Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Meynung manches einzuwenden haben. Auch hiervon
das Detail einzusehen ist höchst nöthig, weil das Recht
und Unrecht der Gegner auf sehr zarten Puncten be-
ruht, die man seit vielen Jahren nicht mehr beachtet,
sondern alles nur zu Gunsten der Newtonischen Lehre
in Bausch und Bogen genommen hat.


Erste Gegner Newtons, denen er
selbst antwortete
.

Wenn wir uns von vergangenen Dingen eine rechte
Vorstellung machen wollen, so haben wir die Zeit zu
bedenken in welcher etwas geschehen, und nicht etwa
die unsrige, in der wir die Sache erfahren, an jene
Stelle zu setzen. So natürlich diese Forderung zu
seyn scheint, so bleibt es doch eine größere Schwierig-
keit als man gewöhnlich glaubt, sich die Umstände zu
vergegenwärtigen, wovon entfernte Handlungen beglei-
tet wurden. Deswegen ist ein gerechtes historisches
Urtheil über einzelnes persönliches Verdienst und Un-
verdienst so selten. Ueber Resultate ganzer Massenbe-
wegungen läßt sich eher sprechen.

Den schlechten Zustand physicalischer Instrumente
überhaupt in der zweyten Hälfte des siebzehnten Jahr-
hunderts haben wir schon erwähnt, so wie die Unzu-
länglichkeit der Newtonischen Vorrichtungen. Er be-

Meynung manches einzuwenden haben. Auch hiervon
das Detail einzuſehen iſt hoͤchſt noͤthig, weil das Recht
und Unrecht der Gegner auf ſehr zarten Puncten be-
ruht, die man ſeit vielen Jahren nicht mehr beachtet,
ſondern alles nur zu Gunſten der Newtoniſchen Lehre
in Bauſch und Bogen genommen hat.


Erſte Gegner Newtons, denen er
ſelbſt antwortete
.

Wenn wir uns von vergangenen Dingen eine rechte
Vorſtellung machen wollen, ſo haben wir die Zeit zu
bedenken in welcher etwas geſchehen, und nicht etwa
die unſrige, in der wir die Sache erfahren, an jene
Stelle zu ſetzen. So natuͤrlich dieſe Forderung zu
ſeyn ſcheint, ſo bleibt es doch eine groͤßere Schwierig-
keit als man gewoͤhnlich glaubt, ſich die Umſtaͤnde zu
vergegenwaͤrtigen, wovon entfernte Handlungen beglei-
tet wurden. Deswegen iſt ein gerechtes hiſtoriſches
Urtheil uͤber einzelnes perſoͤnliches Verdienſt und Un-
verdienſt ſo ſelten. Ueber Reſultate ganzer Maſſenbe-
wegungen laͤßt ſich eher ſprechen.

Den ſchlechten Zuſtand phyſicaliſcher Inſtrumente
uͤberhaupt in der zweyten Haͤlfte des ſiebzehnten Jahr-
hunderts haben wir ſchon erwaͤhnt, ſo wie die Unzu-
laͤnglichkeit der Newtoniſchen Vorrichtungen. Er be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0456" n="422"/>
Meynung manches einzuwenden haben. Auch hiervon<lb/>
das Detail einzu&#x017F;ehen i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t no&#x0364;thig, weil das Recht<lb/>
und Unrecht der Gegner auf &#x017F;ehr zarten Puncten be-<lb/>
ruht, die man &#x017F;eit vielen Jahren nicht mehr beachtet,<lb/>
&#x017F;ondern alles nur zu Gun&#x017F;ten der Newtoni&#x017F;chen Lehre<lb/>
in Bau&#x017F;ch und Bogen genommen hat.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Er&#x017F;te Gegner Newtons, denen er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t antwortete</hi>.</head><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Wenn wir uns von vergangenen Dingen eine rechte<lb/>
Vor&#x017F;tellung machen wollen, &#x017F;o haben wir die Zeit zu<lb/>
bedenken in welcher etwas ge&#x017F;chehen, und nicht etwa<lb/>
die un&#x017F;rige, in der wir die Sache erfahren, an jene<lb/>
Stelle zu &#x017F;etzen. So natu&#x0364;rlich die&#x017F;e Forderung zu<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;cheint, &#x017F;o bleibt es doch eine gro&#x0364;ßere Schwierig-<lb/>
keit als man gewo&#x0364;hnlich glaubt, &#x017F;ich die Um&#x017F;ta&#x0364;nde zu<lb/>
vergegenwa&#x0364;rtigen, wovon entfernte Handlungen beglei-<lb/>
tet wurden. Deswegen i&#x017F;t ein gerechtes hi&#x017F;tori&#x017F;ches<lb/>
Urtheil u&#x0364;ber einzelnes per&#x017F;o&#x0364;nliches Verdien&#x017F;t und Un-<lb/>
verdien&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;elten. Ueber Re&#x017F;ultate ganzer Ma&#x017F;&#x017F;enbe-<lb/>
wegungen la&#x0364;ßt &#x017F;ich eher &#x017F;prechen.</p><lb/>
            <p>Den &#x017F;chlechten Zu&#x017F;tand phy&#x017F;icali&#x017F;cher In&#x017F;trumente<lb/>
u&#x0364;berhaupt in der zweyten Ha&#x0364;lfte des &#x017F;iebzehnten Jahr-<lb/>
hunderts haben wir &#x017F;chon erwa&#x0364;hnt, &#x017F;o wie die Unzu-<lb/>
la&#x0364;nglichkeit der Newtoni&#x017F;chen Vorrichtungen. Er be-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[422/0456] Meynung manches einzuwenden haben. Auch hiervon das Detail einzuſehen iſt hoͤchſt noͤthig, weil das Recht und Unrecht der Gegner auf ſehr zarten Puncten be- ruht, die man ſeit vielen Jahren nicht mehr beachtet, ſondern alles nur zu Gunſten der Newtoniſchen Lehre in Bauſch und Bogen genommen hat. Erſte Gegner Newtons, denen er ſelbſt antwortete. Wenn wir uns von vergangenen Dingen eine rechte Vorſtellung machen wollen, ſo haben wir die Zeit zu bedenken in welcher etwas geſchehen, und nicht etwa die unſrige, in der wir die Sache erfahren, an jene Stelle zu ſetzen. So natuͤrlich dieſe Forderung zu ſeyn ſcheint, ſo bleibt es doch eine groͤßere Schwierig- keit als man gewoͤhnlich glaubt, ſich die Umſtaͤnde zu vergegenwaͤrtigen, wovon entfernte Handlungen beglei- tet wurden. Deswegen iſt ein gerechtes hiſtoriſches Urtheil uͤber einzelnes perſoͤnliches Verdienſt und Un- verdienſt ſo ſelten. Ueber Reſultate ganzer Maſſenbe- wegungen laͤßt ſich eher ſprechen. Den ſchlechten Zuſtand phyſicaliſcher Inſtrumente uͤberhaupt in der zweyten Haͤlfte des ſiebzehnten Jahr- hunderts haben wir ſchon erwaͤhnt, ſo wie die Unzu- laͤnglichkeit der Newtoniſchen Vorrichtungen. Er be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/456
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/456>, abgerufen am 21.11.2024.