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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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der westlichen Provinzen nicht verglichen werden. Seinen sonst eindrucksvoller
Reden fehlt sowohl in Form als im Bortrage Politur und Feinheit. Ein Ta¬
lent, obwohl noch nicht klar zu beurtheilen, ist der Fürst von Lvchnowski. Die
Pommern besitzen in dem Grafen v. Schwerin einen guten Redner, der seine
Gedanken in klarer und hurtiger Weise auszudrücken versteht. Von den Poscn-
schen Deputirten hat Herr Naumann, Oberbürgermeister von Posen, den Erwar¬
tungen, die man von ihm hegte, nicht entsprochen. Seine Haltung ist eben so
unklar, als seine Reden. Den Deputaten der Ritterschaft dieser Provinz man¬
gelt schon die gnügendc Herrschaft über die Sprache, um als Redner Bedeutendes
zu leisten. Doch ist Herr v. Kraszcwski nicht ohne Erfolg aufgetreten. Die
Preußen haben ihren großen Ruf bis jetzt noch nicht genügend gerechtfertigt.
Jedoch hat Herr v. Auerswald steh als eines der einflußreichsten Mitglieder des
Landtags gezeigt. Er verbindet Feinheit und Mäßigung der Rede mit großer
Gewandheit, Geistesgegenwart und Schärft der Dialektik. In der Versammlung
ist sein Auftreten stets von Erfolg. Höchst ungerechter Weise ist von der radi¬
kalen Seite her die Festigkeit seiner Gesinnung verdächtigt worden. Die Folge
wird die Grundlosigkeit dieser Begriffe beweisen. Die Herren v. Brüuneck, v. Bar-
deleben und v. Saucken-Tarputschen sind bis jetzt von den übrigen preußischen
Abgeordneten die, welche noch am häufigsten aufgetreten sind.


D....
III.
Aus Schwerin.

Die Stadt und ihre Umgebungen. -- Neue Bauten. -- Straßenleben. -- Geselligkeit.--
Geistige Ohnmacht. -- Theater.

Häufige Correspondenzberichte aus Schwerin dürften für den Schreiber, wie
für die Leser gleich ermüdend sein; so einmal aber mag es zur Abwechselung
wohl hingehen. Will man Schwerin mit strenger Gerechtigkeit loben, und da
es meine Vaterstadt ist, mochte ich dies gern thun, so muß man sich an dessen
Aeußeres und gar an seine Umgebung halten. Letztere ist in der That überaus
reizend. Dies wurde mir er'se recht klar, als ich dieselbe nach mehrjährigen Rei¬
sen jüngst wieder erblickte. Eine Kette großer klarer Seen, mit lachenden Ufern
umschließt fast den ganzen Ort. Die Kunst hat es verstanden, diese Vorzüge der
Ratnr zu benutzen, und geschmackvolle parkartigc Anlagen ziehen sich an den Sei¬
ten der Stadt oft über eine halbe Meile weit fort, und begrüßen den Wanderer,
der von Berlin und Rostock kommt auf das freundlichste. Laub- und Nadelhöl¬
zer, mit verschlungenen Pfaden durchhauen, große, gut erhaltene Rasenplätze, Blu¬
mengärten aller Art, Treibhäuser, Pavillons ans kleinen Hügeln, von denen man
manche überraschende Aussicht hat, wechseln mit dem klaren Gewässer der vielen
Seen ans wohlthuende Weise. Geschmackvolle Landhäuser mit hübschen Privat¬
gärten, unter denen besonders die neuerbaute "Paulshvhe" des Generals von
Elderhorst rühmend zu nennen ist, liegen zerstreut umher und geben so dem


der westlichen Provinzen nicht verglichen werden. Seinen sonst eindrucksvoller
Reden fehlt sowohl in Form als im Bortrage Politur und Feinheit. Ein Ta¬
lent, obwohl noch nicht klar zu beurtheilen, ist der Fürst von Lvchnowski. Die
Pommern besitzen in dem Grafen v. Schwerin einen guten Redner, der seine
Gedanken in klarer und hurtiger Weise auszudrücken versteht. Von den Poscn-
schen Deputirten hat Herr Naumann, Oberbürgermeister von Posen, den Erwar¬
tungen, die man von ihm hegte, nicht entsprochen. Seine Haltung ist eben so
unklar, als seine Reden. Den Deputaten der Ritterschaft dieser Provinz man¬
gelt schon die gnügendc Herrschaft über die Sprache, um als Redner Bedeutendes
zu leisten. Doch ist Herr v. Kraszcwski nicht ohne Erfolg aufgetreten. Die
Preußen haben ihren großen Ruf bis jetzt noch nicht genügend gerechtfertigt.
Jedoch hat Herr v. Auerswald steh als eines der einflußreichsten Mitglieder des
Landtags gezeigt. Er verbindet Feinheit und Mäßigung der Rede mit großer
Gewandheit, Geistesgegenwart und Schärft der Dialektik. In der Versammlung
ist sein Auftreten stets von Erfolg. Höchst ungerechter Weise ist von der radi¬
kalen Seite her die Festigkeit seiner Gesinnung verdächtigt worden. Die Folge
wird die Grundlosigkeit dieser Begriffe beweisen. Die Herren v. Brüuneck, v. Bar-
deleben und v. Saucken-Tarputschen sind bis jetzt von den übrigen preußischen
Abgeordneten die, welche noch am häufigsten aufgetreten sind.


D....
III.
Aus Schwerin.

Die Stadt und ihre Umgebungen. — Neue Bauten. — Straßenleben. — Geselligkeit.—
Geistige Ohnmacht. — Theater.

Häufige Correspondenzberichte aus Schwerin dürften für den Schreiber, wie
für die Leser gleich ermüdend sein; so einmal aber mag es zur Abwechselung
wohl hingehen. Will man Schwerin mit strenger Gerechtigkeit loben, und da
es meine Vaterstadt ist, mochte ich dies gern thun, so muß man sich an dessen
Aeußeres und gar an seine Umgebung halten. Letztere ist in der That überaus
reizend. Dies wurde mir er'se recht klar, als ich dieselbe nach mehrjährigen Rei¬
sen jüngst wieder erblickte. Eine Kette großer klarer Seen, mit lachenden Ufern
umschließt fast den ganzen Ort. Die Kunst hat es verstanden, diese Vorzüge der
Ratnr zu benutzen, und geschmackvolle parkartigc Anlagen ziehen sich an den Sei¬
ten der Stadt oft über eine halbe Meile weit fort, und begrüßen den Wanderer,
der von Berlin und Rostock kommt auf das freundlichste. Laub- und Nadelhöl¬
zer, mit verschlungenen Pfaden durchhauen, große, gut erhaltene Rasenplätze, Blu¬
mengärten aller Art, Treibhäuser, Pavillons ans kleinen Hügeln, von denen man
manche überraschende Aussicht hat, wechseln mit dem klaren Gewässer der vielen
Seen ans wohlthuende Weise. Geschmackvolle Landhäuser mit hübschen Privat¬
gärten, unter denen besonders die neuerbaute „Paulshvhe" des Generals von
Elderhorst rühmend zu nennen ist, liegen zerstreut umher und geben so dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/227>, abgerufen am 29.06.2024.