Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie gelten so häufig als l^mwtio honovoltüttlal! ^ deren Bitte sich die
Kritik nur schwer entziehen mag. Um so freudiger ist man dann
überrascht, wenn die Gaben der beisteuernden Schriftsteller von wirk¬
lichem literarischen Werth und nicht nur nutzlose Abschnittsel sind.
Dies ist hier eben bei den meisten keineswegs der Fall. Es finden
sich eine Menge Beiträge, welche vollen poetischen Verdienstes sind.
Bruchstücke dramatischer Arbeiten lieferten Boas (aus: die Apostel¬
brüder), Laube (aus: die Bernsteinhcxe), Prutz (aus: Erich XIV.),
Fjeodor West (aus: Hermann von Siebeneichen). An den drama-
tisirten Arbeiten gehört auch Bauernfeld's vielgenannte, aber frei¬
lich auch bereits im Album für die böhmischen Ueberschwemmten, wie
im rheinischen Jahrbuch abgedruckte, "Reichsversammlung der Thiere."
Außerdem gab er jedoch auch noch das vortreffliche Gedicht: "Zoll¬
verein und deutsche Flagge." Ueberdies seien namentlich hervorgeho¬
ben: Luise Otto's "Wohlauf", E. M. Arndt's Gedichte, "Orien¬
talische Granaten" von Ca stellt, "Walhalla" von Dingelstedt,
"Im Sterben" von A. Gubitz, Harnisch "Aufstand der Flüsse",
Leopold Schefer "Lied auf der Pyramide", Levin Schücking
A. B. "Fahnenwahl".


II.
Politische Federn in Oesterreich.

In Folge der Ereignisse in Galizien ist auf dem österreichischen
Markt plötzlicher Mangel an einem höchst nothwendigen Artikel fühl¬
bar geworden: an Federn! Ich meine nicht jene weichen Bettfedern,
das gepflückte Kleid gemüthlicher Gänse, deren Erziehung in Böhmen
und Oesterreich von Jugend auf mit einer klassischen Sorgfalt gepflegt
wird, von der unser Schulsystem manches profitiren könnte, nicht jene
Flaumenfedern, auf welchen es sich mit der Schlafmütze auf dem
Kopfe in Friedenszeiten so weich schlafen läßt, auf denen der Mensch
behaglich im Statuquo sich wiegt, unbekümmert ob es draußen dun¬
kel bleibt, oder ob der Morgen graut, nein, ich meine vielmehr jene
spitzen Gedankenleiter, die Turnierlanzen der modernen Zeit, die im
Frieden als wohlthätiger Spaten zum Aufackern, zur Saatlegung und
zum Erzgraben dienen und in den Tagen der Gefahr in scharfe Waffen
zum Schutz und zum Angriff sich verwandeln. Wie sich die zwei drei
Federn, denen noch Schwungkraft inne wohnt, tagtäglich in der
allgemeinen Zeitung abplagen, wie sie ause und niedcrflattern in an¬
gestrengtem Fluge! Aber was sind zwei drei Federn gegen das ganze
Heer von deutschen Zeitungen, die wie eine wilde Jagd in diesem
Augenblicke hinter Oesterreich her sind. Wie die Besatzung einer lang
belagerten Festung mit jedem Morgen erschöpfter aus den Mauern er¬
scheint, so tragen die wiener Correspondenzen in der Augsburger oft


Sie gelten so häufig als l^mwtio honovoltüttlal! ^ deren Bitte sich die
Kritik nur schwer entziehen mag. Um so freudiger ist man dann
überrascht, wenn die Gaben der beisteuernden Schriftsteller von wirk¬
lichem literarischen Werth und nicht nur nutzlose Abschnittsel sind.
Dies ist hier eben bei den meisten keineswegs der Fall. Es finden
sich eine Menge Beiträge, welche vollen poetischen Verdienstes sind.
Bruchstücke dramatischer Arbeiten lieferten Boas (aus: die Apostel¬
brüder), Laube (aus: die Bernsteinhcxe), Prutz (aus: Erich XIV.),
Fjeodor West (aus: Hermann von Siebeneichen). An den drama-
tisirten Arbeiten gehört auch Bauernfeld's vielgenannte, aber frei¬
lich auch bereits im Album für die böhmischen Ueberschwemmten, wie
im rheinischen Jahrbuch abgedruckte, „Reichsversammlung der Thiere."
Außerdem gab er jedoch auch noch das vortreffliche Gedicht: „Zoll¬
verein und deutsche Flagge." Ueberdies seien namentlich hervorgeho¬
ben: Luise Otto's „Wohlauf", E. M. Arndt's Gedichte, „Orien¬
talische Granaten" von Ca stellt, „Walhalla" von Dingelstedt,
„Im Sterben" von A. Gubitz, Harnisch „Aufstand der Flüsse",
Leopold Schefer „Lied auf der Pyramide", Levin Schücking
A. B. „Fahnenwahl".


II.
Politische Federn in Oesterreich.

In Folge der Ereignisse in Galizien ist auf dem österreichischen
Markt plötzlicher Mangel an einem höchst nothwendigen Artikel fühl¬
bar geworden: an Federn! Ich meine nicht jene weichen Bettfedern,
das gepflückte Kleid gemüthlicher Gänse, deren Erziehung in Böhmen
und Oesterreich von Jugend auf mit einer klassischen Sorgfalt gepflegt
wird, von der unser Schulsystem manches profitiren könnte, nicht jene
Flaumenfedern, auf welchen es sich mit der Schlafmütze auf dem
Kopfe in Friedenszeiten so weich schlafen läßt, auf denen der Mensch
behaglich im Statuquo sich wiegt, unbekümmert ob es draußen dun¬
kel bleibt, oder ob der Morgen graut, nein, ich meine vielmehr jene
spitzen Gedankenleiter, die Turnierlanzen der modernen Zeit, die im
Frieden als wohlthätiger Spaten zum Aufackern, zur Saatlegung und
zum Erzgraben dienen und in den Tagen der Gefahr in scharfe Waffen
zum Schutz und zum Angriff sich verwandeln. Wie sich die zwei drei
Federn, denen noch Schwungkraft inne wohnt, tagtäglich in der
allgemeinen Zeitung abplagen, wie sie ause und niedcrflattern in an¬
gestrengtem Fluge! Aber was sind zwei drei Federn gegen das ganze
Heer von deutschen Zeitungen, die wie eine wilde Jagd in diesem
Augenblicke hinter Oesterreich her sind. Wie die Besatzung einer lang
belagerten Festung mit jedem Morgen erschöpfter aus den Mauern er¬
scheint, so tragen die wiener Correspondenzen in der Augsburger oft


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0033" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182456"/>
            <p xml:id="ID_53" prev="#ID_52"> Sie gelten so häufig als l^mwtio honovoltüttlal! ^ deren Bitte sich die<lb/>
Kritik nur schwer entziehen mag. Um so freudiger ist man dann<lb/>
überrascht, wenn die Gaben der beisteuernden Schriftsteller von wirk¬<lb/>
lichem literarischen Werth und nicht nur nutzlose Abschnittsel sind.<lb/>
Dies ist hier eben bei den meisten keineswegs der Fall. Es finden<lb/>
sich eine Menge Beiträge, welche vollen poetischen Verdienstes sind.<lb/>
Bruchstücke dramatischer Arbeiten lieferten Boas (aus: die Apostel¬<lb/>
brüder), Laube (aus: die Bernsteinhcxe), Prutz (aus: Erich XIV.),<lb/>
Fjeodor West (aus: Hermann von Siebeneichen). An den drama-<lb/>
tisirten Arbeiten gehört auch Bauernfeld's vielgenannte, aber frei¬<lb/>
lich auch bereits im Album für die böhmischen Ueberschwemmten, wie<lb/>
im rheinischen Jahrbuch abgedruckte, &#x201E;Reichsversammlung der Thiere."<lb/>
Außerdem gab er jedoch auch noch das vortreffliche Gedicht: &#x201E;Zoll¬<lb/>
verein und deutsche Flagge." Ueberdies seien namentlich hervorgeho¬<lb/>
ben: Luise Otto's &#x201E;Wohlauf", E. M. Arndt's Gedichte, &#x201E;Orien¬<lb/>
talische Granaten" von Ca stellt, &#x201E;Walhalla" von Dingelstedt,<lb/>
&#x201E;Im Sterben" von A. Gubitz, Harnisch &#x201E;Aufstand der Flüsse",<lb/>
Leopold Schefer &#x201E;Lied auf der Pyramide", Levin Schücking<lb/><note type="byline"> A. B.</note> &#x201E;Fahnenwahl". </p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> II.<lb/>
Politische Federn in Oesterreich.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_54" next="#ID_55"> In Folge der Ereignisse in Galizien ist auf dem österreichischen<lb/>
Markt plötzlicher Mangel an einem höchst nothwendigen Artikel fühl¬<lb/>
bar geworden: an Federn! Ich meine nicht jene weichen Bettfedern,<lb/>
das gepflückte Kleid gemüthlicher Gänse, deren Erziehung in Böhmen<lb/>
und Oesterreich von Jugend auf mit einer klassischen Sorgfalt gepflegt<lb/>
wird, von der unser Schulsystem manches profitiren könnte, nicht jene<lb/>
Flaumenfedern, auf welchen es sich mit der Schlafmütze auf dem<lb/>
Kopfe in Friedenszeiten so weich schlafen läßt, auf denen der Mensch<lb/>
behaglich im Statuquo sich wiegt, unbekümmert ob es draußen dun¬<lb/>
kel bleibt, oder ob der Morgen graut, nein, ich meine vielmehr jene<lb/>
spitzen Gedankenleiter, die Turnierlanzen der modernen Zeit, die im<lb/>
Frieden als wohlthätiger Spaten zum Aufackern, zur Saatlegung und<lb/>
zum Erzgraben dienen und in den Tagen der Gefahr in scharfe Waffen<lb/>
zum Schutz und zum Angriff sich verwandeln. Wie sich die zwei drei<lb/>
Federn, denen noch Schwungkraft inne wohnt, tagtäglich in der<lb/>
allgemeinen Zeitung abplagen, wie sie ause und niedcrflattern in an¬<lb/>
gestrengtem Fluge! Aber was sind zwei drei Federn gegen das ganze<lb/>
Heer von deutschen Zeitungen, die wie eine wilde Jagd in diesem<lb/>
Augenblicke hinter Oesterreich her sind. Wie die Besatzung einer lang<lb/>
belagerten Festung mit jedem Morgen erschöpfter aus den Mauern er¬<lb/>
scheint, so tragen die wiener Correspondenzen in der Augsburger oft</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0033] Sie gelten so häufig als l^mwtio honovoltüttlal! ^ deren Bitte sich die Kritik nur schwer entziehen mag. Um so freudiger ist man dann überrascht, wenn die Gaben der beisteuernden Schriftsteller von wirk¬ lichem literarischen Werth und nicht nur nutzlose Abschnittsel sind. Dies ist hier eben bei den meisten keineswegs der Fall. Es finden sich eine Menge Beiträge, welche vollen poetischen Verdienstes sind. Bruchstücke dramatischer Arbeiten lieferten Boas (aus: die Apostel¬ brüder), Laube (aus: die Bernsteinhcxe), Prutz (aus: Erich XIV.), Fjeodor West (aus: Hermann von Siebeneichen). An den drama- tisirten Arbeiten gehört auch Bauernfeld's vielgenannte, aber frei¬ lich auch bereits im Album für die böhmischen Ueberschwemmten, wie im rheinischen Jahrbuch abgedruckte, „Reichsversammlung der Thiere." Außerdem gab er jedoch auch noch das vortreffliche Gedicht: „Zoll¬ verein und deutsche Flagge." Ueberdies seien namentlich hervorgeho¬ ben: Luise Otto's „Wohlauf", E. M. Arndt's Gedichte, „Orien¬ talische Granaten" von Ca stellt, „Walhalla" von Dingelstedt, „Im Sterben" von A. Gubitz, Harnisch „Aufstand der Flüsse", Leopold Schefer „Lied auf der Pyramide", Levin Schücking A. B. „Fahnenwahl". II. Politische Federn in Oesterreich. In Folge der Ereignisse in Galizien ist auf dem österreichischen Markt plötzlicher Mangel an einem höchst nothwendigen Artikel fühl¬ bar geworden: an Federn! Ich meine nicht jene weichen Bettfedern, das gepflückte Kleid gemüthlicher Gänse, deren Erziehung in Böhmen und Oesterreich von Jugend auf mit einer klassischen Sorgfalt gepflegt wird, von der unser Schulsystem manches profitiren könnte, nicht jene Flaumenfedern, auf welchen es sich mit der Schlafmütze auf dem Kopfe in Friedenszeiten so weich schlafen läßt, auf denen der Mensch behaglich im Statuquo sich wiegt, unbekümmert ob es draußen dun¬ kel bleibt, oder ob der Morgen graut, nein, ich meine vielmehr jene spitzen Gedankenleiter, die Turnierlanzen der modernen Zeit, die im Frieden als wohlthätiger Spaten zum Aufackern, zur Saatlegung und zum Erzgraben dienen und in den Tagen der Gefahr in scharfe Waffen zum Schutz und zum Angriff sich verwandeln. Wie sich die zwei drei Federn, denen noch Schwungkraft inne wohnt, tagtäglich in der allgemeinen Zeitung abplagen, wie sie ause und niedcrflattern in an¬ gestrengtem Fluge! Aber was sind zwei drei Federn gegen das ganze Heer von deutschen Zeitungen, die wie eine wilde Jagd in diesem Augenblicke hinter Oesterreich her sind. Wie die Besatzung einer lang belagerten Festung mit jedem Morgen erschöpfter aus den Mauern er¬ scheint, so tragen die wiener Correspondenzen in der Augsburger oft

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/33
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/33>, abgerufen am 24.11.2024.