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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Die Flam>ander und ihrs KiL.,eVatur.
Eine Skizze
von
I. Ä u r a n d a.



I.
Die flamändische Bewegung.

Der Alte starb; aber seine Nachkommen achteten
sein Gesetz; und je nach zehn Jahren versammelten
sich alle Glieder seines Geschlechtes/ die ihr Man-
, nesalter erreicht hatten, .und ein Schwert an der
Hüfte trugen, und sie feierten das Angedenken, ihres
Ahnherrn bei Banquet und freundschaftlicher Rebe,
und schüttelten sich die Hände zur Erneuerung des
Bundes, und schwuren sich Treue und gegenseitigen
Beistand; und bis auf den heutigen Tage blüht der
edle Stamm.--^--

-- Hagels Annalen. --

Es ist ein edles polnisches Geschlecht/ von welchem der alte Chro¬
nist erzählt, ein Geschlecht, das alle Revolutionen überlebte und bis auf
diesen Augenblick seinen Namen siegreich erhalten hat" Wären alle Stämme
diesem Beispiele, gefolgt, dann würde die Geschichte uns nicht den An¬
blick eines Ameisenkriegs bieten; wir würden nicht den trübseligen Anblick
von hundert zwerghaften Nationen haben, die jede ihre eigne Fahne,
ihre eignen Farben, ihr eignes Spielzeug zu haben verlangen und ihre
Kraft gegenseitig aufreiben, sondern die Menschheit würde in wenige
große Körperschaften und Geschlechter getheilt, dem erhabenen Ziele der
Vollendung entgegeneilen. Vielleichtwärensienünder marin'abfällig alöjetzt, der
Zahl nach, aber die Mannichfaltigkeiten wären kräftt'ger und entscheidender
und die Welt böte den Anblick eines Feldes, auf welchem Niesen um
den Preis streiten, statt daß sie jetzt ein Schauplatz ist, auf welchem ein
Gewimmel von Zwergen mit kurzen Beinen und schwachen Armen sich
den Nang streitig machen.

Geben wir der neuesten Zeit die Anerkennung, daß sie nicht nur
auf dem Wege der Industrie die einzelnen Völkerparzellen mit einander


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Die Flam>ander und ihrs KiL.,eVatur.
Eine Skizze
von
I. Ä u r a n d a.



I.
Die flamändische Bewegung.

Der Alte starb; aber seine Nachkommen achteten
sein Gesetz; und je nach zehn Jahren versammelten
sich alle Glieder seines Geschlechtes/ die ihr Man-
, nesalter erreicht hatten, .und ein Schwert an der
Hüfte trugen, und sie feierten das Angedenken, ihres
Ahnherrn bei Banquet und freundschaftlicher Rebe,
und schüttelten sich die Hände zur Erneuerung des
Bundes, und schwuren sich Treue und gegenseitigen
Beistand; und bis auf den heutigen Tage blüht der
edle Stamm.--^--

— Hagels Annalen. —

Es ist ein edles polnisches Geschlecht/ von welchem der alte Chro¬
nist erzählt, ein Geschlecht, das alle Revolutionen überlebte und bis auf
diesen Augenblick seinen Namen siegreich erhalten hat» Wären alle Stämme
diesem Beispiele, gefolgt, dann würde die Geschichte uns nicht den An¬
blick eines Ameisenkriegs bieten; wir würden nicht den trübseligen Anblick
von hundert zwerghaften Nationen haben, die jede ihre eigne Fahne,
ihre eignen Farben, ihr eignes Spielzeug zu haben verlangen und ihre
Kraft gegenseitig aufreiben, sondern die Menschheit würde in wenige
große Körperschaften und Geschlechter getheilt, dem erhabenen Ziele der
Vollendung entgegeneilen. Vielleichtwärensienünder marin'abfällig alöjetzt, der
Zahl nach, aber die Mannichfaltigkeiten wären kräftt'ger und entscheidender
und die Welt böte den Anblick eines Feldes, auf welchem Niesen um
den Preis streiten, statt daß sie jetzt ein Schauplatz ist, auf welchem ein
Gewimmel von Zwergen mit kurzen Beinen und schwachen Armen sich
den Nang streitig machen.

Geben wir der neuesten Zeit die Anerkennung, daß sie nicht nur
auf dem Wege der Industrie die einzelnen Völkerparzellen mit einander


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[0491] Die Flam>ander und ihrs KiL.,eVatur. Eine Skizze von I. Ä u r a n d a. I. Die flamändische Bewegung. Der Alte starb; aber seine Nachkommen achteten sein Gesetz; und je nach zehn Jahren versammelten sich alle Glieder seines Geschlechtes/ die ihr Man- , nesalter erreicht hatten, .und ein Schwert an der Hüfte trugen, und sie feierten das Angedenken, ihres Ahnherrn bei Banquet und freundschaftlicher Rebe, und schüttelten sich die Hände zur Erneuerung des Bundes, und schwuren sich Treue und gegenseitigen Beistand; und bis auf den heutigen Tage blüht der edle Stamm.--^-- — Hagels Annalen. — Es ist ein edles polnisches Geschlecht/ von welchem der alte Chro¬ nist erzählt, ein Geschlecht, das alle Revolutionen überlebte und bis auf diesen Augenblick seinen Namen siegreich erhalten hat» Wären alle Stämme diesem Beispiele, gefolgt, dann würde die Geschichte uns nicht den An¬ blick eines Ameisenkriegs bieten; wir würden nicht den trübseligen Anblick von hundert zwerghaften Nationen haben, die jede ihre eigne Fahne, ihre eignen Farben, ihr eignes Spielzeug zu haben verlangen und ihre Kraft gegenseitig aufreiben, sondern die Menschheit würde in wenige große Körperschaften und Geschlechter getheilt, dem erhabenen Ziele der Vollendung entgegeneilen. Vielleichtwärensienünder marin'abfällig alöjetzt, der Zahl nach, aber die Mannichfaltigkeiten wären kräftt'ger und entscheidender und die Welt böte den Anblick eines Feldes, auf welchem Niesen um den Preis streiten, statt daß sie jetzt ein Schauplatz ist, auf welchem ein Gewimmel von Zwergen mit kurzen Beinen und schwachen Armen sich den Nang streitig machen. Geben wir der neuesten Zeit die Anerkennung, daß sie nicht nur auf dem Wege der Industrie die einzelnen Völkerparzellen mit einander 65

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/491>, abgerufen am 27.06.2024.