstständigen Mannes der Wissenschaft, er wird ein Beamte und indem er die<lb/> Ehre genießt über die gewöhnlichen Akademiemitglieder gesetzt zu werden, wird<lb/> er doch zugleich uuter sie gestellt, indem diese ans Uneigennützigst und blos im<lb/> Interesse der Wissenschaft deu akademischen Beruf verfolgen. Wir sehen in dieser<lb/> Gchaltsverlcihung an den Präsidenten eine wunde Seite der künftigen Akademie<lb/> voraus, eine Veranlassung von vielerlei Intriguen und Achsclträgercicn, und von<lb/> Herzen wünschen wir, daß wenn die Vermögensverhältnisse der künftigen Präsi¬<lb/> denten — wir haben in diesem Augenblicke, wo wir dies niederschreiben, keine<lb/> Ahnung, wer dazu gewählt wird -...... es ihm irgendwie erlauben, er aus das'<lb/> Gehalt Verzicht leiste, welchen ihm die Statuten zusichern.</p><lb/> <note type="byline"> 1- l-</note><lb/> </div> <div n="2"> <head> V.<lb/> Der Polcnprozcß.</head><lb/> <p xml:id="ID_1279" next="#ID_1280"> Es hat Verwunderung erregt, daß unter den neu ernannten Mitgliedern<lb/> unserer neuen Akademie kein einziger Pole sich befindet. Wir können nicht glau¬<lb/> ben, daß der Gelehrtenstand in Galizien auf so schwachen Füßen steht, um nicht<lb/> wenigstens einen der Repräsentanten an das kaiserliche Institut liefern zu können,<lb/> unter dessen Mitgliedern sich ohnehin mancher Solitair befindet, der keineswegs<lb/> vom reinsten Wasser ist. Sie begreifen, daß eine Mißstimmung in unsern höch¬<lb/> sten Kreisen gegen eine Provinz herrscht, die auf eine so leichtsinnige und wahr-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
arbeiten, möge sie allmälig die Kluft füllen, welche zwischen der geistigen Ent¬
wickelung Preußens und Oesterreichs herrscht und welche unserm Nachbarstaate
ein so großes Uebergewicht über uns gibt, daß er an moralischer Macht reichlich
das ersetzt, um was er an geographischer und an der Zahl der Einwohner uns
nachsteht.'
Eins muß man Oesterreich nachrühmen, wenn es ein Institut ins Leben
ruft, so spart und knickert es nicht dabei, sondern stattet es mit einer, einem großen
Staate würdigen Munificenz ans; wir haben dieses trotz aller Finanzverlegenheiten zu
wiederholten Malen bei Errichtung der Staatseiscnbahn, des Triester Lvyd, der
Industrieausstellung, aus materiellem Gebiete gesehen und wir freuen uns, daß
man im geistigen Kreise eben so zu Werke geht. Die neue Akademie ist mit
wahrhaft kaiserlicher Munificenz ausgestattet; 40,000 Fi. C.-M. (über 100,000
Franken) sind ihr jährlich angewiesen und überdies freie Benutzung der Staatsdruckerei.
Schade, daß von dieser Summe ein Betrag von !>,500 Fi. so nutzlos sür die
beiden Präsidenten verschwendet wird. Daß die beiden Sccrctärc der Akademie
eine reichliche Besoldung genießen, ist nichts als billig, denn ihnen fallt gewöhn¬
lich der größte Theil der Arbeit zu, und diese Stellen werden daher überall
dnrch Gelehrte besetzt, die zugleich tüchtige und fleißige Arbeiter sind und des
Gehaltes bedürfen; nicht so ist es mit den Präsidenten und Vicepräsidenten; diese
beiden Ehrenstellen fallen gewöhnlich aus Männer, die bereits anderweitig im Amt
und in der Gesellschaft eine gesicherte und glänzende Position einnehmen. Zudem
verliert der Präsident durch den ihm zugestandenen Gehalt die sreie Würde des
selbstständigen Mannes der Wissenschaft, er wird ein Beamte und indem er die
Ehre genießt über die gewöhnlichen Akademiemitglieder gesetzt zu werden, wird
er doch zugleich uuter sie gestellt, indem diese ans Uneigennützigst und blos im
Interesse der Wissenschaft deu akademischen Beruf verfolgen. Wir sehen in dieser
Gchaltsverlcihung an den Präsidenten eine wunde Seite der künftigen Akademie
voraus, eine Veranlassung von vielerlei Intriguen und Achsclträgercicn, und von
Herzen wünschen wir, daß wenn die Vermögensverhältnisse der künftigen Präsi¬
denten — wir haben in diesem Augenblicke, wo wir dies niederschreiben, keine
Ahnung, wer dazu gewählt wird -...... es ihm irgendwie erlauben, er aus das'
Gehalt Verzicht leiste, welchen ihm die Statuten zusichern.
1- l-
V.
Der Polcnprozcß.
Es hat Verwunderung erregt, daß unter den neu ernannten Mitgliedern
unserer neuen Akademie kein einziger Pole sich befindet. Wir können nicht glau¬
ben, daß der Gelehrtenstand in Galizien auf so schwachen Füßen steht, um nicht
wenigstens einen der Repräsentanten an das kaiserliche Institut liefern zu können,
unter dessen Mitgliedern sich ohnehin mancher Solitair befindet, der keineswegs
vom reinsten Wasser ist. Sie begreifen, daß eine Mißstimmung in unsern höch¬
sten Kreisen gegen eine Provinz herrscht, die auf eine so leichtsinnige und wahr-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |