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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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6.
Nummer 2.
Den 22 October

Gaben wir mittags um 12 Uhr der verwittibten Gräfin von Lützelburg Visite, trafen aber dieselbe noch im
Bette liegend an. Sie embrassirte Illustrissimum und war übrigens gantz freundlich und gesprächig, der gantze Discours aber
handelte, nachdem die praeliminaria und der [unleserliches Material]Complimente vorbey waren, von Kleidern und Hunden, gegen welche
letztere, und zwar in Specie gegen die große Dähnische, die Frau Gräfin eine ungemeine passion bezeigte, den
gantzen Lebenslauff nebst der Kranckheit und dem Absterben ihrer ehemaigen Dähnischen Hündin umständlich er-
zehlte, und Illmum ersuchte, durch den hiesigen Dähnischen Gesandten ihr dergleichen Thier wiederum zu verschaffen. Sie
ist eine Schwester des Königlichen Praetoris zu Strasburg, Klinglein, nichts desto weniger wurde von der Naissance und
Noblesse dergestalt gesprochen, daß man eine gantz andere Abkunft von ihr hätte vermuthen sollen. Von denen Mesdames
de France erzahlte sie, daß nur denen gens titres, das ist, denen Ducs und dergleichen erlaubt sey, mit ihnen zu tantzen.
Nachmittags fuhren wir wegen des ziemlich hübschen Wetters an Tuileries und machten daselbst eine Promenade,
der Abend aber wurde mit schreiben und lesen zugebracht.

Den 23 October

Den Sonntag wohnten wir dem Evangelischen Gottes-Dienst im Hotel des Dähnischen Gesandten mit bey, und
hörten über das heutge Evangelium Math. 9.4.10. eine sehr gründliche und erbauliche Predigt des Herrn Petersen,
darinn er von dem Verhalten bey zustoßendem Creutz, sonderlich aber in Kranckheiten, handelte, und bey dieser Materie
den Unterschied zwischen Widergebohrnen und Unwiedergebohrenen durchgängig zum Grunde legte. Eine große Unge-
mächligkeit bey dieser Versammlung ist, daß die Fenster derer Zimmer, wo geprediget wird, auf die Straßen gehen,
folglich das Geräusch der Carossen, die Zuhörer um manches bringet, was ihnen zu hören nöthig wäre. Nachmittags
da kein Solenner Gottes-Dienst gehalten, sondern nur zum Besten der Handwercks-Leute und anderer, die
früh nicht in die Kirche kommen, ein Spruch erkläret wird, redete abermals Herr Petersen sehr schöne über 1 Pet. 1.4.3
diesen nachmittag wurde der frantzösische Domestique nach Neuly, einem unweit der Stadt gelegnen Dorfe geschickt,
um bey der daselbst auf ihren Land-Hause sich aufhaltenden Marquise de Montbrun uns auf morgen mittag zum
Eßen anzusagen, welcher denn zur Antwort brachte, daß wir willkommen seyn würden.

Den 24 October

Fuhren wir gegen mittag nach ietztgedachten Neuly und wurden daselbst sehr freundlich empfangen. Das Haus
ist zwar nicht groß, und hat, außer denen Unterbehältnißen vor die Küche und Domestiquen, nur 4 Zimmer a plein
pied, liegt aber wegen der Dichte vorbey fließenden Seine überaus angenehm. Der hinter dem Hause befindliche
Garten ist zwar nicht groß, aber wohl angelegt, und dabey die größte Annehmligkeit, daß man aus demselben,
mittelst weniger Schritte, in das mit Alleen sehr schön durchhauene, und wegen des darinn liegenden Schloße
Madrit, auch auswärtig bekante bois de Boulogne, kommen kan. Weil Madame de Montbrun noch nicht angezogen
war, und wir eine Zeitlang in einem Zimmer warten musten, hatten wir Gelegenheit, ihre darinn stehende
kleine Bibliothec zu durchsuchen, welche denn in lauter geistlichen Büchern bestunden. Vom Thoma a Kempis
de l'Imitation de Jesu Christ, desgleichen von einem kleine Evangelien= und Epistel-Büchlein mit beygefügten An-
merckungen, item von dem catechisme Historique des Monsieur Fleuri, war eine ziemliche Anzahl vorhanden, so, daß
diese 3 Bücher zum verschencken schienen destiniret zu seyn. In einem Gebet-Buch fand sich folgendes auf einem
besondern Zettel geschriebenes Gebet:

o vous! qui aves eu pitie d'un pecheur engage dans des crimes sans nombre, ne rejettes pas nos prieres,
Seigneur, lorsque nous implorons votre misericorde pour une ame infiniment coupable, nous craignons
qu elle ne foit dans cet etat, on il n ya plus rien a esperer; Seigneur Jesus, faites par la vertu tres efficare
de votre sang, que ce vase briese en; mille manieres puisse reprendre sa premiere forme, que le puits
ne se ferme pas sur elle, et que son ame sorte du chachot tenebreux cu elle est de puis tant d'anneis,
nous vous conjurons de lui rendre la sante, on du mans toute sa raison, afin qu elle revienne a
vous de tout son Coeur . . au nom de Jesus Christ exauces nous.

welches alles uns von dieser Dame eine gute Opinion machte. Nachdem sie angezogen, kam sie zu uns,
embrassirte Illmum und roulirte das meiste Gespräch bey ihrem kleinen, zur Seide eingerichteten Spinn-Rade,
auf der Verwandtschaft. Es wurde darauf im Garten eine Promenade gemacht, und als die Gräfin von
Lützelburg
nebst ihrem Sohn, welcher unter denen gens d'armes mit dem brevet als Obrister engagiret
ist, von Paris ankam, wurde sogleich gespeiset, und war sowol das silberne Service, als das Eßen
gantz propre. Nach Tische wurde ein Spatziergang an bois de Boulogne bis zu Untergang der Sonnen
vorgenommen, worauf wir uns beurlaubten, den Graf Lützelburg mit in unsern Wagen nahmen,
und vor seinem Quartier absetzten. Die Marquise ist zwar nicht schön, scheinet aber ihrn Discoursen
und gantzen Bezeigen nach, recht verständig und an Eitelkeit und Thorheit, denen hiesigen Dames
nicht gleich zu seyn. Wie sie denn auch IIllustrissimo im Spatzierengehen auf eine recht guthertzige und ver-
trauliche Art mancherley gute Lehren gegeben. Die Gräfin Lützelburg hingegen, scheinet desto
wilder zu seyn, wie denn auch ihre Sprache gantz grob und männlich ist, ihre meiste Discourse
aber, die Reformation der Haare und Kleider von Illustrissimo zum Zweck hatten. Der Graf von Lützel-
burg
, welcher ohngefehr 30 Jahr alt zu seyn scheinet, siehet wohl aus und weiß im übrigen
wohl zu leben, das häuffige und irrespectuöse disputiren mit seiner Mutter aber, war sehr
anstößig. Er gedachte discursive, daß der hiesige Hof bey der Belagerung von Philipsburg in den
allerhöchsten Aengsten gewesen und die gantze Armee verlohren gegeben habe, weil man nicht anders
vermuthen können, als daß der Prinz Eugenius 10 bis 12000 Mann Verlust daran wagen, und die Frantzosen
in denen Philipsburger Linien attaquiren würde, die dann, wann solches reussiret hätte, kein Frantzose
wurde davon gekommen seyn, Man habe sich also, daß der Prinz Eugenius diesen con[verlorenes Material] laßen, in gantz Frankreich
nicht gnug verwundern können.

6.
Nummer 2.
Den 22 October

Gaben wir mittags um 12 Uhr der verwittibten Gräfin von Lützelburg Visite, trafen aber dieselbe noch im
Bette liegend an. Sie embrassirte Illustrissimum und war übrigens gantz freundlich und gesprächig, der gantze Discours aber
handelte, nachdem die praeliminaria und der [unleserliches Material]Complimente vorbey waren, von Kleidern und Hunden, gegen welche
letztere, und zwar in Specie gegen die große Dähnische, die Frau Gräfin eine ungemeine passion bezeigte, den
gantzen Lebenslauff nebst der Kranckheit und dem Absterben ihrer ehemaigen Dähnischen Hündin umständlich er-
zehlte, und Illmum ersuchte, durch den hiesigen Dähnischen Gesandten ihr dergleichen Thier wiederum zu verschaffen. Sie
ist eine Schwester des Königlichen Praetoris zu Strasburg, Klinglein, nichts desto weniger wurde von der Naissance und
Noblesse dergestalt gesprochen, daß man eine gantz andere Abkunft von ihr hätte vermuthen sollen. Von denen Mesdames
de France erzahlte sie, daß nur denen gens titres, das ist, denen Ducs und dergleichen erlaubt sey, mit ihnen zu tantzen.
Nachmittags fuhren wir wegen des ziemlich hübschen Wetters an Tuileries und machten daselbst eine Promenade,
der Abend aber wurde mit schreiben und lesen zugebracht.

Den 23 October

Den Sonntag wohnten wir dem Evangelischen Gottes-Dienst im Hôtel des Dähnischen Gesandten mit bey, und
hörten über das heutge Evangelium Math. 9.4.10. eine sehr gründliche und erbauliche Predigt des Herrn Petersen,
darinn er von dem Verhalten bey zustoßendem Creutz, sonderlich aber in Kranckheiten, handelte, und bey dieser Materie
den Unterschied zwischen Widergebohrnen und Unwiedergebohrenen durchgängig zum Grunde legte. Eine große Unge-
mächligkeit bey dieser Versammlung ist, daß die Fenster derer Zimmer, wo geprediget wird, auf die Straßen gehen,
folglich das Geräusch der Carossen, die Zuhörer um manches bringet, was ihnen zu hören nöthig wäre. Nachmittags
da kein Solenner Gottes-Dienst gehalten, sondern nur zum Besten der Handwercks-Leute und anderer, die
früh nicht in die Kirche kommen, ein Spruch erkläret wird, redete abermals Herr Petersen sehr schöne über 1 Pet. 1.4.3
diesen nachmittag wurde der frantzösische Domestique nach Neuly, einem unweit der Stadt gelegnen Dorfe geschickt,
um bey der daselbst auf ihren Land-Hause sich aufhaltenden Marquise de Montbrun uns auf morgen mittag zum
Eßen anzusagen, welcher denn zur Antwort brachte, daß wir willkommen seyn würden.

Den 24 October

Fuhren wir gegen mittag nach ietztgedachten Neuly und wurden daselbst sehr freundlich empfangen. Das Haus
ist zwar nicht groß, und hat, außer denen Unterbehältnißen vor die Küche und Domestiquen, nur 4 Zimmer a plein
pied, liegt aber wegen der Dichte vorbey fließenden Seine überaus angenehm. Der hinter dem Hause befindliche
Garten ist zwar nicht groß, aber wohl angelegt, und dabey die größte Annehmligkeit, daß man aus demselben,
mittelst weniger Schritte, in das mit Alléen sehr schön durchhauene, und wegen des darinn liegenden Schloße
Madrit, auch auswärtig bekante bois de Boulogne, kommen kan. Weil Madame de Montbrun noch nicht angezogen
war, und wir eine Zeitlang in einem Zimmer warten musten, hatten wir Gelegenheit, ihre darinn stehende
kleine Bibliothec zu durchsuchen, welche denn in lauter geistlichen Büchern bestunden. Vom Thoma à Kempis
de l’Imitation de Jesu Christ, desgleichen von einem kleine Evangelien= und Epistel-Büchlein mit beygefügten An-
merckungen, item von dem catechisme Historique des Monsieur Fleuri, war eine ziemliche Anzahl vorhanden, so, daß
diese 3 Bücher zum verschencken schienen destiniret zu seyn. In einem Gebet-Buch fand sich folgendes auf einem
besondern Zettel geschriebenes Gebet:

ô vous! qui avés eu pitié d’un pecheur engagé dans des crimes sans nombre, ne rejettés pas nos prieres,
Seigneur, lorsque nous implorons vôtre misericorde pour une ame infiniment coupable, nous craignons
qu elle ne foit dans cet état, on il n ya plus rien a esperer; Seigneur Jesus, faites par la vertu tres efficare
de votre sang, que ce vase briesé en; mille manieres puisse reprendre sa premiere forme, que le puits
ne se ferme pas sur elle, et que son ame sorte du chachot tenebreux cu elle est de puis tant d’anneis,
nous vous conjurons de lui rendre la santé, on du mans toute sa raison, afin qu elle revienne a
vous de tout son Coeur . . au nom de Jesus Christ exauces nous.

welches alles uns von dieser Dame eine gute Opinion machte. Nachdem sie angezogen, kam sie zu uns,
embrassirte Illmum und roulirte das meiste Gespräch bey ihrem kleinen, zur Seide eingerichteten Spinn-Rade,
auf der Verwandtschaft. Es wurde darauf im Garten eine Promenade gemacht, und als die Gräfin von
Lützelburg
nebst ihrem Sohn, welcher unter denen gens d’armes mit dem brevet als Obrister engagiret
ist, von Paris ankam, wurde sogleich gespeiset, und war sowol das silberne Service, als das Eßen
gantz propre. Nach Tische wurde ein Spatziergang an bois de Boulogne bis zu Untergang der Sonnen
vorgenommen, worauf wir uns beurlaubten, den Graf Lützelburg mit in unsern Wagen nahmen,
und vor seinem Quartier absetzten. Die Marquise ist zwar nicht schön, scheinet aber ihrn Discoursen
und gantzen Bezeigen nach, recht verständig und an Eitelkeit und Thorheit, denen hiesigen Dames
nicht gleich zu seyn. Wie sie denn auch IIllustrissimo im Spatzierengehen auf eine recht guthertzige und ver-
trauliche Art mancherley gute Lehren gegeben. Die Gräfin Lützelburg hingegen, scheinet desto
wilder zu seyn, wie denn auch ihre Sprache gantz grob und männlich ist, ihre meiste Discourse
aber, die Reformation der Haare und Kleider von Illustrissimo zum Zweck hatten. Der Graf von Lützel-
burg
, welcher ohngefehr 30 Jahr alt zu seyn scheinet, siehet wohl aus und weiß im übrigen
wohl zu leben, das häuffige und irrespectuöse disputiren mit seiner Mutter aber, war sehr
anstößig. Er gedachte discursive, daß der hiesige Hof bey der Belagerung von Philipsburg in den
allerhöchsten Aengsten gewesen und die gantze Armee verlohren gegeben habe, weil man nicht anders
vermuthen können, als daß der Prinz Eugenius 10 bis 12000 Mann Verlust daran wagen, und die Frantzosen
in denen Philipsburger Linien attaquiren würde, die dann, wann solches reussiret hätte, kein Frantzose
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[0022] 6. No 2. Den 22 Octobr: Gaben wir mittags um 12 Uhr der verwittibten Gräfin von Lützelburg Visite, trafen aber dieselbe noch im Bette liegend an. Sie embrassirte Illmum und war übrigens gantz freundlich und gesprächig, der gantze Discours aber handelte, nachdem die praeliminaria und der Complimente vorbey waren, von Kleidern und Hunden, gegen welche letztere, und zwar in Specie gegen die große Dähnische, die Frau Gräfin eine ungemeine passion bezeigte, den gantzen Lebenslauff nebst der Kranckheit und dem Absterben ihrer ehemaigen Dähnischen Hündin umständlich er- zehlte, und Illmum ersuchte, durch den hiesigen Dähnischen Gesandten ihr dergleichen Thier wiederum zu verschaffen. Sie ist eine Schwester des Königl: Praetoris zu Strasburg, Klinglein, nichts desto weniger wurde von der Naissance und Noblesse dergestalt gesprochen, daß man eine gantz andere Abkunft von ihr hätte vermuthen sollen. Von denen Mesdames de France erzahlte sie, daß nur denen gens titres, das ist, denen Ducs und dergleichen erlaubt sey, mit ihnen zu tantzen. Nachmittags fuhren wir wegen des ziemlich hübschen Wetters an Tuileries und machten daselbst eine Promenade, der Abend aber wurde mit schreiben und lesen zugebracht. Den 23 Octobr: Den Sonntag wohnten wir dem Evangelischen Gottes-Dienst im Hôtel des Dähnischen Gesandten mit bey, und hörten über das heutge Evangelium Math. 9.4.10. eine sehr gründliche und erbauliche Predigt des Hl: Petersen, darinn er von dem Verhalten bey zustoßendem Creutz, sonderlich aber in Kranckheiten, handelte, und bey dieser Materie den Unterschied zwischen Widergebohrnen und Unwiedergebohrenen durchgängig zum Grunde legte. Eine große Unge- mächligkeit bey dieser Versammlung ist, daß die Fenster derer Zimmer, wo geprediget wird, auf die Straßen gehen, folglich das Geräusch der Carossen, die Zuhörer um manches bringet, was ihnen zu hören nöthig wäre. Nachmittags da kein Solenner Gottes-Dienst gehalten, sondern nur zum Besten der Handwercks-Leute und anderer, die früh nicht in die Kirche kommen, ein Spruch erkläret wird, redete abermals Hl: Petersen sehr schöne über 1 Pet. 1.4.3 diesen nachmittag wurde der frantzösische Domestique nach Neuly, einem unweit der Stadt gelegnen Dorfe geschickt, um bey der daselbst auf ihren Land-Hause sich aufhaltenden Marquise de Montbrun uns auf morgen mittag zum Eßen anzusagen, welcher denn zur Antwort brachte, daß wir willkommen seyn würden. Den 24 Octobr: Fuhren wir gegen mittag nach ietztgedachten Neuly und wurden daselbst sehr freundlich empfangen. Das Haus ist zwar nicht groß, und hat, außer denen Unterbehältnißen vor die Küche und Domestiquen, nur 4 Zimmer a plein pied, liegt aber wegen der Dichte vorbey fließenden Seine überaus angenehm. Der hinter dem Hause befindliche Garten ist zwar nicht groß, aber wohl angelegt, und dabey die größte Annehmligkeit, daß man aus demselben, mittelst weniger Schritte, in das mit Alléen sehr schön durchhauene, und wegen des darinn liegenden Schloße Madrit, auch auswärtig bekante bois de Boulogne, kommen kan. Weil Mad. de Montbrun noch nicht angezogen war, und wir eine Zeitlang in einem Zimmer warten musten, hatten wir Gelegenheit, ihre darinn stehende kleine Bibliothec zu durchsuchen, welche denn in lauter geistlichen Büchern bestunden. Vom Thoma à Kempis de l’Imitation de Jesu Christ, desgleichen von einem kleine Evangelien= und Epistel-Büchlein mit beygefügten An- merckungen, item von dem catechisme Historique des Mons: Fleuri, war eine ziemliche Anzahl vorhanden, so, daß diese 3 Bücher zum verschencken schienen destiniret zu seyn. In einem Gebet-Buch fand sich folgendes auf einem besondern Zettel geschriebenes Gebet: ô vous! qui avés eu pitié d’un pecheur engagé dans des crimes sans nombre, ne rejettés pas nos prieres, Seigneur, lorsque nous implorons vôtre misericorde pour une ame infiniment coupable, nous craignons qu elle ne foit dans cet état, on il n ya plus rien a esperer; Seigneur Jesus, faites par la vertu tres efficare de votre sang, que ce vase briesé en; mille manieres puisse reprendre sa premiere forme, que le puits ne se ferme pas sur elle, et que son ame sorte du chachot tenebreux cu elle est de puis tant d’anneis, nous vous conjurons de lui rendre la santé, on du mans toute sa raison, afin qu elle revienne a vous de tout son Coeur . . au nom de Jesus Christ exauces nous. welches alles uns von dieser Dame eine gute Opinion machte. Nachdem sie angezogen, kam sie zu uns, embrassirte Illmum und roulirte das meiste Gespräch bey ihrem kleinen, zur Seide eingerichteten Spinn-Rade, auf der Verwandtschaft. Es wurde darauf im Garten eine Promenade gemacht, und als die Gräfin von Lützelburg nebst ihrem Sohn, welcher unter denen gens d’armes mit dem brevet als Obrister engagiret ist, von Paris ankam, wurde sogleich gespeiset, und war sowol das silberne Service, als das Eßen gantz propre. Nach Tische wurde ein Spatziergang an bois de Boulogne bis zu Untergang der Sonnen vorgenommen, worauf wir uns beurlaubten, den Graf Lützelburg mit in unsern Wagen nahmen, und vor seinem Quartier absetzten. Die Marquise ist zwar nicht schön, scheinet aber ihrn Discoursen und gantzen Bezeigen nach, recht verständig und an Eitelkeit und Thorheit, denen hiesigen Dames nicht gleich zu seyn. Wie sie denn auch Illmo im Spatzierengehen auf eine recht guthertzige und ver- trauliche Art mancherley gute Lehren gegeben. Die Gräfin Lützelburg hingegen, scheinet desto wilder zu seyn, wie denn auch ihre Sprache gantz grob und männlich ist, ihre meiste Discourse aber, die Reformation der Haare und Kleider von Illmo zum Zweck hatten. Der Graf von Lützel- burg, welcher ohngefehr 30 Jahr alt zu seyn scheinet, siehet wohl aus und weiß im übrigen wohl zu leben, das häuffige und irrespectuöse disputiren mit seiner Mutter aber, war sehr anstößig. Er gedachte discursive, daß der hiesige Hof bey der Belagerung von Philipsburg in den allerhöchsten Aengsten gewesen und die gantze Armee verlohren gegeben habe, weil man nicht anders vermuthen können, als daß der Prinz Eugenius 10 bis 12000 Mann Verlust daran wagen, und die Frantzosen in denen Philipsburger Linien attaquiren würde, die dann, wann solches reussiret hätte, kein Frantzose wurde davon gekommen seyn, Man habe sich also, daß der Prinz Eugenius diesen con_ laßen, in gantz Frankreich nicht gnug verwundern können.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/22>, abgerufen am 21.11.2024.