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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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dieser. Wem" die hier behandelte Fabel einigelt Werth haben soll, so
mußte die Tochter Jephtha's ein häusliches Mädchen sein, es sei nun
aus öffentlicher oder Privatsttte; der Vater muß sie garnicht als auf-
und eingehend denken können, indem er das Gelübde thut, und ihr
erster durch kindliche Liebe erregter Schritt muß ihr den Tod bringen.
Diese gute Dina aber läuft vor wie nach im Lande herum, und erin¬
nert an ihre NamenSgenossin, welche auch besser gethan hätte zu Hause
zu bleiben, als nach sieben zu gehen und die Töchter des Landes zu
besuchen; wobei sie denn ganz natürlich den Söhnen des Landes in
die Hände fiel.

Vielleicht macht dieses Stück bei einem Publicum, das weniger
mit unsern theatralischen Productionen bekannt ist, eine gute Wirkung:
denn ob ich gleich, beim ersten Durchlesen, die Parallelfiguren und
Stellen recht wohl bemerkte, so waren sie mir doch nicht zuwider, weil
ich nicht einsehe, warum man nicht das Gute auf eine andere Weise
verknüpft und bearbeitet wiederbringen soll. Verzeihen Sie meiner
Aufrichtigkeit; ich wollte aber nichts verschweigen, was ich bei den
mehreren Proben und einer zweimaligen Aufführung bemerkt hatte. Ich
schließe mit den besten Wünschen und Hoffnungen.

Im Vertrauen auf Ihre thätige Freundschaft lege ich ein Ver-
zeichniß bei von Personen, deren eigene Handschrift ich besitze. Sie
sehen daraus, daß mir noch manche verstorbene und lebende Wiener
abgehen. Fällt Ihnen irgend ein solches Blättchen in die Hände, so
heben Sie mir'S auf, bis ich es gelegentlich aus Ihren lieben Hän¬
den, oder durch einen Reisenden erhalten kann. Nochmals das beste
Goethe. Lebewohl.

(Nach Dresden.)


12.

Karlsbad, den 22. Juni 1812.

Wie sehr danke-ich Ihnen, meine theuerste Freundin, für das
Vertrauen, das Sie hegen, daß ich an Ihnen und an Allem, was
Ihnen lieb und werth ist, Theil zu nehmen niemals aufhören werde.
Ich will nur bekennen, daß ich längst auf Nachricht von Ihnen ge¬
hofft habe. Aber auch das erkenne ich dankbar, daß Sie meinen
Wunsch gegenwärtig erfüllen. Die Nachricht von Ihrer geliebten
Schwester Befinden ist mir um so erfreulicher, als ich bisher darüber
in einer peinlichen Ungewißheit bleiben mußte. Möchte doch Ihr?


dieser. Wem» die hier behandelte Fabel einigelt Werth haben soll, so
mußte die Tochter Jephtha's ein häusliches Mädchen sein, es sei nun
aus öffentlicher oder Privatsttte; der Vater muß sie garnicht als auf-
und eingehend denken können, indem er das Gelübde thut, und ihr
erster durch kindliche Liebe erregter Schritt muß ihr den Tod bringen.
Diese gute Dina aber läuft vor wie nach im Lande herum, und erin¬
nert an ihre NamenSgenossin, welche auch besser gethan hätte zu Hause
zu bleiben, als nach sieben zu gehen und die Töchter des Landes zu
besuchen; wobei sie denn ganz natürlich den Söhnen des Landes in
die Hände fiel.

Vielleicht macht dieses Stück bei einem Publicum, das weniger
mit unsern theatralischen Productionen bekannt ist, eine gute Wirkung:
denn ob ich gleich, beim ersten Durchlesen, die Parallelfiguren und
Stellen recht wohl bemerkte, so waren sie mir doch nicht zuwider, weil
ich nicht einsehe, warum man nicht das Gute auf eine andere Weise
verknüpft und bearbeitet wiederbringen soll. Verzeihen Sie meiner
Aufrichtigkeit; ich wollte aber nichts verschweigen, was ich bei den
mehreren Proben und einer zweimaligen Aufführung bemerkt hatte. Ich
schließe mit den besten Wünschen und Hoffnungen.

Im Vertrauen auf Ihre thätige Freundschaft lege ich ein Ver-
zeichniß bei von Personen, deren eigene Handschrift ich besitze. Sie
sehen daraus, daß mir noch manche verstorbene und lebende Wiener
abgehen. Fällt Ihnen irgend ein solches Blättchen in die Hände, so
heben Sie mir'S auf, bis ich es gelegentlich aus Ihren lieben Hän¬
den, oder durch einen Reisenden erhalten kann. Nochmals das beste
Goethe. Lebewohl.

(Nach Dresden.)


12.

Karlsbad, den 22. Juni 1812.

Wie sehr danke-ich Ihnen, meine theuerste Freundin, für das
Vertrauen, das Sie hegen, daß ich an Ihnen und an Allem, was
Ihnen lieb und werth ist, Theil zu nehmen niemals aufhören werde.
Ich will nur bekennen, daß ich längst auf Nachricht von Ihnen ge¬
hofft habe. Aber auch das erkenne ich dankbar, daß Sie meinen
Wunsch gegenwärtig erfüllen. Die Nachricht von Ihrer geliebten
Schwester Befinden ist mir um so erfreulicher, als ich bisher darüber
in einer peinlichen Ungewißheit bleiben mußte. Möchte doch Ihr?


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[0519] dieser. Wem» die hier behandelte Fabel einigelt Werth haben soll, so mußte die Tochter Jephtha's ein häusliches Mädchen sein, es sei nun aus öffentlicher oder Privatsttte; der Vater muß sie garnicht als auf- und eingehend denken können, indem er das Gelübde thut, und ihr erster durch kindliche Liebe erregter Schritt muß ihr den Tod bringen. Diese gute Dina aber läuft vor wie nach im Lande herum, und erin¬ nert an ihre NamenSgenossin, welche auch besser gethan hätte zu Hause zu bleiben, als nach sieben zu gehen und die Töchter des Landes zu besuchen; wobei sie denn ganz natürlich den Söhnen des Landes in die Hände fiel. Vielleicht macht dieses Stück bei einem Publicum, das weniger mit unsern theatralischen Productionen bekannt ist, eine gute Wirkung: denn ob ich gleich, beim ersten Durchlesen, die Parallelfiguren und Stellen recht wohl bemerkte, so waren sie mir doch nicht zuwider, weil ich nicht einsehe, warum man nicht das Gute auf eine andere Weise verknüpft und bearbeitet wiederbringen soll. Verzeihen Sie meiner Aufrichtigkeit; ich wollte aber nichts verschweigen, was ich bei den mehreren Proben und einer zweimaligen Aufführung bemerkt hatte. Ich schließe mit den besten Wünschen und Hoffnungen. Im Vertrauen auf Ihre thätige Freundschaft lege ich ein Ver- zeichniß bei von Personen, deren eigene Handschrift ich besitze. Sie sehen daraus, daß mir noch manche verstorbene und lebende Wiener abgehen. Fällt Ihnen irgend ein solches Blättchen in die Hände, so heben Sie mir'S auf, bis ich es gelegentlich aus Ihren lieben Hän¬ den, oder durch einen Reisenden erhalten kann. Nochmals das beste Goethe. Lebewohl. (Nach Dresden.) 12. Karlsbad, den 22. Juni 1812. Wie sehr danke-ich Ihnen, meine theuerste Freundin, für das Vertrauen, das Sie hegen, daß ich an Ihnen und an Allem, was Ihnen lieb und werth ist, Theil zu nehmen niemals aufhören werde. Ich will nur bekennen, daß ich längst auf Nachricht von Ihnen ge¬ hofft habe. Aber auch das erkenne ich dankbar, daß Sie meinen Wunsch gegenwärtig erfüllen. Die Nachricht von Ihrer geliebten Schwester Befinden ist mir um so erfreulicher, als ich bisher darüber in einer peinlichen Ungewißheit bleiben mußte. Möchte doch Ihr?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/519>, abgerufen am 28.12.2024.