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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Wiener Kmtstzustättde"
mit Bezug auf die diesjährige Kunstausflelsunq.



Die Säle der Kunstausstellung sind nun wieder geschlossen; die
wenigen Liebhaber, die ihre Theilnahme durch mehr als bloßes Be¬
schauen bethätigen, haben sich von ihren Lieblingen Bilder angekauft,
die Künstler in Mehrzahl sind jedoch verstimmt und gedrückt. Dies
wiederholt sich seit einer Reihe von Jahren mit wenigen Abwechs¬
lungen. Nirgends will man bemerken, daß die Kunst dem Leben nä¬
her getreten sei, daß sie dem Volle ein Bedürfniß, dem staatlichen Le¬
ben in seiner Außenseite eine Ergänzung geworden sei. Umsonst quä¬
len sich die Künstler ab, selbst mit Hilfe der Mode wenigstens flüch¬
tig dem Tage zu stöhnen, um an seinen Genüssen Theil zu nehmen
-- sie stehen isolirt -- und der bessere Theil, dein es mit seinem Stre,
ben Ernst ist, sieht init Bekümmerniß in die nächste Zukunft, mit we¬
niger Befriedigung auf seine Leistungen und deren Erfolge. Schon
Professor Kugler hat in einem gilt geschriebenen Artikel: "Ueber den
Pauperismus auch in der Kunst" den Vorhang gelüftet und einen
sehr betrübenden Einblick in die gepriesene Heiterkeit der Kunst eröff
net, welche immer mehr und mehr dem Ernste des Lebens weichen
muß.

Kunstvereine und andere künstliche Hebel haben eine Menge
Künstler in's Dasein gerufen. Kurze Zeit hindurch träumte man von
einer raphael'schen Zeit; doch nun kommt das Erwachen und mit
ihm die Verstimmung über getäuschte Hoffnungen. In Oesterreich
duldet der Staat die Kunst, aber er unterstützt sie von keiner Seite;
und wie abhold man auch sonst den Einflüssen des Auslandes ist, in
der Kunst hat man Ausnahmen gemacht. So wurde der neue Brun¬
nen -- bestimmt, einen der größten Plätze Wiens zu schmücken --


Grenzboten. til. 1840. 14
Wiener Kmtstzustättde«
mit Bezug auf die diesjährige Kunstausflelsunq.



Die Säle der Kunstausstellung sind nun wieder geschlossen; die
wenigen Liebhaber, die ihre Theilnahme durch mehr als bloßes Be¬
schauen bethätigen, haben sich von ihren Lieblingen Bilder angekauft,
die Künstler in Mehrzahl sind jedoch verstimmt und gedrückt. Dies
wiederholt sich seit einer Reihe von Jahren mit wenigen Abwechs¬
lungen. Nirgends will man bemerken, daß die Kunst dem Leben nä¬
her getreten sei, daß sie dem Volle ein Bedürfniß, dem staatlichen Le¬
ben in seiner Außenseite eine Ergänzung geworden sei. Umsonst quä¬
len sich die Künstler ab, selbst mit Hilfe der Mode wenigstens flüch¬
tig dem Tage zu stöhnen, um an seinen Genüssen Theil zu nehmen
— sie stehen isolirt — und der bessere Theil, dein es mit seinem Stre,
ben Ernst ist, sieht init Bekümmerniß in die nächste Zukunft, mit we¬
niger Befriedigung auf seine Leistungen und deren Erfolge. Schon
Professor Kugler hat in einem gilt geschriebenen Artikel: „Ueber den
Pauperismus auch in der Kunst" den Vorhang gelüftet und einen
sehr betrübenden Einblick in die gepriesene Heiterkeit der Kunst eröff
net, welche immer mehr und mehr dem Ernste des Lebens weichen
muß.

Kunstvereine und andere künstliche Hebel haben eine Menge
Künstler in's Dasein gerufen. Kurze Zeit hindurch träumte man von
einer raphael'schen Zeit; doch nun kommt das Erwachen und mit
ihm die Verstimmung über getäuschte Hoffnungen. In Oesterreich
duldet der Staat die Kunst, aber er unterstützt sie von keiner Seite;
und wie abhold man auch sonst den Einflüssen des Auslandes ist, in
der Kunst hat man Ausnahmen gemacht. So wurde der neue Brun¬
nen — bestimmt, einen der größten Plätze Wiens zu schmücken —


Grenzboten. til. 1840. 14
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[0111] Wiener Kmtstzustättde« mit Bezug auf die diesjährige Kunstausflelsunq. Die Säle der Kunstausstellung sind nun wieder geschlossen; die wenigen Liebhaber, die ihre Theilnahme durch mehr als bloßes Be¬ schauen bethätigen, haben sich von ihren Lieblingen Bilder angekauft, die Künstler in Mehrzahl sind jedoch verstimmt und gedrückt. Dies wiederholt sich seit einer Reihe von Jahren mit wenigen Abwechs¬ lungen. Nirgends will man bemerken, daß die Kunst dem Leben nä¬ her getreten sei, daß sie dem Volle ein Bedürfniß, dem staatlichen Le¬ ben in seiner Außenseite eine Ergänzung geworden sei. Umsonst quä¬ len sich die Künstler ab, selbst mit Hilfe der Mode wenigstens flüch¬ tig dem Tage zu stöhnen, um an seinen Genüssen Theil zu nehmen — sie stehen isolirt — und der bessere Theil, dein es mit seinem Stre, ben Ernst ist, sieht init Bekümmerniß in die nächste Zukunft, mit we¬ niger Befriedigung auf seine Leistungen und deren Erfolge. Schon Professor Kugler hat in einem gilt geschriebenen Artikel: „Ueber den Pauperismus auch in der Kunst" den Vorhang gelüftet und einen sehr betrübenden Einblick in die gepriesene Heiterkeit der Kunst eröff net, welche immer mehr und mehr dem Ernste des Lebens weichen muß. Kunstvereine und andere künstliche Hebel haben eine Menge Künstler in's Dasein gerufen. Kurze Zeit hindurch träumte man von einer raphael'schen Zeit; doch nun kommt das Erwachen und mit ihm die Verstimmung über getäuschte Hoffnungen. In Oesterreich duldet der Staat die Kunst, aber er unterstützt sie von keiner Seite; und wie abhold man auch sonst den Einflüssen des Auslandes ist, in der Kunst hat man Ausnahmen gemacht. So wurde der neue Brun¬ nen — bestimmt, einen der größten Plätze Wiens zu schmücken — Grenzboten. til. 1840. 14

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/111>, abgerufen am 04.07.2024.