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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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LefftngS Abgang von der Düsseldorfer Schule



Zllm October dieses Jahres verläßt das Hauptmitglied der rhei¬
nischen Kllnst-Academie, Carl Friedrich Lessing, die Düsseldorfer Schule,
nachdem er zwanzig Jahre lang die Zierde dieser Anstalt, wie der erste
Vertreter der neuen Kunstrichtung gewesen. Der "Staat des Fort-
schrittes und der Intelligenz^, Preußen, ist sein Vaterland ; der mäch¬
tigste deutsche Staat, ohne welchen kein Aufschwung der höhern In¬
teressen Deutschlands möglich, läßt einen Hauptrepräsentanten des Auf¬
schwungs der deutschen Kunst ziehen, um ihn abzutreten an -- die
freie Stadt Frankfurt. Die Bewohner der großen Handelsstadt am
Main, aufgewachsen in ihrer "engen Krämerwelt", darin Heine zu er¬
sticken befürchtete, boten dem großen Künstler Altes, was ihm der
"mächtige Staat" vorenthielt, eine reichdotirte Professorftelle neben un¬
abhängiger Stellung, eine" großen Auftrag zur Schöpfung eines be¬
deutenden Kunstwerks, und eine unbegrenzte Verehrung und Liebe zu
seiner Person. Nachdem er aber schon vor längerer Zeit den Entschluß
gefaßt, Düsseldorf zu verlasse", können diese Offerten nicht die einzige
Ursache seines Abgangs sein. Ehrgeiz reizte ihn nicht, denn ein freier
Mann, wie er, läßt sich mit dem leichten Köder des Weihrauchs nicht
locken, so wenig als mit andern äußerliche" Belobungen; der Titel
Professor hat für einen großen Künstler keinen Werth, da ihn ja so
viele kleine Geister führen. Aber die Hintansetzung seiner Verdienste
bei Gelegenheit der Bestellung vaterländischer Werke an ausländische
Maler (et<- Kie-l'vo erhielt den Auftrag zu einem Cyclus von Gemälden
aus der Brandenbllrg-Preußischen Geschichte) und der Jndifferentismus
des Staates gegen Kunst und Künstler überhaupt mag nicht wenig
zu dem Entschlüsse beigetragen habe", Preußen und seine erste Kunst-


LefftngS Abgang von der Düsseldorfer Schule



Zllm October dieses Jahres verläßt das Hauptmitglied der rhei¬
nischen Kllnst-Academie, Carl Friedrich Lessing, die Düsseldorfer Schule,
nachdem er zwanzig Jahre lang die Zierde dieser Anstalt, wie der erste
Vertreter der neuen Kunstrichtung gewesen. Der „Staat des Fort-
schrittes und der Intelligenz^, Preußen, ist sein Vaterland ; der mäch¬
tigste deutsche Staat, ohne welchen kein Aufschwung der höhern In¬
teressen Deutschlands möglich, läßt einen Hauptrepräsentanten des Auf¬
schwungs der deutschen Kunst ziehen, um ihn abzutreten an — die
freie Stadt Frankfurt. Die Bewohner der großen Handelsstadt am
Main, aufgewachsen in ihrer „engen Krämerwelt", darin Heine zu er¬
sticken befürchtete, boten dem großen Künstler Altes, was ihm der
„mächtige Staat" vorenthielt, eine reichdotirte Professorftelle neben un¬
abhängiger Stellung, eine» großen Auftrag zur Schöpfung eines be¬
deutenden Kunstwerks, und eine unbegrenzte Verehrung und Liebe zu
seiner Person. Nachdem er aber schon vor längerer Zeit den Entschluß
gefaßt, Düsseldorf zu verlasse», können diese Offerten nicht die einzige
Ursache seines Abgangs sein. Ehrgeiz reizte ihn nicht, denn ein freier
Mann, wie er, läßt sich mit dem leichten Köder des Weihrauchs nicht
locken, so wenig als mit andern äußerliche» Belobungen; der Titel
Professor hat für einen großen Künstler keinen Werth, da ihn ja so
viele kleine Geister führen. Aber die Hintansetzung seiner Verdienste
bei Gelegenheit der Bestellung vaterländischer Werke an ausländische
Maler (et<- Kie-l'vo erhielt den Auftrag zu einem Cyclus von Gemälden
aus der Brandenbllrg-Preußischen Geschichte) und der Jndifferentismus
des Staates gegen Kunst und Künstler überhaupt mag nicht wenig
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[0420] LefftngS Abgang von der Düsseldorfer Schule Zllm October dieses Jahres verläßt das Hauptmitglied der rhei¬ nischen Kllnst-Academie, Carl Friedrich Lessing, die Düsseldorfer Schule, nachdem er zwanzig Jahre lang die Zierde dieser Anstalt, wie der erste Vertreter der neuen Kunstrichtung gewesen. Der „Staat des Fort- schrittes und der Intelligenz^, Preußen, ist sein Vaterland ; der mäch¬ tigste deutsche Staat, ohne welchen kein Aufschwung der höhern In¬ teressen Deutschlands möglich, läßt einen Hauptrepräsentanten des Auf¬ schwungs der deutschen Kunst ziehen, um ihn abzutreten an — die freie Stadt Frankfurt. Die Bewohner der großen Handelsstadt am Main, aufgewachsen in ihrer „engen Krämerwelt", darin Heine zu er¬ sticken befürchtete, boten dem großen Künstler Altes, was ihm der „mächtige Staat" vorenthielt, eine reichdotirte Professorftelle neben un¬ abhängiger Stellung, eine» großen Auftrag zur Schöpfung eines be¬ deutenden Kunstwerks, und eine unbegrenzte Verehrung und Liebe zu seiner Person. Nachdem er aber schon vor längerer Zeit den Entschluß gefaßt, Düsseldorf zu verlasse», können diese Offerten nicht die einzige Ursache seines Abgangs sein. Ehrgeiz reizte ihn nicht, denn ein freier Mann, wie er, läßt sich mit dem leichten Köder des Weihrauchs nicht locken, so wenig als mit andern äußerliche» Belobungen; der Titel Professor hat für einen großen Künstler keinen Werth, da ihn ja so viele kleine Geister führen. Aber die Hintansetzung seiner Verdienste bei Gelegenheit der Bestellung vaterländischer Werke an ausländische Maler (et<- Kie-l'vo erhielt den Auftrag zu einem Cyclus von Gemälden aus der Brandenbllrg-Preußischen Geschichte) und der Jndifferentismus des Staates gegen Kunst und Künstler überhaupt mag nicht wenig zu dem Entschlüsse beigetragen habe», Preußen und seine erste Kunst-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/420>, abgerufen am 04.07.2024.