Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band. "Im allumschließend unerreichten Glücke, Da liegt tels Wort! -- gesprochen, reicht's als Brücke Vom Menschenwunsch zum Gottesherzen hin, ' Dem ewige Befriedigung verliehn. Ich will es sprechen, daß der Schild mir schenke Das Glück, nach welchem lechzt der Seele Gier, Daß kein Geheimniß zwischen Gott und mir Und ich der Schöpfung Urgedanken denke! "Doch Bettler bin ich jetzt im Menschenschwarm, Umfange mich Natur mit treuem Arm, Und wie das Thier, an Deiner Brust geblieben, Du pflegst mit Deinem mütterlichsten Lieben, Nimm mich auch auf, Dein langverirrtes Kind, Nahr' mich mit Deinen Quellen, Deinen Früchten Und leite meines Geistes irres Flüchten, Wenn Du's vermagst, aus dunklem Labyrinth/' Und ob Natur den Segensgruß vernommen, Nennt sie den Flüchtling an ihr Herz willkommen. Sie laßt vor'in Sonnenstrahl die Wolken flieh'n Und wölbt des Himmels blaues Baldachin. Wie Freudenthränen zittert's auf den Blättern, Und mahnend spricht's aus Duft und Licht und Hauch Es steige einst ein Gott des Friedens auch Versöhnend aus des Lebens dunkeln Wettern! 4. Es dehnt ein palmenreiches Thal sich weit Inmitten grabesstiller Einsamkeit. Hier weckt der Morgen kein entzücktes Leben, Hier laßt die Nacht kein Herz in Schrecken beben. Ganz einsam wandelt hier der Sonnenstrahl; Wenn Engel sehnend sich zur Erde neigen, Vielleicht daß sie verstohlen niedersteigen, Vom Lenz zu kosten hier im stillen Thal. Der Abend schien mit seinen letzten Strahlen Das Bild des Himmels auf den Strom zu malen, Der, reich beglänzt von seiner Wogen Gold, Mit Hellem Rauschen durch's Gefilde rollt. „Im allumschließend unerreichten Glücke, Da liegt tels Wort! — gesprochen, reicht's als Brücke Vom Menschenwunsch zum Gottesherzen hin, ' Dem ewige Befriedigung verliehn. Ich will es sprechen, daß der Schild mir schenke Das Glück, nach welchem lechzt der Seele Gier, Daß kein Geheimniß zwischen Gott und mir Und ich der Schöpfung Urgedanken denke! „Doch Bettler bin ich jetzt im Menschenschwarm, Umfange mich Natur mit treuem Arm, Und wie das Thier, an Deiner Brust geblieben, Du pflegst mit Deinem mütterlichsten Lieben, Nimm mich auch auf, Dein langverirrtes Kind, Nahr' mich mit Deinen Quellen, Deinen Früchten Und leite meines Geistes irres Flüchten, Wenn Du's vermagst, aus dunklem Labyrinth/' Und ob Natur den Segensgruß vernommen, Nennt sie den Flüchtling an ihr Herz willkommen. Sie laßt vor'in Sonnenstrahl die Wolken flieh'n Und wölbt des Himmels blaues Baldachin. Wie Freudenthränen zittert's auf den Blättern, Und mahnend spricht's aus Duft und Licht und Hauch Es steige einst ein Gott des Friedens auch Versöhnend aus des Lebens dunkeln Wettern! 4. Es dehnt ein palmenreiches Thal sich weit Inmitten grabesstiller Einsamkeit. Hier weckt der Morgen kein entzücktes Leben, Hier laßt die Nacht kein Herz in Schrecken beben. Ganz einsam wandelt hier der Sonnenstrahl; Wenn Engel sehnend sich zur Erde neigen, Vielleicht daß sie verstohlen niedersteigen, Vom Lenz zu kosten hier im stillen Thal. Der Abend schien mit seinen letzten Strahlen Das Bild des Himmels auf den Strom zu malen, Der, reich beglänzt von seiner Wogen Gold, Mit Hellem Rauschen durch's Gefilde rollt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0592" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181776"/> <lg xml:id="POEMID_37" type="poem"> <l> „Im allumschließend unerreichten Glücke,<lb/> Da liegt tels Wort! — gesprochen, reicht's als Brücke<lb/> Vom Menschenwunsch zum Gottesherzen hin,<lb/> '<lb/> Dem ewige Befriedigung verliehn.<lb/> Ich will es sprechen, daß der Schild mir schenke<lb/> Das Glück, nach welchem lechzt der Seele Gier,<lb/> Daß kein Geheimniß zwischen Gott und mir<lb/> Und ich der Schöpfung Urgedanken denke!<lb/></l> <l> „Doch Bettler bin ich jetzt im Menschenschwarm,<lb/> Umfange mich Natur mit treuem Arm,<lb/> Und wie das Thier, an Deiner Brust geblieben,<lb/> Du pflegst mit Deinem mütterlichsten Lieben,<lb/> Nimm mich auch auf, Dein langverirrtes Kind,<lb/> Nahr' mich mit Deinen Quellen, Deinen Früchten<lb/> Und leite meines Geistes irres Flüchten,<lb/> Wenn Du's vermagst, aus dunklem Labyrinth/'</l> <l> Und ob Natur den Segensgruß vernommen,<lb/> Nennt sie den Flüchtling an ihr Herz willkommen.<lb/> Sie laßt vor'in Sonnenstrahl die Wolken flieh'n<lb/> Und wölbt des Himmels blaues Baldachin.<lb/> Wie Freudenthränen zittert's auf den Blättern,<lb/> Und mahnend spricht's aus Duft und Licht und Hauch<lb/> Es steige einst ein Gott des Friedens auch<lb/> Versöhnend aus des Lebens dunkeln Wettern!</l> </lg><lb/> </div> <note type="pt"> D e r E r e in i t.</note> <div n="2"> <head> 4.</head><lb/> <lg xml:id="POEMID_38" type="poem"> <l> Es dehnt ein palmenreiches Thal sich weit<lb/> Inmitten grabesstiller Einsamkeit.<lb/> Hier weckt der Morgen kein entzücktes Leben,<lb/> Hier laßt die Nacht kein Herz in Schrecken beben.<lb/> Ganz einsam wandelt hier der Sonnenstrahl;<lb/> Wenn Engel sehnend sich zur Erde neigen,<lb/> Vielleicht daß sie verstohlen niedersteigen,<lb/> Vom Lenz zu kosten hier im stillen Thal.</l> <l> Der Abend schien mit seinen letzten Strahlen<lb/> Das Bild des Himmels auf den Strom zu malen,<lb/> Der, reich beglänzt von seiner Wogen Gold,<lb/> Mit Hellem Rauschen durch's Gefilde rollt.</l> </lg><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0592]
„Im allumschließend unerreichten Glücke,
Da liegt tels Wort! — gesprochen, reicht's als Brücke
Vom Menschenwunsch zum Gottesherzen hin,
'
Dem ewige Befriedigung verliehn.
Ich will es sprechen, daß der Schild mir schenke
Das Glück, nach welchem lechzt der Seele Gier,
Daß kein Geheimniß zwischen Gott und mir
Und ich der Schöpfung Urgedanken denke!
„Doch Bettler bin ich jetzt im Menschenschwarm,
Umfange mich Natur mit treuem Arm,
Und wie das Thier, an Deiner Brust geblieben,
Du pflegst mit Deinem mütterlichsten Lieben,
Nimm mich auch auf, Dein langverirrtes Kind,
Nahr' mich mit Deinen Quellen, Deinen Früchten
Und leite meines Geistes irres Flüchten,
Wenn Du's vermagst, aus dunklem Labyrinth/' Und ob Natur den Segensgruß vernommen,
Nennt sie den Flüchtling an ihr Herz willkommen.
Sie laßt vor'in Sonnenstrahl die Wolken flieh'n
Und wölbt des Himmels blaues Baldachin.
Wie Freudenthränen zittert's auf den Blättern,
Und mahnend spricht's aus Duft und Licht und Hauch
Es steige einst ein Gott des Friedens auch
Versöhnend aus des Lebens dunkeln Wettern!
D e r E r e in i t. 4.
Es dehnt ein palmenreiches Thal sich weit
Inmitten grabesstiller Einsamkeit.
Hier weckt der Morgen kein entzücktes Leben,
Hier laßt die Nacht kein Herz in Schrecken beben.
Ganz einsam wandelt hier der Sonnenstrahl;
Wenn Engel sehnend sich zur Erde neigen,
Vielleicht daß sie verstohlen niedersteigen,
Vom Lenz zu kosten hier im stillen Thal. Der Abend schien mit seinen letzten Strahlen
Das Bild des Himmels auf den Strom zu malen,
Der, reich beglänzt von seiner Wogen Gold,
Mit Hellem Rauschen durch's Gefilde rollt.
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