Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.Die Gymnasien - Reform. Man muß sich wundern, daß die deutsche Journalistik so gesegnet Da>r Gymnasiallehrer ol-. Köchly in Dresden hat diese Reformfrage, Die Gymnasien - Reform. Man muß sich wundern, daß die deutsche Journalistik so gesegnet Da>r Gymnasiallehrer ol-. Köchly in Dresden hat diese Reformfrage, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0200" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183782"/> </div> <div n="1"> <head> Die Gymnasien - Reform.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_566"> Man muß sich wundern, daß die deutsche Journalistik so gesegnet<lb/> mit Reformen aller Art in der wichtigen Anklage gegen die Gymna¬<lb/> sien noch immer zurückbleibt. Wäre die Frage nicht interessant genug,<lb/> weil sie nicht augenblicklich in einer Kategorie der politischen Tages¬<lb/> fragen einzureihen ist? Sie ist mehr als interessant, sie ist verzweifelt<lb/> wichtig. Ganze Generationen hängen von ihr ab, denn die Bildung<lb/> ganzer Generationen ist von ihr abhängig; wir sind stolz darauf, daß die<lb/> Frage bei uns in Sachsen für ganz Deutschland lebendig gemacht wor¬<lb/> den und die Stimmung dafür bereits so erwärmt ist, daß die Anregung<lb/> nicht mehr ohne Folgen bleiben kann. Allem Anschein nach ist auch<lb/> die Regierung im Wesentlichen auf Seite der Reform (?) und wir<lb/> erwarten mit Zuversicht, daß so wie Sachsen einst in sogenannter klassi¬<lb/> scher Schulbildung in deutschen Ländern voranging, so werde es auch<lb/> jetzt darin vorangehen, Einrichtungen umzugestalten, welche von der<lb/> Zeit überholt worden und in ein Zopfthum ausgeartet sind. Letzteres<lb/> ist vielleicht zu stark, denn man kann nicht sagen, daß die Gymnasien<lb/> neuerer Zeit ausgeartet wären, aber sie haben nichts gelernt und nichts<lb/> vergessen und deshalb ist ihnen der Zopf fo lang gewachsen, daß jetzt<lb/> die erforderliche Bewegung eines Gymnasiallehrers und eines Gym¬<lb/> nasiasten gradezu unmöglich ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_567" next="#ID_568"> Da>r Gymnasiallehrer ol-. Köchly in Dresden hat diese Reformfrage,<lb/> welche seit Jahrzehnten zu wiederholten Malen vergeblich angeklopft,<lb/> diesmal mit Glück in die öffentliche Verhandlung eingeführt, und die<lb/> speciellen Vorschläge, welche er macht, werden von dem Publicum und<lb/> auch von unbefangenen Gymnasiallehrern als gut und billig begrüßt.<lb/> Er verlangt, daß nicht mehr alle Gymnasiasten zu Philologen ausge¬<lb/> bildet werden, will sagen, daß sie nicht mehr bis zur ersten Classe hin¬<lb/> auf vorzugsweise im Lateinischen und Griechischen unterrichtet werden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0200]
Die Gymnasien - Reform.
Man muß sich wundern, daß die deutsche Journalistik so gesegnet
mit Reformen aller Art in der wichtigen Anklage gegen die Gymna¬
sien noch immer zurückbleibt. Wäre die Frage nicht interessant genug,
weil sie nicht augenblicklich in einer Kategorie der politischen Tages¬
fragen einzureihen ist? Sie ist mehr als interessant, sie ist verzweifelt
wichtig. Ganze Generationen hängen von ihr ab, denn die Bildung
ganzer Generationen ist von ihr abhängig; wir sind stolz darauf, daß die
Frage bei uns in Sachsen für ganz Deutschland lebendig gemacht wor¬
den und die Stimmung dafür bereits so erwärmt ist, daß die Anregung
nicht mehr ohne Folgen bleiben kann. Allem Anschein nach ist auch
die Regierung im Wesentlichen auf Seite der Reform (?) und wir
erwarten mit Zuversicht, daß so wie Sachsen einst in sogenannter klassi¬
scher Schulbildung in deutschen Ländern voranging, so werde es auch
jetzt darin vorangehen, Einrichtungen umzugestalten, welche von der
Zeit überholt worden und in ein Zopfthum ausgeartet sind. Letzteres
ist vielleicht zu stark, denn man kann nicht sagen, daß die Gymnasien
neuerer Zeit ausgeartet wären, aber sie haben nichts gelernt und nichts
vergessen und deshalb ist ihnen der Zopf fo lang gewachsen, daß jetzt
die erforderliche Bewegung eines Gymnasiallehrers und eines Gym¬
nasiasten gradezu unmöglich ist.
Da>r Gymnasiallehrer ol-. Köchly in Dresden hat diese Reformfrage,
welche seit Jahrzehnten zu wiederholten Malen vergeblich angeklopft,
diesmal mit Glück in die öffentliche Verhandlung eingeführt, und die
speciellen Vorschläge, welche er macht, werden von dem Publicum und
auch von unbefangenen Gymnasiallehrern als gut und billig begrüßt.
Er verlangt, daß nicht mehr alle Gymnasiasten zu Philologen ausge¬
bildet werden, will sagen, daß sie nicht mehr bis zur ersten Classe hin¬
auf vorzugsweise im Lateinischen und Griechischen unterrichtet werden.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |