Das Bellmanns - F e se. Ein Lebensbild aus Skandinavien von Eduard Boas. ^-o""'
Schon seit mehreren Tagen sprach man davon in Stockholm, und wohin ich kam, in Familien, Conditoreien und Ressourcen fragte man mich: Sie kommen doch auch zum Bellmannsfeft? -- Ja wohl! antwortete ich dann stets, aber ich will's nur offen gestehen, damit meine Leser nicht unnütz erröthen, ich ahnte nicht einmal, was sür ein Fest eigentlich zu erwarten sei. Wohl wußte ich, daß in Schwe¬ den vor manchem Jahr ein Poet, Namens Bellmann, gelebt hatte, doch an diesen dachte ich kaum. Auch wir in Deutschland haben Dichter gehabt, viel tausendmal größer, als Bellmann einer war, und wird ihnen wohl irgendwo ein Volksfest gefeiert? Nein, nein! Wenn sie todt sind, kommen sie in die Walhalla, und damit ist's gut
Aber hier sollte die Feier wirklich einem Poeten gelten, und als ich nun anfing, mich mit ihm bekannt zu machen, da sah ich wohl, daß er tief in'S schwedische Leben eingewachsen sei. Seine Geschichte läßt sich mit wenigen Worten andeuten. Karl Michael Bellmann wurde am 4. Februar t740 zu Stockholm geboren; seine Eltern waren stille, emsige Leute, und er wuchs in engen Verhältnissen auf. Die Muse der Dichtkunst sucht nicht Marmorsäle mit goldumfaßten Spiegeln und sammtnen Divans; sie tritt am liebsten in solche kleine saubere Häuschen ein. Bellmann's Auge und sein Herz berührte sie, da sah er mehr als andere Menschen, und das Herz wurde gut und fromm, aber auch stolz dabei. Andächtige Lieder dichtete er und pries den großen Gott, der eine so schöne Welt geschaffen. Das war die Zeit seiner idyllischen Jugend.
Sem Blut fing stürmischer an zu fließen, sein Auge blitzte Hel¬ ler und das Leben schaute, jubelnd und traumbekränzt, zu ihm durch's
Grenzl-öde" !Li4. I. 87
Das Bellmanns - F e se. Ein Lebensbild aus Skandinavien von Eduard Boas. ^-o""'
Schon seit mehreren Tagen sprach man davon in Stockholm, und wohin ich kam, in Familien, Conditoreien und Ressourcen fragte man mich: Sie kommen doch auch zum Bellmannsfeft? — Ja wohl! antwortete ich dann stets, aber ich will's nur offen gestehen, damit meine Leser nicht unnütz erröthen, ich ahnte nicht einmal, was sür ein Fest eigentlich zu erwarten sei. Wohl wußte ich, daß in Schwe¬ den vor manchem Jahr ein Poet, Namens Bellmann, gelebt hatte, doch an diesen dachte ich kaum. Auch wir in Deutschland haben Dichter gehabt, viel tausendmal größer, als Bellmann einer war, und wird ihnen wohl irgendwo ein Volksfest gefeiert? Nein, nein! Wenn sie todt sind, kommen sie in die Walhalla, und damit ist's gut
Aber hier sollte die Feier wirklich einem Poeten gelten, und als ich nun anfing, mich mit ihm bekannt zu machen, da sah ich wohl, daß er tief in'S schwedische Leben eingewachsen sei. Seine Geschichte läßt sich mit wenigen Worten andeuten. Karl Michael Bellmann wurde am 4. Februar t740 zu Stockholm geboren; seine Eltern waren stille, emsige Leute, und er wuchs in engen Verhältnissen auf. Die Muse der Dichtkunst sucht nicht Marmorsäle mit goldumfaßten Spiegeln und sammtnen Divans; sie tritt am liebsten in solche kleine saubere Häuschen ein. Bellmann's Auge und sein Herz berührte sie, da sah er mehr als andere Menschen, und das Herz wurde gut und fromm, aber auch stolz dabei. Andächtige Lieder dichtete er und pries den großen Gott, der eine so schöne Welt geschaffen. Das war die Zeit seiner idyllischen Jugend.
Sem Blut fing stürmischer an zu fließen, sein Auge blitzte Hel¬ ler und das Leben schaute, jubelnd und traumbekränzt, zu ihm durch's
Grenzl-öde» !Li4. I. 87
<TEI><text><body><div><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0677"corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180390"/></div></div><divn="1"><head> Das Bellmanns - F e se.<lb/>
Ein Lebensbild aus Skandinavien<lb/><notetype="byline"> von Eduard Boas.</note> ^-o""' </head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><pxml:id="ID_1761"> Schon seit mehreren Tagen sprach man davon in Stockholm,<lb/>
und wohin ich kam, in Familien, Conditoreien und Ressourcen fragte<lb/>
man mich: Sie kommen doch auch zum Bellmannsfeft? — Ja wohl!<lb/>
antwortete ich dann stets, aber ich will's nur offen gestehen, damit<lb/>
meine Leser nicht unnütz erröthen, ich ahnte nicht einmal, was sür<lb/>
ein Fest eigentlich zu erwarten sei. Wohl wußte ich, daß in Schwe¬<lb/>
den vor manchem Jahr ein Poet, Namens Bellmann, gelebt hatte,<lb/>
doch an diesen dachte ich kaum. Auch wir in Deutschland haben<lb/>
Dichter gehabt, viel tausendmal größer, als Bellmann einer war,<lb/>
und wird ihnen wohl irgendwo ein Volksfest gefeiert? Nein, nein!<lb/>
Wenn sie todt sind, kommen sie in die Walhalla, und damit ist's gut</p><lb/><pxml:id="ID_1762"> Aber hier sollte die Feier wirklich einem Poeten gelten, und als<lb/>
ich nun anfing, mich mit ihm bekannt zu machen, da sah ich wohl,<lb/>
daß er tief in'S schwedische Leben eingewachsen sei. Seine Geschichte<lb/>
läßt sich mit wenigen Worten andeuten. Karl Michael Bellmann<lb/>
wurde am 4. Februar t740 zu Stockholm geboren; seine Eltern<lb/>
waren stille, emsige Leute, und er wuchs in engen Verhältnissen auf.<lb/>
Die Muse der Dichtkunst sucht nicht Marmorsäle mit goldumfaßten<lb/>
Spiegeln und sammtnen Divans; sie tritt am liebsten in solche kleine<lb/>
saubere Häuschen ein. Bellmann's Auge und sein Herz berührte sie,<lb/>
da sah er mehr als andere Menschen, und das Herz wurde gut und<lb/>
fromm, aber auch stolz dabei. Andächtige Lieder dichtete er und pries<lb/>
den großen Gott, der eine so schöne Welt geschaffen. Das war die<lb/>
Zeit seiner idyllischen Jugend.</p><lb/><pxml:id="ID_1763"next="#ID_1764"> Sem Blut fing stürmischer an zu fließen, sein Auge blitzte Hel¬<lb/>
ler und das Leben schaute, jubelnd und traumbekränzt, zu ihm durch's</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"> Grenzl-öde» !Li4. I. 87</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[0677]
Das Bellmanns - F e se.
Ein Lebensbild aus Skandinavien
von Eduard Boas. ^-o""'
Schon seit mehreren Tagen sprach man davon in Stockholm,
und wohin ich kam, in Familien, Conditoreien und Ressourcen fragte
man mich: Sie kommen doch auch zum Bellmannsfeft? — Ja wohl!
antwortete ich dann stets, aber ich will's nur offen gestehen, damit
meine Leser nicht unnütz erröthen, ich ahnte nicht einmal, was sür
ein Fest eigentlich zu erwarten sei. Wohl wußte ich, daß in Schwe¬
den vor manchem Jahr ein Poet, Namens Bellmann, gelebt hatte,
doch an diesen dachte ich kaum. Auch wir in Deutschland haben
Dichter gehabt, viel tausendmal größer, als Bellmann einer war,
und wird ihnen wohl irgendwo ein Volksfest gefeiert? Nein, nein!
Wenn sie todt sind, kommen sie in die Walhalla, und damit ist's gut
Aber hier sollte die Feier wirklich einem Poeten gelten, und als
ich nun anfing, mich mit ihm bekannt zu machen, da sah ich wohl,
daß er tief in'S schwedische Leben eingewachsen sei. Seine Geschichte
läßt sich mit wenigen Worten andeuten. Karl Michael Bellmann
wurde am 4. Februar t740 zu Stockholm geboren; seine Eltern
waren stille, emsige Leute, und er wuchs in engen Verhältnissen auf.
Die Muse der Dichtkunst sucht nicht Marmorsäle mit goldumfaßten
Spiegeln und sammtnen Divans; sie tritt am liebsten in solche kleine
saubere Häuschen ein. Bellmann's Auge und sein Herz berührte sie,
da sah er mehr als andere Menschen, und das Herz wurde gut und
fromm, aber auch stolz dabei. Andächtige Lieder dichtete er und pries
den großen Gott, der eine so schöne Welt geschaffen. Das war die
Zeit seiner idyllischen Jugend.
Sem Blut fing stürmischer an zu fließen, sein Auge blitzte Hel¬
ler und das Leben schaute, jubelnd und traumbekränzt, zu ihm durch's
Grenzl-öde» !Li4. I. 87
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;
Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/677>, abgerufen am 29.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.