Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
T a g e b u es.



s^,e?^,-/ ,!^,-
Aus Wie u.

Die Entstehung des Gerüchtes vom Anschluß Böhmens an den Zollverein. --
Triester Neuvaurcn und Befestigungen. -- Stein und Rembotdt! -- Chimani,
oder Ehrlich wahrr am längsten. -- Scheingefechte, improvisirter Jagdfrevel.
-- Marode Soldaten. -- Englische Gas-Compagnie. -- Gaveson'S Cafu.

Ueber die Entstehung des Gerüchtes von dem Zoll-Anschlusse
Böhmens, das man etwas vorlaut eine Mystifikation genannt hat,
kann ich Ihnen aus verläßlicher Quelle Folgendes berichten. Es kreu¬
zen sich gegenwartig zwei Sympathien in dem politischen Staatssysteme
der österreichischen Regierung, und bei der engen Berührung, in wel¬
cher Politik und Handel derzeit sind, verpflanzen sich diese auch auf
die commerciellen Verhältnisse. Ein Theil unserer politischen Führer
neigt mehr dem Süden zu und hat die italienischen Interessen im
Auge; sie scheinen freiwillig von Deutschland zurückzutreten und die
germanische Arena dem jungem Rivalen zu überlassen, der nur einen
mächtigen Schritt nach Vorwärts zu thun braucht, um die Fäden der
deutschen Nationaleinheit in der Hand zu haben; die andere Partei,
als deren Organ man den jetzigen Finanzminister Baron von Kübeck
bezeichnet, sieht mehr nach Norden und will den vielhundertjährigen
Schauplatz habsburgischer Macht nicht so leichten Kaufes in die
Schanze schlagen, wobei sie vollkommen richtig von der Ansicht aus¬
geht, daß kein unabwendbares Verhängnis; die österreichische Politik
immer tiefer nach Süden und Osten zurückdränge, sondern die einzige
Schuld in der diplomatischen Indifferenz liege, womit man die Streb¬
nisse des deutschen Volksgeistes zu betrachten genöthigt ist, in dem
Mangel lebendiger Theilnahme an den germanischen Entwickelungen,
in der beharrlichen Weigerung irgend einer nachHalligen Initiative auf
dem Geistesfelde. Beide Seiten haben ihre Motive und historischen
Belege und meinen es gut mit der Dynastie und deren Zukunft. Zu


T a g e b u es.



s^,e?^,-/ ,!^,-
Aus Wie u.

Die Entstehung des Gerüchtes vom Anschluß Böhmens an den Zollverein. —
Triester Neuvaurcn und Befestigungen. — Stein und Rembotdt! — Chimani,
oder Ehrlich wahrr am längsten. — Scheingefechte, improvisirter Jagdfrevel.
— Marode Soldaten. — Englische Gas-Compagnie. — Gaveson'S Cafu.

Ueber die Entstehung des Gerüchtes von dem Zoll-Anschlusse
Böhmens, das man etwas vorlaut eine Mystifikation genannt hat,
kann ich Ihnen aus verläßlicher Quelle Folgendes berichten. Es kreu¬
zen sich gegenwartig zwei Sympathien in dem politischen Staatssysteme
der österreichischen Regierung, und bei der engen Berührung, in wel¬
cher Politik und Handel derzeit sind, verpflanzen sich diese auch auf
die commerciellen Verhältnisse. Ein Theil unserer politischen Führer
neigt mehr dem Süden zu und hat die italienischen Interessen im
Auge; sie scheinen freiwillig von Deutschland zurückzutreten und die
germanische Arena dem jungem Rivalen zu überlassen, der nur einen
mächtigen Schritt nach Vorwärts zu thun braucht, um die Fäden der
deutschen Nationaleinheit in der Hand zu haben; die andere Partei,
als deren Organ man den jetzigen Finanzminister Baron von Kübeck
bezeichnet, sieht mehr nach Norden und will den vielhundertjährigen
Schauplatz habsburgischer Macht nicht so leichten Kaufes in die
Schanze schlagen, wobei sie vollkommen richtig von der Ansicht aus¬
geht, daß kein unabwendbares Verhängnis; die österreichische Politik
immer tiefer nach Süden und Osten zurückdränge, sondern die einzige
Schuld in der diplomatischen Indifferenz liege, womit man die Streb¬
nisse des deutschen Volksgeistes zu betrachten genöthigt ist, in dem
Mangel lebendiger Theilnahme an den germanischen Entwickelungen,
in der beharrlichen Weigerung irgend einer nachHalligen Initiative auf
dem Geistesfelde. Beide Seiten haben ihre Motive und historischen
Belege und meinen es gut mit der Dynastie und deren Zukunft. Zu


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0280" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/181464"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> T a g e b u es.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="2">
            <head>  s^,e?^,-/ ,!^,-<lb/>
Aus Wie u.</head><lb/>
            <note type="argument"> Die Entstehung des Gerüchtes vom Anschluß Böhmens an den Zollverein. &#x2014;<lb/>
Triester Neuvaurcn und Befestigungen. &#x2014; Stein und Rembotdt! &#x2014; Chimani,<lb/>
oder Ehrlich wahrr am längsten. &#x2014; Scheingefechte, improvisirter Jagdfrevel.<lb/>
&#x2014; Marode Soldaten. &#x2014; Englische Gas-Compagnie. &#x2014; Gaveson'S Cafu.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_769" next="#ID_770"> Ueber die Entstehung des Gerüchtes von dem Zoll-Anschlusse<lb/>
Böhmens, das man etwas vorlaut eine Mystifikation genannt hat,<lb/>
kann ich Ihnen aus verläßlicher Quelle Folgendes berichten. Es kreu¬<lb/>
zen sich gegenwartig zwei Sympathien in dem politischen Staatssysteme<lb/>
der österreichischen Regierung, und bei der engen Berührung, in wel¬<lb/>
cher Politik und Handel derzeit sind, verpflanzen sich diese auch auf<lb/>
die commerciellen Verhältnisse. Ein Theil unserer politischen Führer<lb/>
neigt mehr dem Süden zu und hat die italienischen Interessen im<lb/>
Auge; sie scheinen freiwillig von Deutschland zurückzutreten und die<lb/>
germanische Arena dem jungem Rivalen zu überlassen, der nur einen<lb/>
mächtigen Schritt nach Vorwärts zu thun braucht, um die Fäden der<lb/>
deutschen Nationaleinheit in der Hand zu haben; die andere Partei,<lb/>
als deren Organ man den jetzigen Finanzminister Baron von Kübeck<lb/>
bezeichnet, sieht mehr nach Norden und will den vielhundertjährigen<lb/>
Schauplatz habsburgischer Macht nicht so leichten Kaufes in die<lb/>
Schanze schlagen, wobei sie vollkommen richtig von der Ansicht aus¬<lb/>
geht, daß kein unabwendbares Verhängnis; die österreichische Politik<lb/>
immer tiefer nach Süden und Osten zurückdränge, sondern die einzige<lb/>
Schuld in der diplomatischen Indifferenz liege, womit man die Streb¬<lb/>
nisse des deutschen Volksgeistes zu betrachten genöthigt ist, in dem<lb/>
Mangel lebendiger Theilnahme an den germanischen Entwickelungen,<lb/>
in der beharrlichen Weigerung irgend einer nachHalligen Initiative auf<lb/>
dem Geistesfelde. Beide Seiten haben ihre Motive und historischen<lb/>
Belege und meinen es gut mit der Dynastie und deren Zukunft. Zu</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0280] T a g e b u es. s^,e?^,-/ ,!^,- Aus Wie u. Die Entstehung des Gerüchtes vom Anschluß Böhmens an den Zollverein. — Triester Neuvaurcn und Befestigungen. — Stein und Rembotdt! — Chimani, oder Ehrlich wahrr am längsten. — Scheingefechte, improvisirter Jagdfrevel. — Marode Soldaten. — Englische Gas-Compagnie. — Gaveson'S Cafu. Ueber die Entstehung des Gerüchtes von dem Zoll-Anschlusse Böhmens, das man etwas vorlaut eine Mystifikation genannt hat, kann ich Ihnen aus verläßlicher Quelle Folgendes berichten. Es kreu¬ zen sich gegenwartig zwei Sympathien in dem politischen Staatssysteme der österreichischen Regierung, und bei der engen Berührung, in wel¬ cher Politik und Handel derzeit sind, verpflanzen sich diese auch auf die commerciellen Verhältnisse. Ein Theil unserer politischen Führer neigt mehr dem Süden zu und hat die italienischen Interessen im Auge; sie scheinen freiwillig von Deutschland zurückzutreten und die germanische Arena dem jungem Rivalen zu überlassen, der nur einen mächtigen Schritt nach Vorwärts zu thun braucht, um die Fäden der deutschen Nationaleinheit in der Hand zu haben; die andere Partei, als deren Organ man den jetzigen Finanzminister Baron von Kübeck bezeichnet, sieht mehr nach Norden und will den vielhundertjährigen Schauplatz habsburgischer Macht nicht so leichten Kaufes in die Schanze schlagen, wobei sie vollkommen richtig von der Ansicht aus¬ geht, daß kein unabwendbares Verhängnis; die österreichische Politik immer tiefer nach Süden und Osten zurückdränge, sondern die einzige Schuld in der diplomatischen Indifferenz liege, womit man die Streb¬ nisse des deutschen Volksgeistes zu betrachten genöthigt ist, in dem Mangel lebendiger Theilnahme an den germanischen Entwickelungen, in der beharrlichen Weigerung irgend einer nachHalligen Initiative auf dem Geistesfelde. Beide Seiten haben ihre Motive und historischen Belege und meinen es gut mit der Dynastie und deren Zukunft. Zu

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/280
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_341790/280>, abgerufen am 04.12.2024.