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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

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lichen Beobachter seinen feinen Anstrich zu wahren gewußt hat. Als
am 12. September das große Nationalfest gefeiert wurde, ist leider
dieses anständige und theuere Vergnügen durch einen höchst komischen
Vorfall gestört worden. Das angekündigte Feuerwerk hatte nämlich
eine ungeheuere Masse von Neugierigen vor der äußeren Barriere des
Gartens versammelt. Man stieß, man drängte sich so fürchterlich,
daß die Barriere endlich nachgab und das ganze Heer von Gassen¬
jungen, Handwerksgesellen, Weibern und Kindern hundertweis in den
Garten stürzte. Man kann sich das Entsetzen, die Bestürzung, den
Schreck und die Verwirrung der mannlichen und besonders weiblichen
Patrioten denken, sich mit einem Male von solcher Gesellschaft um¬
geben zu sehen, die durchaus keine Umstände machte, sich an die Tische
setzte, lärmte, Witze riß, sang und besonders im Saal den aufgesetzten
Fleischspeisen so wacker zusprach, daß die herbei gekommene Polizei
endlich Ordnung machen mußte und die Ruhe und den Anstand so
ziemlich wieder herstellte. --

Die GeWerbeausstellung wird nun bald geschlossen werden. Die¬
selbe hat unseren Aeitungscorrespondenten vielfachen Stoff zu Artikeln
und Redensarten gegeben, einen ordentlichen Bericht haben wir je¬
doch noch nicht darüber gelesen. Wir haben noch keine Publicisten,
die mir gehöriger Sachkenntniß über dergleichen schreiben könnten.
Mehrere französische Zeitungen haben sachverständige Männer als Be¬
richterstatter hierher gesandt. Ein gebildeter ausländischer Kaufmann,
der sich mit dem Jndustriewesen lange wissenschaftlich beschäftigt hat,
sagte mir, daß er den deutschen Gewerbefleiß auf dieser Ausstellung
gar nicht- gehörig vertreten finde, daß er dort selbst Sachen von Fab¬
riken gesehen habe, die dieselben weit besser lieferten. -- Mit der
neuen italienischen Operngesellschaft, die ihre Vorstellungen mit der
Oper "it l'em^I.'^lo" von Nicolai eröffnet hat, will man noch
nicht zufrieden sein. Einstudirt wird "Elise, oder die Waise von Luc-
ca". Trauerspiel von Dr. Wiener. Eine nochmalige Verzögerung
der Aufführung dieses Stückes wird wohl Fräulein von Hagn durch
ihre Weigerung herbeiführen, eine andere als die Titelrolle zu spielen.


A. F.
2.

Friedensaussichten. -- Neue Eisenbahnen. -- Continental-Gas-Associations-
Streit. -- Mme- Rott. -- Das Verbot von "Moritz von Sachsen."

Der Friede, der eben zwischen Frankreich und Marokko abge¬
schlossen worden, ist eine Bestätigung des europäischen Friedens über¬
haupt, denn wir wollen es uns nicht verhehlen, daß jene Feindselig¬
keiten Frankreichs gegen eine afrikanische Macht, welche nächst Eng¬
land die Meerenge von Gibraltar, d. h. den Eingang in's mittcllan-


lichen Beobachter seinen feinen Anstrich zu wahren gewußt hat. Als
am 12. September das große Nationalfest gefeiert wurde, ist leider
dieses anständige und theuere Vergnügen durch einen höchst komischen
Vorfall gestört worden. Das angekündigte Feuerwerk hatte nämlich
eine ungeheuere Masse von Neugierigen vor der äußeren Barriere des
Gartens versammelt. Man stieß, man drängte sich so fürchterlich,
daß die Barriere endlich nachgab und das ganze Heer von Gassen¬
jungen, Handwerksgesellen, Weibern und Kindern hundertweis in den
Garten stürzte. Man kann sich das Entsetzen, die Bestürzung, den
Schreck und die Verwirrung der mannlichen und besonders weiblichen
Patrioten denken, sich mit einem Male von solcher Gesellschaft um¬
geben zu sehen, die durchaus keine Umstände machte, sich an die Tische
setzte, lärmte, Witze riß, sang und besonders im Saal den aufgesetzten
Fleischspeisen so wacker zusprach, daß die herbei gekommene Polizei
endlich Ordnung machen mußte und die Ruhe und den Anstand so
ziemlich wieder herstellte. —

Die GeWerbeausstellung wird nun bald geschlossen werden. Die¬
selbe hat unseren Aeitungscorrespondenten vielfachen Stoff zu Artikeln
und Redensarten gegeben, einen ordentlichen Bericht haben wir je¬
doch noch nicht darüber gelesen. Wir haben noch keine Publicisten,
die mir gehöriger Sachkenntniß über dergleichen schreiben könnten.
Mehrere französische Zeitungen haben sachverständige Männer als Be¬
richterstatter hierher gesandt. Ein gebildeter ausländischer Kaufmann,
der sich mit dem Jndustriewesen lange wissenschaftlich beschäftigt hat,
sagte mir, daß er den deutschen Gewerbefleiß auf dieser Ausstellung
gar nicht- gehörig vertreten finde, daß er dort selbst Sachen von Fab¬
riken gesehen habe, die dieselben weit besser lieferten. — Mit der
neuen italienischen Operngesellschaft, die ihre Vorstellungen mit der
Oper „it l'em^I.'^lo" von Nicolai eröffnet hat, will man noch
nicht zufrieden sein. Einstudirt wird „Elise, oder die Waise von Luc-
ca". Trauerspiel von Dr. Wiener. Eine nochmalige Verzögerung
der Aufführung dieses Stückes wird wohl Fräulein von Hagn durch
ihre Weigerung herbeiführen, eine andere als die Titelrolle zu spielen.


A. F.
2.

Friedensaussichten. — Neue Eisenbahnen. — Continental-Gas-Associations-
Streit. — Mme- Rott. — Das Verbot von „Moritz von Sachsen."

Der Friede, der eben zwischen Frankreich und Marokko abge¬
schlossen worden, ist eine Bestätigung des europäischen Friedens über¬
haupt, denn wir wollen es uns nicht verhehlen, daß jene Feindselig¬
keiten Frankreichs gegen eine afrikanische Macht, welche nächst Eng¬
land die Meerenge von Gibraltar, d. h. den Eingang in's mittcllan-


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[0044] lichen Beobachter seinen feinen Anstrich zu wahren gewußt hat. Als am 12. September das große Nationalfest gefeiert wurde, ist leider dieses anständige und theuere Vergnügen durch einen höchst komischen Vorfall gestört worden. Das angekündigte Feuerwerk hatte nämlich eine ungeheuere Masse von Neugierigen vor der äußeren Barriere des Gartens versammelt. Man stieß, man drängte sich so fürchterlich, daß die Barriere endlich nachgab und das ganze Heer von Gassen¬ jungen, Handwerksgesellen, Weibern und Kindern hundertweis in den Garten stürzte. Man kann sich das Entsetzen, die Bestürzung, den Schreck und die Verwirrung der mannlichen und besonders weiblichen Patrioten denken, sich mit einem Male von solcher Gesellschaft um¬ geben zu sehen, die durchaus keine Umstände machte, sich an die Tische setzte, lärmte, Witze riß, sang und besonders im Saal den aufgesetzten Fleischspeisen so wacker zusprach, daß die herbei gekommene Polizei endlich Ordnung machen mußte und die Ruhe und den Anstand so ziemlich wieder herstellte. — Die GeWerbeausstellung wird nun bald geschlossen werden. Die¬ selbe hat unseren Aeitungscorrespondenten vielfachen Stoff zu Artikeln und Redensarten gegeben, einen ordentlichen Bericht haben wir je¬ doch noch nicht darüber gelesen. Wir haben noch keine Publicisten, die mir gehöriger Sachkenntniß über dergleichen schreiben könnten. Mehrere französische Zeitungen haben sachverständige Männer als Be¬ richterstatter hierher gesandt. Ein gebildeter ausländischer Kaufmann, der sich mit dem Jndustriewesen lange wissenschaftlich beschäftigt hat, sagte mir, daß er den deutschen Gewerbefleiß auf dieser Ausstellung gar nicht- gehörig vertreten finde, daß er dort selbst Sachen von Fab¬ riken gesehen habe, die dieselben weit besser lieferten. — Mit der neuen italienischen Operngesellschaft, die ihre Vorstellungen mit der Oper „it l'em^I.'^lo" von Nicolai eröffnet hat, will man noch nicht zufrieden sein. Einstudirt wird „Elise, oder die Waise von Luc- ca". Trauerspiel von Dr. Wiener. Eine nochmalige Verzögerung der Aufführung dieses Stückes wird wohl Fräulein von Hagn durch ihre Weigerung herbeiführen, eine andere als die Titelrolle zu spielen. A. F. 2. Friedensaussichten. — Neue Eisenbahnen. — Continental-Gas-Associations- Streit. — Mme- Rott. — Das Verbot von „Moritz von Sachsen." Der Friede, der eben zwischen Frankreich und Marokko abge¬ schlossen worden, ist eine Bestätigung des europäischen Friedens über¬ haupt, denn wir wollen es uns nicht verhehlen, daß jene Feindselig¬ keiten Frankreichs gegen eine afrikanische Macht, welche nächst Eng¬ land die Meerenge von Gibraltar, d. h. den Eingang in's mittcllan-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/44>, abgerufen am 27.07.2024.