Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
N.
Kunstzustaude Dresden.

Die Erscheinungen in der Natur sind eine fortlaufende Symbolik,
in ihr findet Alles ein Sinnbild, ein Gegenbild; der Herbst, die Zeit des
Sammelns gereifter Früchte steht dem Vollbringen menschlicher Strebun¬
gen gegenüber, und so sei uns gegenwärtig diese Jahreszeit Veranlassung
zu einem achtsamen Rücksehen aus die Werde, welche die bildende Kunst
in jüngster Zeit unter uns, theils durch die hier vorhandenen künstleri¬
schen Kräfte erstehen ließ, theils bei der letzten öffentlichen Ausstellung
von Kunstwerken heimischer und auswärtiger Künstler zur Anschauung
führte.

Gedenken wir zunächst zweier plastischen Werke, welche die neuere
Kunst zu ihren edelsten Schöpfungen zählen wird; zuerst einer vom Bild¬
hauer Julius Hänel ausgeführten Statue Kaiser Karl's IV., welches
Denkmal Böhmen in dankbarer Pietät diesem verdienstvollen Herrscher
in Prag errichten laßt. Auf reichem, sinnvoll decorirten Piedestal steht
die l4 Fuß hohe Statue, auf dem Haupte die Krone, unter welcher das
ernste ausdrucksvolle Antlitz des Kaisers -- der Künstler modellirte es
nach einem auf dem Carlstcin bewahrten Portrait -- gebietend umschaut;
der Kaisermantel wallt in herrlichen Faltengebungcn über die Schultern
herab, das Schwert ist in die Seite geborgen, die Hand, die es sonst
führte, ist zu einem Friedensact erhoben, sie hält die Stiftungsurkunde
der Universität Prag, welche der Kaiser 1348 stiftete. Die Statue, de¬
ren Modell 40 Centner wiegt, ist gegenwärtig in Burgschmiets Atelier in
Nürnberg; der Guß, in Bronze ausgeführt, soll bei Gelegenheit der 5l>t>-
jahrigew Stiftungsfeier der Gründung der Universität Prag, 1848 auf
dem Kreuzherrenplatz daselbst aufgerichtet werden.

Das zweite dieser Werke ist eine Arbeit des Professors Rietschel;
es ist das Modell zu der neun Fuß hohen Statue Thaers, welche der
Künstler im Austrage deutscher Landwirthe ausführte und deren bronze¬
ner Abguß, welcher in Lauchhammer vollendet wird, eine Zierde Leipzigs
werden wird. Die Statue ist aufrecht, vorwärts schreitend dargestellt, die
Fußbekleidung die des Landmanns; in der linken Hand hält er ein Buch:
"Grundzüge der rationellen Landwirthschaft von Thaer", in der rechten
Hand, welche emporgehoben, ist der Ausdruck des Bekehrers, Erklären",
vollkommen ausgesprochen; der Kopf ist nach einer Büste Wichmann's
modellirr, in dem bedeutenden Gesicht sind edle, wohlwollende Züge der
vorherrschende Ausdruck. Die meisterliche Ausführung in beiden Statuen,
die Klarheit ihrer Auffassung, sichern ihnen einen unbestrittenen Werth
unter den jetztzeitigen Kunstschöpfungen.

Von Werken der Malerkunst erwähnen wir diejenigen, welche wah¬
rend der Kunstausstellung einer allgemeinern Theilnahme sich erfreuten.
Im Gebiet des Portraits, für die Mehrzahl Besuchender der Ausstellun¬
gen ein anziehendes Feld, waren nur wenige, aber treffliche Bildnisse vor¬
handen; unter den mannlichen Portraits gedenken wir zweier Bildnisse


N.
Kunstzustaude Dresden.

Die Erscheinungen in der Natur sind eine fortlaufende Symbolik,
in ihr findet Alles ein Sinnbild, ein Gegenbild; der Herbst, die Zeit des
Sammelns gereifter Früchte steht dem Vollbringen menschlicher Strebun¬
gen gegenüber, und so sei uns gegenwärtig diese Jahreszeit Veranlassung
zu einem achtsamen Rücksehen aus die Werde, welche die bildende Kunst
in jüngster Zeit unter uns, theils durch die hier vorhandenen künstleri¬
schen Kräfte erstehen ließ, theils bei der letzten öffentlichen Ausstellung
von Kunstwerken heimischer und auswärtiger Künstler zur Anschauung
führte.

Gedenken wir zunächst zweier plastischen Werke, welche die neuere
Kunst zu ihren edelsten Schöpfungen zählen wird; zuerst einer vom Bild¬
hauer Julius Hänel ausgeführten Statue Kaiser Karl's IV., welches
Denkmal Böhmen in dankbarer Pietät diesem verdienstvollen Herrscher
in Prag errichten laßt. Auf reichem, sinnvoll decorirten Piedestal steht
die l4 Fuß hohe Statue, auf dem Haupte die Krone, unter welcher das
ernste ausdrucksvolle Antlitz des Kaisers — der Künstler modellirte es
nach einem auf dem Carlstcin bewahrten Portrait — gebietend umschaut;
der Kaisermantel wallt in herrlichen Faltengebungcn über die Schultern
herab, das Schwert ist in die Seite geborgen, die Hand, die es sonst
führte, ist zu einem Friedensact erhoben, sie hält die Stiftungsurkunde
der Universität Prag, welche der Kaiser 1348 stiftete. Die Statue, de¬
ren Modell 40 Centner wiegt, ist gegenwärtig in Burgschmiets Atelier in
Nürnberg; der Guß, in Bronze ausgeführt, soll bei Gelegenheit der 5l>t>-
jahrigew Stiftungsfeier der Gründung der Universität Prag, 1848 auf
dem Kreuzherrenplatz daselbst aufgerichtet werden.

Das zweite dieser Werke ist eine Arbeit des Professors Rietschel;
es ist das Modell zu der neun Fuß hohen Statue Thaers, welche der
Künstler im Austrage deutscher Landwirthe ausführte und deren bronze¬
ner Abguß, welcher in Lauchhammer vollendet wird, eine Zierde Leipzigs
werden wird. Die Statue ist aufrecht, vorwärts schreitend dargestellt, die
Fußbekleidung die des Landmanns; in der linken Hand hält er ein Buch:
„Grundzüge der rationellen Landwirthschaft von Thaer", in der rechten
Hand, welche emporgehoben, ist der Ausdruck des Bekehrers, Erklären«,
vollkommen ausgesprochen; der Kopf ist nach einer Büste Wichmann's
modellirr, in dem bedeutenden Gesicht sind edle, wohlwollende Züge der
vorherrschende Ausdruck. Die meisterliche Ausführung in beiden Statuen,
die Klarheit ihrer Auffassung, sichern ihnen einen unbestrittenen Werth
unter den jetztzeitigen Kunstschöpfungen.

Von Werken der Malerkunst erwähnen wir diejenigen, welche wah¬
rend der Kunstausstellung einer allgemeinern Theilnahme sich erfreuten.
Im Gebiet des Portraits, für die Mehrzahl Besuchender der Ausstellun¬
gen ein anziehendes Feld, waren nur wenige, aber treffliche Bildnisse vor¬
handen; unter den mannlichen Portraits gedenken wir zweier Bildnisse


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183658"/>
            </div>
          </div>
          <div n="2">
            <head> N.<lb/>
Kunstzustaude Dresden.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_155"> Die Erscheinungen in der Natur sind eine fortlaufende Symbolik,<lb/>
in ihr findet Alles ein Sinnbild, ein Gegenbild; der Herbst, die Zeit des<lb/>
Sammelns gereifter Früchte steht dem Vollbringen menschlicher Strebun¬<lb/>
gen gegenüber, und so sei uns gegenwärtig diese Jahreszeit Veranlassung<lb/>
zu einem achtsamen Rücksehen aus die Werde, welche die bildende Kunst<lb/>
in jüngster Zeit unter uns, theils durch die hier vorhandenen künstleri¬<lb/>
schen Kräfte erstehen ließ, theils bei der letzten öffentlichen Ausstellung<lb/>
von Kunstwerken heimischer und auswärtiger Künstler zur Anschauung<lb/>
führte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_156"> Gedenken wir zunächst zweier plastischen Werke, welche die neuere<lb/>
Kunst zu ihren edelsten Schöpfungen zählen wird; zuerst einer vom Bild¬<lb/>
hauer Julius Hänel ausgeführten Statue Kaiser Karl's IV., welches<lb/>
Denkmal Böhmen in dankbarer Pietät diesem verdienstvollen Herrscher<lb/>
in Prag errichten laßt. Auf reichem, sinnvoll decorirten Piedestal steht<lb/>
die l4 Fuß hohe Statue, auf dem Haupte die Krone, unter welcher das<lb/>
ernste ausdrucksvolle Antlitz des Kaisers &#x2014; der Künstler modellirte es<lb/>
nach einem auf dem Carlstcin bewahrten Portrait &#x2014; gebietend umschaut;<lb/>
der Kaisermantel wallt in herrlichen Faltengebungcn über die Schultern<lb/>
herab, das Schwert ist in die Seite geborgen, die Hand, die es sonst<lb/>
führte, ist zu einem Friedensact erhoben, sie hält die Stiftungsurkunde<lb/>
der Universität Prag, welche der Kaiser 1348 stiftete. Die Statue, de¬<lb/>
ren Modell 40 Centner wiegt, ist gegenwärtig in Burgschmiets Atelier in<lb/>
Nürnberg; der Guß, in Bronze ausgeführt, soll bei Gelegenheit der 5l&gt;t&gt;-<lb/>
jahrigew Stiftungsfeier der Gründung der Universität Prag, 1848 auf<lb/>
dem Kreuzherrenplatz daselbst aufgerichtet werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_157"> Das zweite dieser Werke ist eine Arbeit des Professors Rietschel;<lb/>
es ist das Modell zu der neun Fuß hohen Statue Thaers, welche der<lb/>
Künstler im Austrage deutscher Landwirthe ausführte und deren bronze¬<lb/>
ner Abguß, welcher in Lauchhammer vollendet wird, eine Zierde Leipzigs<lb/>
werden wird. Die Statue ist aufrecht, vorwärts schreitend dargestellt, die<lb/>
Fußbekleidung die des Landmanns; in der linken Hand hält er ein Buch:<lb/>
&#x201E;Grundzüge der rationellen Landwirthschaft von Thaer", in der rechten<lb/>
Hand, welche emporgehoben, ist der Ausdruck des Bekehrers, Erklären«,<lb/>
vollkommen ausgesprochen; der Kopf ist nach einer Büste Wichmann's<lb/>
modellirr, in dem bedeutenden Gesicht sind edle, wohlwollende Züge der<lb/>
vorherrschende Ausdruck. Die meisterliche Ausführung in beiden Statuen,<lb/>
die Klarheit ihrer Auffassung, sichern ihnen einen unbestrittenen Werth<lb/>
unter den jetztzeitigen Kunstschöpfungen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_158" next="#ID_159"> Von Werken der Malerkunst erwähnen wir diejenigen, welche wah¬<lb/>
rend der Kunstausstellung einer allgemeinern Theilnahme sich erfreuten.<lb/>
Im Gebiet des Portraits, für die Mehrzahl Besuchender der Ausstellun¬<lb/>
gen ein anziehendes Feld, waren nur wenige, aber treffliche Bildnisse vor¬<lb/>
handen; unter den mannlichen Portraits gedenken wir zweier Bildnisse</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] N. Kunstzustaude Dresden. Die Erscheinungen in der Natur sind eine fortlaufende Symbolik, in ihr findet Alles ein Sinnbild, ein Gegenbild; der Herbst, die Zeit des Sammelns gereifter Früchte steht dem Vollbringen menschlicher Strebun¬ gen gegenüber, und so sei uns gegenwärtig diese Jahreszeit Veranlassung zu einem achtsamen Rücksehen aus die Werde, welche die bildende Kunst in jüngster Zeit unter uns, theils durch die hier vorhandenen künstleri¬ schen Kräfte erstehen ließ, theils bei der letzten öffentlichen Ausstellung von Kunstwerken heimischer und auswärtiger Künstler zur Anschauung führte. Gedenken wir zunächst zweier plastischen Werke, welche die neuere Kunst zu ihren edelsten Schöpfungen zählen wird; zuerst einer vom Bild¬ hauer Julius Hänel ausgeführten Statue Kaiser Karl's IV., welches Denkmal Böhmen in dankbarer Pietät diesem verdienstvollen Herrscher in Prag errichten laßt. Auf reichem, sinnvoll decorirten Piedestal steht die l4 Fuß hohe Statue, auf dem Haupte die Krone, unter welcher das ernste ausdrucksvolle Antlitz des Kaisers — der Künstler modellirte es nach einem auf dem Carlstcin bewahrten Portrait — gebietend umschaut; der Kaisermantel wallt in herrlichen Faltengebungcn über die Schultern herab, das Schwert ist in die Seite geborgen, die Hand, die es sonst führte, ist zu einem Friedensact erhoben, sie hält die Stiftungsurkunde der Universität Prag, welche der Kaiser 1348 stiftete. Die Statue, de¬ ren Modell 40 Centner wiegt, ist gegenwärtig in Burgschmiets Atelier in Nürnberg; der Guß, in Bronze ausgeführt, soll bei Gelegenheit der 5l>t>- jahrigew Stiftungsfeier der Gründung der Universität Prag, 1848 auf dem Kreuzherrenplatz daselbst aufgerichtet werden. Das zweite dieser Werke ist eine Arbeit des Professors Rietschel; es ist das Modell zu der neun Fuß hohen Statue Thaers, welche der Künstler im Austrage deutscher Landwirthe ausführte und deren bronze¬ ner Abguß, welcher in Lauchhammer vollendet wird, eine Zierde Leipzigs werden wird. Die Statue ist aufrecht, vorwärts schreitend dargestellt, die Fußbekleidung die des Landmanns; in der linken Hand hält er ein Buch: „Grundzüge der rationellen Landwirthschaft von Thaer", in der rechten Hand, welche emporgehoben, ist der Ausdruck des Bekehrers, Erklären«, vollkommen ausgesprochen; der Kopf ist nach einer Büste Wichmann's modellirr, in dem bedeutenden Gesicht sind edle, wohlwollende Züge der vorherrschende Ausdruck. Die meisterliche Ausführung in beiden Statuen, die Klarheit ihrer Auffassung, sichern ihnen einen unbestrittenen Werth unter den jetztzeitigen Kunstschöpfungen. Von Werken der Malerkunst erwähnen wir diejenigen, welche wah¬ rend der Kunstausstellung einer allgemeinern Theilnahme sich erfreuten. Im Gebiet des Portraits, für die Mehrzahl Besuchender der Ausstellun¬ gen ein anziehendes Feld, waren nur wenige, aber treffliche Bildnisse vor¬ handen; unter den mannlichen Portraits gedenken wir zweier Bildnisse

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/76>, abgerufen am 03.07.2024.