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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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von Ungarn nicht würde hülfloß laßen können, bekräftigte er,
meinte auch, daß aufs Früh-Jahr in Schlesien seine Königin eine
Armee von 40000 Mann haben würde. In Italien schätze er die
ietzt vorhandenen Trouppen auf 24000 Mann, schien auch nicht recht
gewiß zu seyn, ob Franckreich denen Spanischen nach Italien destinirten
Völckern den Durchmarsch vergönnen werde, oder nicht. Von Engelland
aber stellete er außer Zweifel, daß solches den Transport dieser
Völcker zu Waßer nach aller Möglichkeit hindern werde. Der dazu
kommende Holländische Ambassadeur unterbrach unser Gespräch; als wir
ihm aber den Innhalt referirten und nebst dem Herrn von Waßnarr zu
verstehen gaben, daß das Österreichische Haus bey ietzigen Conjuncturen
auf seine Republic große Rechnung mache, antwortete er: la Re-
publique Soutiendra toujours la bonne et juste cause, und war
übrigens gegen uns sehr freundlich, sagte auch zu Illustrissimo: je m'en
va pour deux mois en Hollande, et je viendrai au premier
jour prendre vos ordres pour ce pais la. Weil die beyden Minister
Geschäfte zu haben schienen, so beurlaubten wir uns und fuhren wir
nach dem prince de Grimberg, um die Gratulation wegen seiner
unter denen neuen Marechaux de France sich findenden Anver-
wandten, des Duc de Chaulnes und des Duc de Duras, abzustatten,
weil aber weder dieser, noch die Printzen von Darmstadt zu Hause
waren, so besahen wir auf der Foire Sankt Germain eine
Zwergin, die ohngefähr 5/4 Ellen hoch, 38 Jahr alt und von [unleserliches Material]Bourdeaux
gebürtig ist. Sie ist ziemlich: starck bey Leibe und deswegen nicht
sonderlich proportionirt. Sie ging auf einer Tafel hin und
wider spatzieren, und hatte denjenigen Korb, darinn sie von
einem Ort zum andern transportiret wird, neben sich stehen,
redete auch mit uns, auf Befragen, recht artig und vernünftig,
und war im übrigen in Seide und mit einem Kopf-Zeuge
gantz reinlich gekleidet. Bey der Rückkunft in unser Quartier
vernahmen wir, daß der prince de Turenne uns zu besuchen
da gewesen.

Den 16 Februar

Gegen Mittag besahen wir in Gesellschaft des Printzen von Schwartz-
burg
die berühmte Gallerie in dem Palais de Luxembourg, auf
welcher das Leben der Maria de Medicis, Heinrichs des IVten andere
Gemahlin, in 21 großen Stücken durch den bekanten Rubens auf
Symbolische Art unvergleichlich abgemahlet zu sehen ist. Weil in-
deßen diese Gemählde in Kupfer gestochen zu haben, auch in
Büchern genug Nachrichten davon vorhanden sind, so ist unnötig,
solche aus führlich zu beschreiben, und will man hier nur an-
mercken 1) daß die Ermordnung Heinrichs des IVten bey dieser Mahlerey
gantz übergangen, und bloß sein Tod dergestalt vorgestellet worden,
daß er von der Zeit schwebend nach dem Himmel zu getragen, und
von dem Jupiter und Hercule in die Arme genommen wird.
2) daß Rubens über allen diesen großen Gemählden, zu denen

von Ungarn nicht würde hülfloß laßen können, bekräftigte er,
meinte auch, daß aufs Früh-Jahr in Schlesien seine Königin eine
Armee von 40000 Mann haben würde. In Italien schätze er die
ietzt vorhandenen Trouppen auf 24000 Mann, schien auch nicht recht
gewiß zu seyn, ob Franckreich denen Spanischen nach Italien destinirten
Völckern den Durchmarsch vergönnen werde, oder nicht. Von Engelland
aber stellete er außer Zweifel, daß solches den Transport dieser
Völcker zu Waßer nach aller Möglichkeit hindern werde. Der dazu
kommende Holländische Ambassadeur unterbrach unser Gespräch; als wir
ihm aber den Innhalt referirten und nebst dem Herrn von Waßnarr zu
verstehen gaben, daß das Österreichische Haus bey ietzigen Conjuncturen
auf seine Republic große Rechnung mache, antwortete er: la Re-
publique Soutiendra toujours la bonne et juste cause, und war
übrigens gegen uns sehr freundlich, sagte auch zu Illustrissimo: je m'en
va pour deux mois en Hollande, et je viendrai au premier
jour prendre vos ordres pour ce pais là. Weil die beyden Minister
Geschäfte zu haben schienen, so beurlaubten wir uns und fuhren wir
nach dem prince de Grimberg, um die Gratulation wegen seiner
unter denen neuen Marechaux de France sich findenden Anver-
wandten, des Duc de Chaulnes und des Duc de Duras, abzustatten,
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gebürtig ist. Sie ist ziemlich: starck bey Leibe und deswegen nicht
sonderlich proportionirt. Sie ging auf einer Tafel hin und
wider spatzieren, und hatte denjenigen Korb, darinn sie von
einem Ort zum andern transportiret wird, neben sich stehen,
redete auch mit uns, auf Befragen, recht artig und vernünftig,
und war im übrigen in Seide und mit einem Kopf-Zeuge
gantz reinlich gekleidet. Bey der Rückkunft in unser Quartier
vernahmen wir, daß der prince de Turenne uns zu besuchen
da gewesen.

Den 16 Februar

Gegen Mittag besahen wir in Gesellschaft des Printzen von Schwartz-
burg
die berühmte Gallerie in dem Palais de Luxembourg, auf
welcher das Leben der Maria de Medicis, Heinrichs des IVten andere
Gemahlin, in 21 großen Stücken durch den bekanten Rubens auf
Symbolische Art unvergleichlich abgemahlet zu sehen ist. Weil in-
deßen diese Gemählde in Kupfer gestochen zu haben, auch in
Büchern genug Nachrichten davon vorhanden sind, so ist unnötig,
solche aus führlich zu beschreiben, und will man hier nur an-
mercken 1) daß die Ermordnung Heinrichs des IVten bey dieser Mahlerey
gantz übergangen, und bloß sein Tod dergestalt vorgestellet worden,
daß er von der Zeit schwebend nach dem Himmel zu getragen, und
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[0165] von Ungarn nicht würde hülfloß laßen können, bekräftigte er, meinte auch, daß aufs Früh-Jahr in Schlesien seine Königin eine Armee von 40000 Mann haben würde. In Italien schätze er die ietzt vorhandenen Trouppen auf 24000 Mann, schien auch nicht recht gewiß zu seyn, ob Franckreich denen Spaniln nach Italien destinirten Völckern den Durchmarsch vergönnen werde, oder nicht. Von Engelland aber stellete er außer Zweifel, daß solches den Transport dieser Völcker zu Waßer nach aller Möglichkeit hindern werde. Der dazu kommende Holländl: Ambassadeur unterbrach unser Gespräch; als wir ihm aber den Innhalt referirten und nebst dHn v. Waßnarr zu verstehen gaben, daß das Oesterreichl: Haus bey ietzigen Conjuncturen auf seine Republic große Rechnung mache, antwortete er: la Re- publique Soutiendra toujours la bonne et juste cause, und war übrigens gegen uns sehr freundlich, sagte auch zu Illmo: je m'en va pour deux mois en Hollande, et je viendrai au premier jour prendre vos ordres pour ce pais là. Weil die beyden Minister Geschäfte zu haben schienen, so beurlaubten wir uns und fuhren wir nach dem prince de Grimberg, um die Gratulation wegen seiner unter denen neuen Marechaux de France sich findenden Anver- wandten, des Duc de Chaulnes und des Duc de Duras, abzustatten, weil aber weder dieser, noch die Printzen von Darmstadt zu Hause waren, so besahen wir auf der Foire St. Germain eine Zwergin, die ohngefähr 5/4 Ellen hoch, 38 Jahr alt u. von Bourdeaux gebürtig ist. Sie ist ziemlich: starck bey Leibe und deswegen nicht sonderlich proportionirt. Sie ging auf einer Tafel hin und wider spatzieren, und hatte denjenigen Korb, darinn sie von einem Ort zum andern transportiret wird, neben sich stehen, redete auch mit uns, auf Befragen, recht artig und vernünftig, und war im übrigen in Seide und mit einem Kopf-Zeuge gantz reinlich gekleidet. Bey der Rückkunft in unser Quartier vernahmen wir, daß der prince de Turenne uns zu besuchen da gewesen. Den 16 Febr: Gegen Mittag besahen wir in Gesellschaft des Printzen von Schwartz- burg die berühmte Gallerie in dem Palais de Luxembourg, auf welcher das Leben der Maria de Medicis, Heinrichs des IVten andere Gemahlin, in 21 großen Stücken durch den bekanten Rubens auf Symbolische Art unvergleichlich abgemahlet zu sehen ist. Weil in- deßen diese Gemählde in Kupfer gestochen zu haben, auch in Büchern genug Nachrichten davon vorhanden sind, so ist unnötig, solche aus führlich zu beschreiben, und will man hier nur an- mercken 1) daß die Ermordnung Heinrichs des IVten bey dieser Mahlerey gantz übergangen, und bloß sein Tod dergestalt vorgestellet worden, daß er von der Zeit schwebend nach dem Himmel zu getragen, und von dem Jupiter und Hercule in die Arme genommen wird. 2) daß Rubens über allen diesen großen Gemählden, zu denen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/165>, abgerufen am 21.11.2024.