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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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im Ganzen schneller wählen und gerade hier im Einzelnen noch merklichere Ab¬
wechselung, mehr Schatten und Licht anbringen müssen. Es fehlt seinem Vor¬
lesen Nuance und Colorit, und besonders störend ist es, daß er viele Schlu߬
worte mitunter gänzlich verschluckt. Doch waren die beiden letzten Vorlesungen
gelungener als die erste; und zum Theil durste wohl auch der geringe Anklang
und Beifall, welchen jener Versuch gefunden hat, der Ungunst des gewählten
Locals, ein viel zu hoher Raum, beizumessen sein. Wir wunderten uns übrigens,
als besondern Begünstiger dieses Unternehmens, unsern Dramaturgen, Dr. Gutz-
kow, auftreten zu sehen, da er der dramatischen Vorlesung überhaupt abhold
sein soll, und in seinem Gespräche über Thcatcrschule", das im Rheinischen
Jahrbuche für das Jahr 1846 abgedruckt ward, mit "dem berliner Professor"
der Dramaturgie nicht eben glimpflich umgesprungen ist. Das Theater über¬
schwemmt Dr. Gutzkow seit einiger Zeit mit einer Gattung so untcrmittelmäßigcr
Gäste, daß man ihm bereits nach dem zweiten ein ,,OI>v! j-im finis!" hätte zu¬
rufen mögen. Was er eigentlich mit diesem Experimente ans die Tragkraft der
Geduld unsres Publikums beabsichtigt, läßt sich in der That nicht absehen; nur
die Casse wird nicht eben Schwcscläthercmpfindungcn davon haben. Frl. Bayer
gastirt gegenwärtig in Stuttgart mit einem eben so ""gewöhnlichen, als gewiß
verdienten Beifall; und wir haben am Ende Grund zu fürchten, daß sie unsrer
Bühne dorthin entzogen werden wird -- ein Verlust, der bei dem gegenwärtige"
Bestände der künstlerischen Kapacitäten des deutschen Theaters geradehin ein un¬
ersetzlicher sein würde. Eduard Devrient ist in diesen Tagen nach Wien gereist.


E P
V.
Antiständisches aus Böhmen.

Die Redaction dieser Blätter hat in Heft I " den Fehdehandschuh für uns
aufgenommen, welchen el" Corrcspo"denk der Kölnischen Zeitung uus hinwarf;
auch wir selbst jedoch müsse" den Handschuh ""mittelbar aufnehme", indem mir
ein Wort zur Verständigung in diesen Blatter" niederlegen, über den Standpunkt,
von welchem wir bei Beurtheilung ständischer Verhältnisse i" Böhme" Pflicht- wie
sachgemäß ausgehen.

Uns zu rechtfertige" gegen de" implicite", anch schon anderswo - Oester¬
reichs Zukunft, 2r. Theil - - angedeutete" Vorw"rf, es sei ""fere Beurthcilungs-
wcise eine hohen Ortes angeordnete, und wir gewissermaßen Miethgäulc des
Beamtenthums - - halte" wir u"ter "nscrcr Würde, wie unter der Würde ge¬
sunden Me"sche"verstaudes der Leser dieser Blätter, an welchen wir appelliren,
und es genügt wohl vollkommen an dieser Appellation, die Ansicht "ugcsuudeu
Verstandes dagegc" bleibt uns durchaus indifferent, auch wollen wir uns nicht
vermessen, unheilbares zu curiren.

Die Korrespondenz "von 1"!'" - Hast > <' greift uns hart an, nennt
unsere Ansichten kaiiderwälsch. verdächtiget uns als verkappte Radicale n. s. w.
, -- wir nehme" das ruhig hin und legen es zu dem übrige", fragen aber alle


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im Ganzen schneller wählen und gerade hier im Einzelnen noch merklichere Ab¬
wechselung, mehr Schatten und Licht anbringen müssen. Es fehlt seinem Vor¬
lesen Nuance und Colorit, und besonders störend ist es, daß er viele Schlu߬
worte mitunter gänzlich verschluckt. Doch waren die beiden letzten Vorlesungen
gelungener als die erste; und zum Theil durste wohl auch der geringe Anklang
und Beifall, welchen jener Versuch gefunden hat, der Ungunst des gewählten
Locals, ein viel zu hoher Raum, beizumessen sein. Wir wunderten uns übrigens,
als besondern Begünstiger dieses Unternehmens, unsern Dramaturgen, Dr. Gutz-
kow, auftreten zu sehen, da er der dramatischen Vorlesung überhaupt abhold
sein soll, und in seinem Gespräche über Thcatcrschule», das im Rheinischen
Jahrbuche für das Jahr 1846 abgedruckt ward, mit „dem berliner Professor"
der Dramaturgie nicht eben glimpflich umgesprungen ist. Das Theater über¬
schwemmt Dr. Gutzkow seit einiger Zeit mit einer Gattung so untcrmittelmäßigcr
Gäste, daß man ihm bereits nach dem zweiten ein ,,OI>v! j-im finis!" hätte zu¬
rufen mögen. Was er eigentlich mit diesem Experimente ans die Tragkraft der
Geduld unsres Publikums beabsichtigt, läßt sich in der That nicht absehen; nur
die Casse wird nicht eben Schwcscläthercmpfindungcn davon haben. Frl. Bayer
gastirt gegenwärtig in Stuttgart mit einem eben so »»gewöhnlichen, als gewiß
verdienten Beifall; und wir haben am Ende Grund zu fürchten, daß sie unsrer
Bühne dorthin entzogen werden wird — ein Verlust, der bei dem gegenwärtige»
Bestände der künstlerischen Kapacitäten des deutschen Theaters geradehin ein un¬
ersetzlicher sein würde. Eduard Devrient ist in diesen Tagen nach Wien gereist.


E P
V.
Antiständisches aus Böhmen.

Die Redaction dieser Blätter hat in Heft I « den Fehdehandschuh für uns
aufgenommen, welchen el» Corrcspo»denk der Kölnischen Zeitung uus hinwarf;
auch wir selbst jedoch müsse» den Handschuh »»mittelbar aufnehme», indem mir
ein Wort zur Verständigung in diesen Blatter» niederlegen, über den Standpunkt,
von welchem wir bei Beurtheilung ständischer Verhältnisse i» Böhme» Pflicht- wie
sachgemäß ausgehen.

Uns zu rechtfertige» gegen de» implicite», anch schon anderswo - Oester¬
reichs Zukunft, 2r. Theil - - angedeutete» Vorw»rf, es sei »»fere Beurthcilungs-
wcise eine hohen Ortes angeordnete, und wir gewissermaßen Miethgäulc des
Beamtenthums - - halte» wir u»ter »nscrcr Würde, wie unter der Würde ge¬
sunden Me»sche»verstaudes der Leser dieser Blätter, an welchen wir appelliren,
und es genügt wohl vollkommen an dieser Appellation, die Ansicht »ugcsuudeu
Verstandes dagegc» bleibt uns durchaus indifferent, auch wollen wir uns nicht
vermessen, unheilbares zu curiren.

Die Korrespondenz „von 1"!'" - Hast > <' greift uns hart an, nennt
unsere Ansichten kaiiderwälsch. verdächtiget uns als verkappte Radicale n. s. w.
, — wir nehme» das ruhig hin und legen es zu dem übrige», fragen aber alle


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[0231] im Ganzen schneller wählen und gerade hier im Einzelnen noch merklichere Ab¬ wechselung, mehr Schatten und Licht anbringen müssen. Es fehlt seinem Vor¬ lesen Nuance und Colorit, und besonders störend ist es, daß er viele Schlu߬ worte mitunter gänzlich verschluckt. Doch waren die beiden letzten Vorlesungen gelungener als die erste; und zum Theil durste wohl auch der geringe Anklang und Beifall, welchen jener Versuch gefunden hat, der Ungunst des gewählten Locals, ein viel zu hoher Raum, beizumessen sein. Wir wunderten uns übrigens, als besondern Begünstiger dieses Unternehmens, unsern Dramaturgen, Dr. Gutz- kow, auftreten zu sehen, da er der dramatischen Vorlesung überhaupt abhold sein soll, und in seinem Gespräche über Thcatcrschule», das im Rheinischen Jahrbuche für das Jahr 1846 abgedruckt ward, mit „dem berliner Professor" der Dramaturgie nicht eben glimpflich umgesprungen ist. Das Theater über¬ schwemmt Dr. Gutzkow seit einiger Zeit mit einer Gattung so untcrmittelmäßigcr Gäste, daß man ihm bereits nach dem zweiten ein ,,OI>v! j-im finis!" hätte zu¬ rufen mögen. Was er eigentlich mit diesem Experimente ans die Tragkraft der Geduld unsres Publikums beabsichtigt, läßt sich in der That nicht absehen; nur die Casse wird nicht eben Schwcscläthercmpfindungcn davon haben. Frl. Bayer gastirt gegenwärtig in Stuttgart mit einem eben so »»gewöhnlichen, als gewiß verdienten Beifall; und wir haben am Ende Grund zu fürchten, daß sie unsrer Bühne dorthin entzogen werden wird — ein Verlust, der bei dem gegenwärtige» Bestände der künstlerischen Kapacitäten des deutschen Theaters geradehin ein un¬ ersetzlicher sein würde. Eduard Devrient ist in diesen Tagen nach Wien gereist. E P V. Antiständisches aus Böhmen. Die Redaction dieser Blätter hat in Heft I « den Fehdehandschuh für uns aufgenommen, welchen el» Corrcspo»denk der Kölnischen Zeitung uus hinwarf; auch wir selbst jedoch müsse» den Handschuh »»mittelbar aufnehme», indem mir ein Wort zur Verständigung in diesen Blatter» niederlegen, über den Standpunkt, von welchem wir bei Beurtheilung ständischer Verhältnisse i» Böhme» Pflicht- wie sachgemäß ausgehen. Uns zu rechtfertige» gegen de» implicite», anch schon anderswo - Oester¬ reichs Zukunft, 2r. Theil - - angedeutete» Vorw»rf, es sei »»fere Beurthcilungs- wcise eine hohen Ortes angeordnete, und wir gewissermaßen Miethgäulc des Beamtenthums - - halte» wir u»ter »nscrcr Würde, wie unter der Würde ge¬ sunden Me»sche»verstaudes der Leser dieser Blätter, an welchen wir appelliren, und es genügt wohl vollkommen an dieser Appellation, die Ansicht »ugcsuudeu Verstandes dagegc» bleibt uns durchaus indifferent, auch wollen wir uns nicht vermessen, unheilbares zu curiren. Die Korrespondenz „von 1"!'" - Hast > <' greift uns hart an, nennt unsere Ansichten kaiiderwälsch. verdächtiget uns als verkappte Radicale n. s. w. , — wir nehme» das ruhig hin und legen es zu dem übrige», fragen aber alle 29*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/231>, abgerufen am 29.06.2024.