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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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stir eine beglaubigte mischen kann. Wels würden aber die Richter anfangen, wenn
um plötzlich ein dritter Musikalienhändler aufträte, der das Originalmanuscript be¬
säße? Während der Zeit übrigens, daß die Eigenthumsfrage noch sub in<ti?o ist,
machen die gegnerischen Parteien einander das Recht der öffentlichen Aufführung des
Stückes streitig. Mehrere Fragmente des Kt"I>->t figurirten im Programm jenes
Concertes, das von der Redaction einer musikalischen Zeitung gegeben wurde, mit
^ welcher einer der Kläger in genaueren Verbindungen stehen soll. Ohne Zeit zu ver¬
lieren reicht der andere eine Klageschrift ein, und erhält gegen seinen Mitbewerber
ein Verbot für den Augenblick dieses Vorhaben auszuführen. Der Andere hingegen
bat sich vorgenommen, sein Le!>I>-et mit großem Pompe auf dem riiv-Uri- nienen
hören zu lassen; aber siehe da! --die Direction der großen Oper, die mit dem
Ersten in Verbindung steht, machte von ihrem Privilegium Gebrauch, und legte Ein¬
sprache dagegen ein, daß eine Schauspielerunternchnmng, der diese Erlaubnniß nicht
zustehe, ein Concert gebe. -- Q komische Welt, o närrische Leute!

Der alte thrancnclassische Roman, Paul und Virginie von Bernardin de Se.
Pierre, ist zum Gegenstände eines Dramas geworden, welches im Ambigu-Theater
zur Aufführung kam. Der Erfolg war günstig, wäre aber bald dnrch ein sonder¬
bares Intermezzo gestört worden. Die Verfasser erhielten nehmlich durch einen Ge-
richtsdiener plötzlich die Aufforderung, aus ihrem Stücke die Person des Bernardin
von Se. Pierre zu streichen. Diese Aufforderung geschah im Namen des Nachkömm¬
ling" des berühmten Verfassers jenes Romans. Man stelle sich die Verlegenheit
vor! Indeß versuchte man es, Herrn Bernardin von Se. Pierre junior durch
Bitten zu bewegen. "Wollen Sie unseren Ruin, -- riefen ihm die Verfasser zu --
was haben Sie denn uns vorzuwerfen?" "Nichts, antwortete der Sohn des be¬
rühmten Mannes, aber die Berühmtheit meines Vaters bringt mich zur Verzweiflung,
ich bin ein Freund der Ruhe, meine Herren, ich lechze darnach, im Stillen ganz
unbekannt zu leben, und der Tag, an welchem der Name meines Vaters endlich
in Vergessenheit gerathen sein wird, wird der Anfang meines Glückes sein". "Wenn
Sie diesen Augenblick erwarten, dann wünschen wir Ihnen viel Geduld". -- Glück¬
licherweise hatte diese Sache weiter keine Folge.




Philipp II. und sei" e Briefe.

Die Gesellschaft belgischer Bibliophilen hat ein merkwürdiges Buch edirt: Der
Briefwechsel zwischen Philipp II. und Margaretha von Parma, wie er in den
Brüsseler Archiven sich vorfand. Baron Reiffcnberg, einer der thätigsten Gelehrten
Belgiens, hat.das Material geordnet, und das Buch mit einer Vorrede eingeleitet'
Aus dieser Correspondenz geht zwar kein neues Charakterbild Philipps hervor,
welche? die bisherige Anschauung reformirte, aber viele einzelne Züge treten schärfer


stir eine beglaubigte mischen kann. Wels würden aber die Richter anfangen, wenn
um plötzlich ein dritter Musikalienhändler aufträte, der das Originalmanuscript be¬
säße? Während der Zeit übrigens, daß die Eigenthumsfrage noch sub in<ti?o ist,
machen die gegnerischen Parteien einander das Recht der öffentlichen Aufführung des
Stückes streitig. Mehrere Fragmente des Kt»I>->t figurirten im Programm jenes
Concertes, das von der Redaction einer musikalischen Zeitung gegeben wurde, mit
^ welcher einer der Kläger in genaueren Verbindungen stehen soll. Ohne Zeit zu ver¬
lieren reicht der andere eine Klageschrift ein, und erhält gegen seinen Mitbewerber
ein Verbot für den Augenblick dieses Vorhaben auszuführen. Der Andere hingegen
bat sich vorgenommen, sein Le!>I>-et mit großem Pompe auf dem riiv-Uri- nienen
hören zu lassen; aber siehe da! —die Direction der großen Oper, die mit dem
Ersten in Verbindung steht, machte von ihrem Privilegium Gebrauch, und legte Ein¬
sprache dagegen ein, daß eine Schauspielerunternchnmng, der diese Erlaubnniß nicht
zustehe, ein Concert gebe. — Q komische Welt, o närrische Leute!

Der alte thrancnclassische Roman, Paul und Virginie von Bernardin de Se.
Pierre, ist zum Gegenstände eines Dramas geworden, welches im Ambigu-Theater
zur Aufführung kam. Der Erfolg war günstig, wäre aber bald dnrch ein sonder¬
bares Intermezzo gestört worden. Die Verfasser erhielten nehmlich durch einen Ge-
richtsdiener plötzlich die Aufforderung, aus ihrem Stücke die Person des Bernardin
von Se. Pierre zu streichen. Diese Aufforderung geschah im Namen des Nachkömm¬
ling« des berühmten Verfassers jenes Romans. Man stelle sich die Verlegenheit
vor! Indeß versuchte man es, Herrn Bernardin von Se. Pierre junior durch
Bitten zu bewegen. »Wollen Sie unseren Ruin, — riefen ihm die Verfasser zu —
was haben Sie denn uns vorzuwerfen?" „Nichts, antwortete der Sohn des be¬
rühmten Mannes, aber die Berühmtheit meines Vaters bringt mich zur Verzweiflung,
ich bin ein Freund der Ruhe, meine Herren, ich lechze darnach, im Stillen ganz
unbekannt zu leben, und der Tag, an welchem der Name meines Vaters endlich
in Vergessenheit gerathen sein wird, wird der Anfang meines Glückes sein". „Wenn
Sie diesen Augenblick erwarten, dann wünschen wir Ihnen viel Geduld". — Glück¬
licherweise hatte diese Sache weiter keine Folge.




Philipp II. und sei» e Briefe.

Die Gesellschaft belgischer Bibliophilen hat ein merkwürdiges Buch edirt: Der
Briefwechsel zwischen Philipp II. und Margaretha von Parma, wie er in den
Brüsseler Archiven sich vorfand. Baron Reiffcnberg, einer der thätigsten Gelehrten
Belgiens, hat.das Material geordnet, und das Buch mit einer Vorrede eingeleitet'
Aus dieser Correspondenz geht zwar kein neues Charakterbild Philipps hervor,
welche? die bisherige Anschauung reformirte, aber viele einzelne Züge treten schärfer


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[0134] stir eine beglaubigte mischen kann. Wels würden aber die Richter anfangen, wenn um plötzlich ein dritter Musikalienhändler aufträte, der das Originalmanuscript be¬ säße? Während der Zeit übrigens, daß die Eigenthumsfrage noch sub in<ti?o ist, machen die gegnerischen Parteien einander das Recht der öffentlichen Aufführung des Stückes streitig. Mehrere Fragmente des Kt»I>->t figurirten im Programm jenes Concertes, das von der Redaction einer musikalischen Zeitung gegeben wurde, mit ^ welcher einer der Kläger in genaueren Verbindungen stehen soll. Ohne Zeit zu ver¬ lieren reicht der andere eine Klageschrift ein, und erhält gegen seinen Mitbewerber ein Verbot für den Augenblick dieses Vorhaben auszuführen. Der Andere hingegen bat sich vorgenommen, sein Le!>I>-et mit großem Pompe auf dem riiv-Uri- nienen hören zu lassen; aber siehe da! —die Direction der großen Oper, die mit dem Ersten in Verbindung steht, machte von ihrem Privilegium Gebrauch, und legte Ein¬ sprache dagegen ein, daß eine Schauspielerunternchnmng, der diese Erlaubnniß nicht zustehe, ein Concert gebe. — Q komische Welt, o närrische Leute! Der alte thrancnclassische Roman, Paul und Virginie von Bernardin de Se. Pierre, ist zum Gegenstände eines Dramas geworden, welches im Ambigu-Theater zur Aufführung kam. Der Erfolg war günstig, wäre aber bald dnrch ein sonder¬ bares Intermezzo gestört worden. Die Verfasser erhielten nehmlich durch einen Ge- richtsdiener plötzlich die Aufforderung, aus ihrem Stücke die Person des Bernardin von Se. Pierre zu streichen. Diese Aufforderung geschah im Namen des Nachkömm¬ ling« des berühmten Verfassers jenes Romans. Man stelle sich die Verlegenheit vor! Indeß versuchte man es, Herrn Bernardin von Se. Pierre junior durch Bitten zu bewegen. »Wollen Sie unseren Ruin, — riefen ihm die Verfasser zu — was haben Sie denn uns vorzuwerfen?" „Nichts, antwortete der Sohn des be¬ rühmten Mannes, aber die Berühmtheit meines Vaters bringt mich zur Verzweiflung, ich bin ein Freund der Ruhe, meine Herren, ich lechze darnach, im Stillen ganz unbekannt zu leben, und der Tag, an welchem der Name meines Vaters endlich in Vergessenheit gerathen sein wird, wird der Anfang meines Glückes sein". „Wenn Sie diesen Augenblick erwarten, dann wünschen wir Ihnen viel Geduld". — Glück¬ licherweise hatte diese Sache weiter keine Folge. Philipp II. und sei» e Briefe. Die Gesellschaft belgischer Bibliophilen hat ein merkwürdiges Buch edirt: Der Briefwechsel zwischen Philipp II. und Margaretha von Parma, wie er in den Brüsseler Archiven sich vorfand. Baron Reiffcnberg, einer der thätigsten Gelehrten Belgiens, hat.das Material geordnet, und das Buch mit einer Vorrede eingeleitet' Aus dieser Correspondenz geht zwar kein neues Charakterbild Philipps hervor, welche? die bisherige Anschauung reformirte, aber viele einzelne Züge treten schärfer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/134>, abgerufen am 27.06.2024.