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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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IV.
Notizen.

Napoleons Verkehr mit einem Kinde. -- Dukter's Geschichte des Erzherzogs
Karl. -- Ein Blick in die Werkstatt. -- Aus Schlesien. -- Karl Heinzen.--
Der heilige Rock und das Frankfurter Conversationsvlatt. -- Mäßigkeit in
Schlesien. -- Polen.

-- Die in England schon länger bekannten "Erinnerungen an
Napoleon auf Se. Helena" von Elisabeth Abell sind nun auch
in's Deutsche übertragen (von or. Ernst v. Bursian. Leipzig, 1844.
Verlag von Gustav Brauns) und werden gewiß allgemein ansprechen.
Las Cases in seinen Memoiren hat mehr die Größe des gefesselten
Prometheus im Auge, obwohl ihm die Feder oft in theatralische Sen¬
timentalität ausglitscht; hier strahlt uns nur die Liebenswürdigkeit des
Helden, seine Grazie, seine Naivetät und Gutmüthigkeit aus tausend
kleinen Zügen entgegen. Wir beobachten den Verkehr eines großen
Mannes mit einem wirklichen Kinde; denn die Verfasserin scheint
noch ganz unter dem Eindruck jener Zeit zu leben, da sie, ein kleines
Mädchen, mit Napoleon spielte; und noch jetzt kann sie, wie ein
egoistisches Kind, sich manches übermüthigen Streiches freuen, den sie
damals sich gegen dem großen Gefangenen erlaubte, ohne viel an sein
empfindliches Schicksal zu denken. Nach Miß oder Mrs. Abell war
Napoleon auf Se. Helena sehr gut aufgehoben und hatte wenig oder
keinen Grund, sich über Hudson Löwe und die anderen Annehmlich¬
keiten seines Aufenthaltes zu beklagen. Jedenfalls gab ihm Se. He¬
lena Gelegenheit, die kleine Engländerin zu unterhalten und ihr eine
Jugenderinnerung zu hinterlassen, deren sie sich ihr Leben lang rüh¬
men wird. Sie ist übrigens dankbar genug, in ihrem Endurtheil an¬
zuerkennen, daß Napoleon kein schlechtes Herz gehabt hat. -- Die
Uebersetzung ist leicht fließend. Man erlaube uns jedoch die Bemer¬
kung, daß viele Uebersetzer noch immer I^eAlwrn mit Leghorn über¬
setzen und sich darunter vermuthlich eine englische Stadt denken. Leg¬
horn heißt aber zu deutsch Livorno. --

- Die erste Lieferung von Dukter's "Erzherzog Karl von Oester¬
reich" (Kaulfuß Woe. Prandel & Co. in Wien; Gustav Heckenast
in Pesth.) zeichnet sich durch sehr schöne Holzschnitte (von P. I. N.
Geiger) aus und geht bis zum Jahre !7W, wo Karl's Vater, Pe¬
ter Leopold von Toscana, römischer Kaiser wurde. Peter Leopold,
in toscana einer der liebenswerthesten Fürsten, ein humaner Refor¬
mator in Justiz- und Administrationssachen, war gleichwohl bestimmt,
a s römischer Kaiser in Oesterreich reactionär zu wirken und den jose-
pylmicyen Fortschritt mit gelinder Vorsicht zurückzustimmen. So z.B.


IV.
Notizen.

Napoleons Verkehr mit einem Kinde. — Dukter's Geschichte des Erzherzogs
Karl. — Ein Blick in die Werkstatt. — Aus Schlesien. — Karl Heinzen.—
Der heilige Rock und das Frankfurter Conversationsvlatt. — Mäßigkeit in
Schlesien. — Polen.

— Die in England schon länger bekannten „Erinnerungen an
Napoleon auf Se. Helena" von Elisabeth Abell sind nun auch
in's Deutsche übertragen (von or. Ernst v. Bursian. Leipzig, 1844.
Verlag von Gustav Brauns) und werden gewiß allgemein ansprechen.
Las Cases in seinen Memoiren hat mehr die Größe des gefesselten
Prometheus im Auge, obwohl ihm die Feder oft in theatralische Sen¬
timentalität ausglitscht; hier strahlt uns nur die Liebenswürdigkeit des
Helden, seine Grazie, seine Naivetät und Gutmüthigkeit aus tausend
kleinen Zügen entgegen. Wir beobachten den Verkehr eines großen
Mannes mit einem wirklichen Kinde; denn die Verfasserin scheint
noch ganz unter dem Eindruck jener Zeit zu leben, da sie, ein kleines
Mädchen, mit Napoleon spielte; und noch jetzt kann sie, wie ein
egoistisches Kind, sich manches übermüthigen Streiches freuen, den sie
damals sich gegen dem großen Gefangenen erlaubte, ohne viel an sein
empfindliches Schicksal zu denken. Nach Miß oder Mrs. Abell war
Napoleon auf Se. Helena sehr gut aufgehoben und hatte wenig oder
keinen Grund, sich über Hudson Löwe und die anderen Annehmlich¬
keiten seines Aufenthaltes zu beklagen. Jedenfalls gab ihm Se. He¬
lena Gelegenheit, die kleine Engländerin zu unterhalten und ihr eine
Jugenderinnerung zu hinterlassen, deren sie sich ihr Leben lang rüh¬
men wird. Sie ist übrigens dankbar genug, in ihrem Endurtheil an¬
zuerkennen, daß Napoleon kein schlechtes Herz gehabt hat. — Die
Uebersetzung ist leicht fließend. Man erlaube uns jedoch die Bemer¬
kung, daß viele Uebersetzer noch immer I^eAlwrn mit Leghorn über¬
setzen und sich darunter vermuthlich eine englische Stadt denken. Leg¬
horn heißt aber zu deutsch Livorno. —

- Die erste Lieferung von Dukter's „Erzherzog Karl von Oester¬
reich" (Kaulfuß Woe. Prandel & Co. in Wien; Gustav Heckenast
in Pesth.) zeichnet sich durch sehr schöne Holzschnitte (von P. I. N.
Geiger) aus und geht bis zum Jahre !7W, wo Karl's Vater, Pe¬
ter Leopold von Toscana, römischer Kaiser wurde. Peter Leopold,
in toscana einer der liebenswerthesten Fürsten, ein humaner Refor¬
mator in Justiz- und Administrationssachen, war gleichwohl bestimmt,
a s römischer Kaiser in Oesterreich reactionär zu wirken und den jose-
pylmicyen Fortschritt mit gelinder Vorsicht zurückzustimmen. So z.B.


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[0481] IV. Notizen. Napoleons Verkehr mit einem Kinde. — Dukter's Geschichte des Erzherzogs Karl. — Ein Blick in die Werkstatt. — Aus Schlesien. — Karl Heinzen.— Der heilige Rock und das Frankfurter Conversationsvlatt. — Mäßigkeit in Schlesien. — Polen. — Die in England schon länger bekannten „Erinnerungen an Napoleon auf Se. Helena" von Elisabeth Abell sind nun auch in's Deutsche übertragen (von or. Ernst v. Bursian. Leipzig, 1844. Verlag von Gustav Brauns) und werden gewiß allgemein ansprechen. Las Cases in seinen Memoiren hat mehr die Größe des gefesselten Prometheus im Auge, obwohl ihm die Feder oft in theatralische Sen¬ timentalität ausglitscht; hier strahlt uns nur die Liebenswürdigkeit des Helden, seine Grazie, seine Naivetät und Gutmüthigkeit aus tausend kleinen Zügen entgegen. Wir beobachten den Verkehr eines großen Mannes mit einem wirklichen Kinde; denn die Verfasserin scheint noch ganz unter dem Eindruck jener Zeit zu leben, da sie, ein kleines Mädchen, mit Napoleon spielte; und noch jetzt kann sie, wie ein egoistisches Kind, sich manches übermüthigen Streiches freuen, den sie damals sich gegen dem großen Gefangenen erlaubte, ohne viel an sein empfindliches Schicksal zu denken. Nach Miß oder Mrs. Abell war Napoleon auf Se. Helena sehr gut aufgehoben und hatte wenig oder keinen Grund, sich über Hudson Löwe und die anderen Annehmlich¬ keiten seines Aufenthaltes zu beklagen. Jedenfalls gab ihm Se. He¬ lena Gelegenheit, die kleine Engländerin zu unterhalten und ihr eine Jugenderinnerung zu hinterlassen, deren sie sich ihr Leben lang rüh¬ men wird. Sie ist übrigens dankbar genug, in ihrem Endurtheil an¬ zuerkennen, daß Napoleon kein schlechtes Herz gehabt hat. — Die Uebersetzung ist leicht fließend. Man erlaube uns jedoch die Bemer¬ kung, daß viele Uebersetzer noch immer I^eAlwrn mit Leghorn über¬ setzen und sich darunter vermuthlich eine englische Stadt denken. Leg¬ horn heißt aber zu deutsch Livorno. — - Die erste Lieferung von Dukter's „Erzherzog Karl von Oester¬ reich" (Kaulfuß Woe. Prandel & Co. in Wien; Gustav Heckenast in Pesth.) zeichnet sich durch sehr schöne Holzschnitte (von P. I. N. Geiger) aus und geht bis zum Jahre !7W, wo Karl's Vater, Pe¬ ter Leopold von Toscana, römischer Kaiser wurde. Peter Leopold, in toscana einer der liebenswerthesten Fürsten, ein humaner Refor¬ mator in Justiz- und Administrationssachen, war gleichwohl bestimmt, a s römischer Kaiser in Oesterreich reactionär zu wirken und den jose- pylmicyen Fortschritt mit gelinder Vorsicht zurückzustimmen. So z.B.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/481>, abgerufen am 04.12.2024.