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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Reisende Literaten. -- Herr von Holbein und die Schauspieler. -- Saphir'6
Humorist. -- Adami kontra Siegländer. -- Castelli. -- Groß-Hoffinger. --
Gebesserte Sträflinge.

Es scheint in der That, daß die Eisenbahnen auch auf die Lite¬
ratur förderlich einwirken, wie es die Grenzboten bereits einmal in
Bezug auf die dramatischen Dichter hervorgehoben haben. Kaum sprin¬
gen die Knospen an den Bäumen unserer Glacisalleen, so steigen un¬
sere jüngeren Literaten auch schon über diese in die Waggons und
lassen sich von den Fittigen des Dampfpegasus in alle Gegenden
Deutschlands entführen. Da sechzig Pfund Gepäck frei ist, so neh¬
men sie so wenig Wäsche als möglich mit und füllen ihr Felleisen
desto fleißiger mit dramatischen Manuskripten, die sie auf ihrer Wan¬
derung alle an Mann bringen wollen. Das wissen aber die Bühnen¬
vorstände Deutschlands recht gut und machen sich größtentheils aus
dem Staube, d. h. gehen gleichfalls auf Reisen, um junge Mann¬
schaft für die gelichteten Reihen ihrer Kunst-Armee zu werben, oder
sich an kleinen Höfen große Orden zu holen und zwei Monate lang
unter engagcmentslustigen Actricen und unflüggen Dramatikern auf
Staatskosten ein herrliches Seigneurleben zu führen.

Hr. v.Holbein, welcher nächstens denRegierungsrathstitel erhalten soll,
verläßt zu Ende des Monats Juni Wien und tritt eine Reise nach
Deutschland an, bei der es ihm hauptsächlich um das Engagement
jugendlicher Künstler zu thun ist, indem einige der hiesigen Kräfte
sichtbar gealtert haben und selbst dem illusionstrunkenen Burgthearer-
Publicum nicht mehr recht genügen wollen und den Wiener Witz her-


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Reisende Literaten. — Herr von Holbein und die Schauspieler. — Saphir'6
Humorist. — Adami kontra Siegländer. — Castelli. — Groß-Hoffinger. —
Gebesserte Sträflinge.

Es scheint in der That, daß die Eisenbahnen auch auf die Lite¬
ratur förderlich einwirken, wie es die Grenzboten bereits einmal in
Bezug auf die dramatischen Dichter hervorgehoben haben. Kaum sprin¬
gen die Knospen an den Bäumen unserer Glacisalleen, so steigen un¬
sere jüngeren Literaten auch schon über diese in die Waggons und
lassen sich von den Fittigen des Dampfpegasus in alle Gegenden
Deutschlands entführen. Da sechzig Pfund Gepäck frei ist, so neh¬
men sie so wenig Wäsche als möglich mit und füllen ihr Felleisen
desto fleißiger mit dramatischen Manuskripten, die sie auf ihrer Wan¬
derung alle an Mann bringen wollen. Das wissen aber die Bühnen¬
vorstände Deutschlands recht gut und machen sich größtentheils aus
dem Staube, d. h. gehen gleichfalls auf Reisen, um junge Mann¬
schaft für die gelichteten Reihen ihrer Kunst-Armee zu werben, oder
sich an kleinen Höfen große Orden zu holen und zwei Monate lang
unter engagcmentslustigen Actricen und unflüggen Dramatikern auf
Staatskosten ein herrliches Seigneurleben zu führen.

Hr. v.Holbein, welcher nächstens denRegierungsrathstitel erhalten soll,
verläßt zu Ende des Monats Juni Wien und tritt eine Reise nach
Deutschland an, bei der es ihm hauptsächlich um das Engagement
jugendlicher Künstler zu thun ist, indem einige der hiesigen Kräfte
sichtbar gealtert haben und selbst dem illusionstrunkenen Burgthearer-
Publicum nicht mehr recht genügen wollen und den Wiener Witz her-


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[0091] Tage b u es. i. Aus Wie u. W^^^^ Reisende Literaten. — Herr von Holbein und die Schauspieler. — Saphir'6 Humorist. — Adami kontra Siegländer. — Castelli. — Groß-Hoffinger. — Gebesserte Sträflinge. Es scheint in der That, daß die Eisenbahnen auch auf die Lite¬ ratur förderlich einwirken, wie es die Grenzboten bereits einmal in Bezug auf die dramatischen Dichter hervorgehoben haben. Kaum sprin¬ gen die Knospen an den Bäumen unserer Glacisalleen, so steigen un¬ sere jüngeren Literaten auch schon über diese in die Waggons und lassen sich von den Fittigen des Dampfpegasus in alle Gegenden Deutschlands entführen. Da sechzig Pfund Gepäck frei ist, so neh¬ men sie so wenig Wäsche als möglich mit und füllen ihr Felleisen desto fleißiger mit dramatischen Manuskripten, die sie auf ihrer Wan¬ derung alle an Mann bringen wollen. Das wissen aber die Bühnen¬ vorstände Deutschlands recht gut und machen sich größtentheils aus dem Staube, d. h. gehen gleichfalls auf Reisen, um junge Mann¬ schaft für die gelichteten Reihen ihrer Kunst-Armee zu werben, oder sich an kleinen Höfen große Orden zu holen und zwei Monate lang unter engagcmentslustigen Actricen und unflüggen Dramatikern auf Staatskosten ein herrliches Seigneurleben zu führen. Hr. v.Holbein, welcher nächstens denRegierungsrathstitel erhalten soll, verläßt zu Ende des Monats Juni Wien und tritt eine Reise nach Deutschland an, bei der es ihm hauptsächlich um das Engagement jugendlicher Künstler zu thun ist, indem einige der hiesigen Kräfte sichtbar gealtert haben und selbst dem illusionstrunkenen Burgthearer- Publicum nicht mehr recht genügen wollen und den Wiener Witz her- II»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/91>, abgerufen am 22.12.2024.