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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Briefe vom ungarischen Reichstage.



V.

Die Adresse wäre also nun, wie vorauszusehen war, auch in der Rcichssitznng
der Stände glücklich durchgegangen. -- Damit die Diskussionen nicht in'S Un¬
endliche verlängert werden, beobachten die Stände den löblichen Gebrauch, das,
in den Reichssitzungen der Stände nur Diejenigen sprechen, die gegen den Ent¬
wurf sind, die für denselben sind, schweigen. Es ist ein seltsames Schauspiel, die
Conservativen vom schwersten Caliber bis zur feinsten Filigranarbeit nach einander
in die Schranken ziehen zu sehen. An der Spitze war natürlich Graf Sz,!es"zny>.
Doch war Alles umsonst, die Majorität blieb, und der Entwurf wurde heute
schon an der Magnatentafel vorgenommen. Gleich nach der Adresse setzten die
Circularsitzungen ihre Arbeiten fort, und nach Beendigung der Alimentationsfrage
(Punkt II. der k. Propos.) wurde die Steuer verhandelt. Die Kriegöaliiuentatiou
betreffend, würde ein Ncichscomitv z" ernennen sein, das auf Grundlage einer
dem Aerar für Uebernahme der Snsteutation des Militärs jährlich zu bezahlen¬
den Summe von 1 Million Gulden in Conv. - Münze die nöthigen Anord¬
nungen zu treffen hat, diese Last von den Schultern des so sehr gedrückten Land¬
volkes zu wälzen. --. Die Steuerfrage rief eine sehr interessante Debatte hervor,
deren Vorkämpfer wieder Szechsnyi und Kossuth waren. Doch diesmal handelte
es sich nicht um Prinzipien, sondern um die ^Ausführung. Die Instructionen
der Comitate sind in dieser Beziehung präcis, und die Prinzipiendisknssion würde
zu nichts geführt haben. Man verstand sich daher zur Abstimmung, und vollzog
diese nach drei verschiedenen Gesichtspunkten. Zuerst wurde über die Domcstical-
steuer votirt. Dies ist nämlich diejenige Steuer, welche der inisoiu plebs am Lä¬
stigsten fällt, und diese Frage ging in der Weise durch, daß die Majorität sich
für Tragung derselben entschied. Dann wurde über die Kriegssteuer gekugelt, die¬
selbe wurde aber von den meisten Comitaten aus dem Grunde zurückgewiesen,
weil der Adel jetzt ohnehin noch verpflichtet ist, Jnsurrectionsdienste zu leisten,
und demnach mit Annahme dieser Steuer eine doppelte Last tragen müßte. Auch
wäre diese Frage, falls sich die Regierung in die Initiative setzte, und einen Vor-


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Briefe vom ungarischen Reichstage.



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Die Adresse wäre also nun, wie vorauszusehen war, auch in der Rcichssitznng
der Stände glücklich durchgegangen. — Damit die Diskussionen nicht in'S Un¬
endliche verlängert werden, beobachten die Stände den löblichen Gebrauch, das,
in den Reichssitzungen der Stände nur Diejenigen sprechen, die gegen den Ent¬
wurf sind, die für denselben sind, schweigen. Es ist ein seltsames Schauspiel, die
Conservativen vom schwersten Caliber bis zur feinsten Filigranarbeit nach einander
in die Schranken ziehen zu sehen. An der Spitze war natürlich Graf Sz,!es«zny>.
Doch war Alles umsonst, die Majorität blieb, und der Entwurf wurde heute
schon an der Magnatentafel vorgenommen. Gleich nach der Adresse setzten die
Circularsitzungen ihre Arbeiten fort, und nach Beendigung der Alimentationsfrage
(Punkt II. der k. Propos.) wurde die Steuer verhandelt. Die Kriegöaliiuentatiou
betreffend, würde ein Ncichscomitv z» ernennen sein, das auf Grundlage einer
dem Aerar für Uebernahme der Snsteutation des Militärs jährlich zu bezahlen¬
den Summe von 1 Million Gulden in Conv. - Münze die nöthigen Anord¬
nungen zu treffen hat, diese Last von den Schultern des so sehr gedrückten Land¬
volkes zu wälzen. —. Die Steuerfrage rief eine sehr interessante Debatte hervor,
deren Vorkämpfer wieder Szechsnyi und Kossuth waren. Doch diesmal handelte
es sich nicht um Prinzipien, sondern um die ^Ausführung. Die Instructionen
der Comitate sind in dieser Beziehung präcis, und die Prinzipiendisknssion würde
zu nichts geführt haben. Man verstand sich daher zur Abstimmung, und vollzog
diese nach drei verschiedenen Gesichtspunkten. Zuerst wurde über die Domcstical-
steuer votirt. Dies ist nämlich diejenige Steuer, welche der inisoiu plebs am Lä¬
stigsten fällt, und diese Frage ging in der Weise durch, daß die Majorität sich
für Tragung derselben entschied. Dann wurde über die Kriegssteuer gekugelt, die¬
selbe wurde aber von den meisten Comitaten aus dem Grunde zurückgewiesen,
weil der Adel jetzt ohnehin noch verpflichtet ist, Jnsurrectionsdienste zu leisten,
und demnach mit Annahme dieser Steuer eine doppelte Last tragen müßte. Auch
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[0479] Briefe vom ungarischen Reichstage. V. Die Adresse wäre also nun, wie vorauszusehen war, auch in der Rcichssitznng der Stände glücklich durchgegangen. — Damit die Diskussionen nicht in'S Un¬ endliche verlängert werden, beobachten die Stände den löblichen Gebrauch, das, in den Reichssitzungen der Stände nur Diejenigen sprechen, die gegen den Ent¬ wurf sind, die für denselben sind, schweigen. Es ist ein seltsames Schauspiel, die Conservativen vom schwersten Caliber bis zur feinsten Filigranarbeit nach einander in die Schranken ziehen zu sehen. An der Spitze war natürlich Graf Sz,!es«zny>. Doch war Alles umsonst, die Majorität blieb, und der Entwurf wurde heute schon an der Magnatentafel vorgenommen. Gleich nach der Adresse setzten die Circularsitzungen ihre Arbeiten fort, und nach Beendigung der Alimentationsfrage (Punkt II. der k. Propos.) wurde die Steuer verhandelt. Die Kriegöaliiuentatiou betreffend, würde ein Ncichscomitv z» ernennen sein, das auf Grundlage einer dem Aerar für Uebernahme der Snsteutation des Militärs jährlich zu bezahlen¬ den Summe von 1 Million Gulden in Conv. - Münze die nöthigen Anord¬ nungen zu treffen hat, diese Last von den Schultern des so sehr gedrückten Land¬ volkes zu wälzen. —. Die Steuerfrage rief eine sehr interessante Debatte hervor, deren Vorkämpfer wieder Szechsnyi und Kossuth waren. Doch diesmal handelte es sich nicht um Prinzipien, sondern um die ^Ausführung. Die Instructionen der Comitate sind in dieser Beziehung präcis, und die Prinzipiendisknssion würde zu nichts geführt haben. Man verstand sich daher zur Abstimmung, und vollzog diese nach drei verschiedenen Gesichtspunkten. Zuerst wurde über die Domcstical- steuer votirt. Dies ist nämlich diejenige Steuer, welche der inisoiu plebs am Lä¬ stigsten fällt, und diese Frage ging in der Weise durch, daß die Majorität sich für Tragung derselben entschied. Dann wurde über die Kriegssteuer gekugelt, die¬ selbe wurde aber von den meisten Comitaten aus dem Grunde zurückgewiesen, weil der Adel jetzt ohnehin noch verpflichtet ist, Jnsurrectionsdienste zu leisten, und demnach mit Annahme dieser Steuer eine doppelte Last tragen müßte. Auch wäre diese Frage, falls sich die Regierung in die Initiative setzte, und einen Vor- 61*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/479>, abgerufen am 03.07.2024.