Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.Das summarische Rechtsverfahren in Oesterreich. Unsere Schriftsteller und Berichterstatter an ausländische Flug¬ Sie werden fragen, was mich denn zunächst auf diese Betrach¬ Luden, Dönniges und Andere, welche die Satzungen unserer Das summarische Rechtsverfahren in Oesterreich. Unsere Schriftsteller und Berichterstatter an ausländische Flug¬ Sie werden fragen, was mich denn zunächst auf diese Betrach¬ Luden, Dönniges und Andere, welche die Satzungen unserer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0203" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182626"/> </div> </div> <div n="1"> <head> Das summarische Rechtsverfahren in Oesterreich.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_536"> Unsere Schriftsteller und Berichterstatter an ausländische Flug¬<lb/> blätter, haben sich vorgenommen, jede neue Maßregel unserer Staats¬<lb/> verwaltung, jedes neue Gesetz, alles, was aus der geheimnißvolle»<lb/> Kammer der Lenker von oben zu Tage kommt, als freisinnige Annä¬<lb/> herung an die Zeitfragen, als besonnenen Fortschritt zu bezeichnen,<lb/> Da begegnet es ihnen nun manchmal, daß sie auf sich selbst eine<lb/> Satyre schreiben, und zwar eine doppelt bittere, da man höhern Orts<lb/> diese Huldigungen fremdartiger Zwecke gar nicht liebt. Die Pflanzen,<lb/> die über unsere stillen Wasser ihre Blätter auslegen, sind von keiner<lb/> andern Art als die, welche schon seit 60—70 Frühlingen daselbst ge¬<lb/> wundert, sie sind keine Anzeichen eines Gährungsstoffeö in den ver¬<lb/> deckten Tiefen, man baut im alten Style fort, nur die Wiener, die<lb/> auf Alles etwas Artiges zu sagen wissen, nennen ihn Renaissance.</p><lb/> <p xml:id="ID_537"> Sie werden fragen, was mich denn zunächst auf diese Betrach¬<lb/> tungen führte? Eine Correspondenz aus Wien in der Augsburger<lb/> Allgemeinen. Die scholl wie Lärm- und Freudenruf, als ob wir auf<lb/> den alten germanischen Rechtsboden zurückgeführt, die künstliche römi¬<lb/> sche Form und hierdurch jener Aufschub des Rechtes abgethan wäre,<lb/> die jenem tiefsinnigen Prinzen von Dänemark drückend genug scheint,<lb/> um »ach dem bloßen Dolche zu langen. Wir lieben die Kürze in<lb/> gerichtlichen Sachen, aber noch mehr das Recht, und das Dach, un¬<lb/> ter dem es einst so herrlich seine immergrünende Krone entfaltete, gleich<lb/> den Tannen des Nordens, war kein anderes, als das freie des<lb/> Himmels.</p><lb/> <p xml:id="ID_538" next="#ID_539"> Luden, Dönniges und Andere, welche die Satzungen unserer<lb/> Väter doch nicht aus dem Stegreife nachmachen, setzen in die Oeffent-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0203]
Das summarische Rechtsverfahren in Oesterreich.
Unsere Schriftsteller und Berichterstatter an ausländische Flug¬
blätter, haben sich vorgenommen, jede neue Maßregel unserer Staats¬
verwaltung, jedes neue Gesetz, alles, was aus der geheimnißvolle»
Kammer der Lenker von oben zu Tage kommt, als freisinnige Annä¬
herung an die Zeitfragen, als besonnenen Fortschritt zu bezeichnen,
Da begegnet es ihnen nun manchmal, daß sie auf sich selbst eine
Satyre schreiben, und zwar eine doppelt bittere, da man höhern Orts
diese Huldigungen fremdartiger Zwecke gar nicht liebt. Die Pflanzen,
die über unsere stillen Wasser ihre Blätter auslegen, sind von keiner
andern Art als die, welche schon seit 60—70 Frühlingen daselbst ge¬
wundert, sie sind keine Anzeichen eines Gährungsstoffeö in den ver¬
deckten Tiefen, man baut im alten Style fort, nur die Wiener, die
auf Alles etwas Artiges zu sagen wissen, nennen ihn Renaissance.
Sie werden fragen, was mich denn zunächst auf diese Betrach¬
tungen führte? Eine Correspondenz aus Wien in der Augsburger
Allgemeinen. Die scholl wie Lärm- und Freudenruf, als ob wir auf
den alten germanischen Rechtsboden zurückgeführt, die künstliche römi¬
sche Form und hierdurch jener Aufschub des Rechtes abgethan wäre,
die jenem tiefsinnigen Prinzen von Dänemark drückend genug scheint,
um »ach dem bloßen Dolche zu langen. Wir lieben die Kürze in
gerichtlichen Sachen, aber noch mehr das Recht, und das Dach, un¬
ter dem es einst so herrlich seine immergrünende Krone entfaltete, gleich
den Tannen des Nordens, war kein anderes, als das freie des
Himmels.
Luden, Dönniges und Andere, welche die Satzungen unserer
Väter doch nicht aus dem Stegreife nachmachen, setzen in die Oeffent-
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