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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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nicht möglich sei, die Einwirkung der Naturforscherversammlung auf das^Leben
noch bedeutender zu machen, durch Auswahl passender Gegenstände für den
Vortrag in den allgemeinen und öffentlichen Sitzungen. Das Resumiren gan¬
zer wissenschaftlicher Richtungen z. B. kann für den Gelehrten, wie für den
Laien interessant sein, wenn ein bedeutender Mann sich dazu herab- oder viel¬
mehr hinausläßt; denn wir rönnen es ganz offen gestehen, unser Mangel an
öffentlichem Leben hat bei uns zwar nicht die Gabe des Vortrags -- denn diese
findet sich oft genug auf dem Katheder -- wohl aber die Gabe selten gemacht,
wissenschaftliche Gegenstände klar, der Menge verständlich und Interesse erre¬
gend darzustellen.

Uebrigens haben die Bewohner von Mainz, ihre würdigen Geschäftsführer
an der Spitze, ihren alten Ruf der Gastfreundschaft und ihres "Festsinnes" be¬
währt. Ihre Festlichkeiten waren so geschmackvoll, als die Aufnahme herzlich.
Ich nenne Ihnen vor Allem die Ausführung des Belsazar von den zahlreichen
Musikvcreinen des Rheingaues. siebentausend Menschen füllten die schön ge¬
schmückte Fruchthalle und ich habe während der fünfstündigen, musterhaften
Ausführung nur auf wenig Gesichtern Langeweile bemerkt. Dem voneert mon-
"tre, wie man in Paris sagen würde, folgte ein bal monstrs, auf welchem
die Naturforscher, besonders diejenigen, die sich mit den Verschiedenheiten der
Menschenracen beschäftigten, sich überzeugen konnten, daß die Mainzerinnen
keine üble Race sind. In der That zeigten auch viele dieser Herren For^
scher, daß sie auch praktische Freunde der schönen Natur sind. Gar allerliebst
wäre es übrigens gewesen, wäre der närrische Vorschlag durchgegangen, den
ein Mitglied der Versammlung machte, man solle doch ti<Naturforscher num-
meriren, so daß man an der Nummer, die jeder derselben auf dem Rocke an¬
geheftet tragen möge, sogleich mit Hilft des gedruckten Verzeichnisses zu erkennen
im Stande sei, wer dieser oder jener berühmte Mann sei. Man hätte dadurch leicht
wissen können, wer von unseren gelehrten Celebritäten der galanteste sei.---




Notizen aus und über Wien.

Die Redaction der Augsburger Allg. Zeitung ging vor Kurzem damit um,
die kleine tägliche Correspondenz aus Wien, welche über unbedeutende, tägliche
Vorfälle, Ankunft und Abreise vornehmer Personen u. s. w. berichtet, -- eine
Art lithographirter Berichte, welche auch die Kölnische Zeitung, der schwäbische
Merkur-c. mit denselben Worten bringen, -- abzuschaffen, da sie mit der
Wichtigkeit des Blattes nicht in Einklang stünde. Ein Wiener Freund,


nicht möglich sei, die Einwirkung der Naturforscherversammlung auf das^Leben
noch bedeutender zu machen, durch Auswahl passender Gegenstände für den
Vortrag in den allgemeinen und öffentlichen Sitzungen. Das Resumiren gan¬
zer wissenschaftlicher Richtungen z. B. kann für den Gelehrten, wie für den
Laien interessant sein, wenn ein bedeutender Mann sich dazu herab- oder viel¬
mehr hinausläßt; denn wir rönnen es ganz offen gestehen, unser Mangel an
öffentlichem Leben hat bei uns zwar nicht die Gabe des Vortrags — denn diese
findet sich oft genug auf dem Katheder — wohl aber die Gabe selten gemacht,
wissenschaftliche Gegenstände klar, der Menge verständlich und Interesse erre¬
gend darzustellen.

Uebrigens haben die Bewohner von Mainz, ihre würdigen Geschäftsführer
an der Spitze, ihren alten Ruf der Gastfreundschaft und ihres „Festsinnes" be¬
währt. Ihre Festlichkeiten waren so geschmackvoll, als die Aufnahme herzlich.
Ich nenne Ihnen vor Allem die Ausführung des Belsazar von den zahlreichen
Musikvcreinen des Rheingaues. siebentausend Menschen füllten die schön ge¬
schmückte Fruchthalle und ich habe während der fünfstündigen, musterhaften
Ausführung nur auf wenig Gesichtern Langeweile bemerkt. Dem voneert mon-
»tre, wie man in Paris sagen würde, folgte ein bal monstrs, auf welchem
die Naturforscher, besonders diejenigen, die sich mit den Verschiedenheiten der
Menschenracen beschäftigten, sich überzeugen konnten, daß die Mainzerinnen
keine üble Race sind. In der That zeigten auch viele dieser Herren For^
scher, daß sie auch praktische Freunde der schönen Natur sind. Gar allerliebst
wäre es übrigens gewesen, wäre der närrische Vorschlag durchgegangen, den
ein Mitglied der Versammlung machte, man solle doch ti<Naturforscher num-
meriren, so daß man an der Nummer, die jeder derselben auf dem Rocke an¬
geheftet tragen möge, sogleich mit Hilft des gedruckten Verzeichnisses zu erkennen
im Stande sei, wer dieser oder jener berühmte Mann sei. Man hätte dadurch leicht
wissen können, wer von unseren gelehrten Celebritäten der galanteste sei.---




Notizen aus und über Wien.

Die Redaction der Augsburger Allg. Zeitung ging vor Kurzem damit um,
die kleine tägliche Correspondenz aus Wien, welche über unbedeutende, tägliche
Vorfälle, Ankunft und Abreise vornehmer Personen u. s. w. berichtet, — eine
Art lithographirter Berichte, welche auch die Kölnische Zeitung, der schwäbische
Merkur-c. mit denselben Worten bringen, — abzuschaffen, da sie mit der
Wichtigkeit des Blattes nicht in Einklang stünde. Ein Wiener Freund,


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[0396] nicht möglich sei, die Einwirkung der Naturforscherversammlung auf das^Leben noch bedeutender zu machen, durch Auswahl passender Gegenstände für den Vortrag in den allgemeinen und öffentlichen Sitzungen. Das Resumiren gan¬ zer wissenschaftlicher Richtungen z. B. kann für den Gelehrten, wie für den Laien interessant sein, wenn ein bedeutender Mann sich dazu herab- oder viel¬ mehr hinausläßt; denn wir rönnen es ganz offen gestehen, unser Mangel an öffentlichem Leben hat bei uns zwar nicht die Gabe des Vortrags — denn diese findet sich oft genug auf dem Katheder — wohl aber die Gabe selten gemacht, wissenschaftliche Gegenstände klar, der Menge verständlich und Interesse erre¬ gend darzustellen. Uebrigens haben die Bewohner von Mainz, ihre würdigen Geschäftsführer an der Spitze, ihren alten Ruf der Gastfreundschaft und ihres „Festsinnes" be¬ währt. Ihre Festlichkeiten waren so geschmackvoll, als die Aufnahme herzlich. Ich nenne Ihnen vor Allem die Ausführung des Belsazar von den zahlreichen Musikvcreinen des Rheingaues. siebentausend Menschen füllten die schön ge¬ schmückte Fruchthalle und ich habe während der fünfstündigen, musterhaften Ausführung nur auf wenig Gesichtern Langeweile bemerkt. Dem voneert mon- »tre, wie man in Paris sagen würde, folgte ein bal monstrs, auf welchem die Naturforscher, besonders diejenigen, die sich mit den Verschiedenheiten der Menschenracen beschäftigten, sich überzeugen konnten, daß die Mainzerinnen keine üble Race sind. In der That zeigten auch viele dieser Herren For^ scher, daß sie auch praktische Freunde der schönen Natur sind. Gar allerliebst wäre es übrigens gewesen, wäre der närrische Vorschlag durchgegangen, den ein Mitglied der Versammlung machte, man solle doch ti<Naturforscher num- meriren, so daß man an der Nummer, die jeder derselben auf dem Rocke an¬ geheftet tragen möge, sogleich mit Hilft des gedruckten Verzeichnisses zu erkennen im Stande sei, wer dieser oder jener berühmte Mann sei. Man hätte dadurch leicht wissen können, wer von unseren gelehrten Celebritäten der galanteste sei.--- Notizen aus und über Wien. Die Redaction der Augsburger Allg. Zeitung ging vor Kurzem damit um, die kleine tägliche Correspondenz aus Wien, welche über unbedeutende, tägliche Vorfälle, Ankunft und Abreise vornehmer Personen u. s. w. berichtet, — eine Art lithographirter Berichte, welche auch die Kölnische Zeitung, der schwäbische Merkur-c. mit denselben Worten bringen, — abzuschaffen, da sie mit der Wichtigkeit des Blattes nicht in Einklang stünde. Ein Wiener Freund,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/396>, abgerufen am 26.06.2024.