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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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laesae majestatis aufgemutzet, und ihm mit einem ordentlichen Process
gedrohet worden, hat er sich dadurch dermaßen intimidiren laßen,
daß er sich, pour faire sa paix avec le Roi, zu dieser offerirten Heirath
gerne verstanden, ohnerachtet seine Frau Mutter darin durchaus nicht
confentiren wollen, und demjenigen, welcher ihr zuerst die Nachricht von
der geschloßenen Heirath überbracht, eine derbe Ohr=Feige gegeben,.
Indeßen hat die Altesse Royale als petite fille de France so großen
Rang, daß sie mit der Königlichen Herrschaft speiset, und in deren Ge
genwart nicht auf einem Tabouret, sondern auf einem Stuhl mit
einer Rücklehne, iedoch nicht auf einem Fautenil, sitzet, dahingegen,
wenn ihre eigne Schwester die älteste verwittibte Duchesse de
Bourbon
zu ihr komt, sie selbst auf einem Fautenil, die Schwester
hingegen nur auf einem Stuhl mit e. Rücklehne Platz nimmt. Die
Mesdames de France behalten ihren Rang, wenn sie gleich Printzen
von Geblüt heirathen; wie denn, wenn die Mariage zwischen
der Madame Henriette und dem Duc de Chartres noch zum Stande
kommt, die Princessin allezeit über ihn gehet, und er in ihrer Gegen-
wart sich nur aufs Tabouret setzen darf.

Den 15 Februar

Früh gab uns der Printz von Schwartburg nebst dem Herrn v. Hertenberg die
Visite und wurde das Flöten-Spiel von Illustrissimo auf der Viola di
Gamba accompagniret. Nachmittags besuchten wir den Päbstlichen
Nuncium
und gaben ihm von unsrer nach Italien in Vorschlag
gekommenen Reise, Nachricht, baten uns auch zu diesem Zweck even-
tualiter seine Protection und Assistentz aus. Er bezeigte sich darüber
ungemein vergnügt, und versicherte, daß wir in Italien unser
Conto finden würden, weil man nicht auf den frantzösischen Fuß
sey und sich einbilde, es sey der Frembden ihre Schuldigkeit, denen
Connoissancen nachzulauffen und sich Gesetze vorschreiben zu
laßen. Vielmehr halte man in Italien sichs vor eine Ehre, wenn
Frembde das Land besuchten, und mache sich eine Freude, sie mit
aller Politesse aufzunehmen, und ihnen zu weitern Bekandschaften
auf alle Art und Weise beförderlich zu seyn, ohne sie mit dem
Spiel und andern vermeinten Divertissemens zu peinigen. Er
offerirte dabey eine Recommendation an seinen in Rom verheiratheten
und daselbst etablirten Bruder, und glaubte übrigens, daß der
Krieg in Italien sich mit einer Campagne endigen, auch mit
Passports gar wohl fort zu kommen seyn würde. Ferner wurde dem Herrn
von Waßnarr
als Ungarischer und Böhmischer Envoge Visite gegeben. Er ent-
schuldigte sehr freundlich, daß er wegen bisheriger vielen und schweren
Geschäfte, die sonderlich bey der Abreise des Fürsten von Lichtenstein
vorgefallen, seine Schuldigkeit ein Gegenbesuch noch nicht beobachten
können, und redete übrigens von denen Preußischen Unternehmungen
mit vieler Moderation. Daß die Regentin von Rußland dem Preußischen
Gesandten in Petersburg
declariren laßen, wie sie die Königin

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laesae majestatis aufgemutzet, und ihm mit einem ordentlichen Process
gedrohet worden, hat er sich dadurch dermaßen intimidiren laßen,
daß er sich, pour faire sa paix avec le Roi, zu dieser offerirten Heirath
gerne verstanden, ohnerachtet seine Frau Mutter darin durchaus nicht
confentiren wollen, und demjenigen, welcher ihr zuerst die Nachricht von
der geschloßenen Heirath überbracht, eine derbe Ohr=Feige gegeben,.
Indeßen hat die Altesse Royale als petite fille de France so großen
Rang, daß sie mit der Königlichen Herrschaft speiset, und in deren Ge
genwart nicht auf einem Tabouret, sondern auf einem Stuhl mit
einer Rücklehne, iedoch nicht auf einem Fautenil, sitzet, dahingegen,
wenn ihre eigne Schwester die älteste verwittibte Duchesse de
Bourbon
zu ihr komt, sie selbst auf einem Fautenil, die Schwester
hingegen nur auf einem Stuhl mit e. Rücklehne Platz nimmt. Die
Mesdames de France behalten ihren Rang, wenn sie gleich Printzen
von Geblüt heirathen; wie denn, wenn die Mariage zwischen
der Madame Henriette und dem Duc de Chartres noch zum Stande
kommt, die Princessin allezeit über ihn gehet, und er in ihrer Gegen-
wart sich nur aufs Tabouret setzen darf.

Den 15 Februar

Früh gab uns der Printz von Schwartburg nebst dem Herrn v. Hertenberg die
Visite und wurde das Flöten-Spiel von Illustrissimo auf der Viola di
Gamba accompagniret. Nachmittags besuchten wir den Päbstlichen
Nuncium
und gaben ihm von unsrer nach Italien in Vorschlag
gekommenen Reise, Nachricht, baten uns auch zu diesem Zweck even-
tualiter seine Protection und Assistentz aus. Er bezeigte sich darüber
ungemein vergnügt, und versicherte, daß wir in Italien unser
Conto finden würden, weil man nicht auf den frantzösischen Fuß
sey und sich einbilde, es sey der Frembden ihre Schuldigkeit, denen
Connoissancen nachzulauffen und sich Gesetze vorschreiben zu
laßen. Vielmehr halte man in Italien sichs vor eine Ehre, wenn
Frembde das Land besuchten, und mache sich eine Freude, sie mit
aller Politesse aufzunehmen, und ihnen zu weitern Bekandschaften
auf alle Art und Weise beförderlich zu seyn, ohne sie mit dem
Spiel und andern vermeinten Divertissemens zu peinigen. Er
offerirte dabey eine Recommendation an seinen in Rom verheiratheten
und daselbst etablirten Bruder, und glaubte übrigens, daß der
Krieg in Italien sich mit einer Campagne endigen, auch mit
Passports gar wohl fort zu kommen seyn würde. Ferner wurde dem Herrn
von Waßnarr
als Ungarischer und Böhmischer Envogé Visite gegeben. Er ent-
schuldigte sehr freundlich, daß er wegen bisheriger vielen und schweren
Geschäfte, die sonderlich bey der Abreise des Fürsten von Lichtenstein 
vorgefallen, seine Schuldigkeit ein Gegenbesuch noch nicht beobachten
können, und redete übrigens von denen Preußischen Unternehmungen
mit vieler Moderation. Daß die Regentin von Rußland dem Preußischen
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[0164] 77 laesae majestatis aufgemutzet, und ihm mit einem ordentl: Process gedrohet worden, hat er sich dadurch dermaßen intimidiren laßen, daß er sich, pour faire sa paix avec le Roi, zu dieser offerirten Heirath gerne verstanden, ohnerachtet seine Fr: Mutter darin durchaus nicht confentiren wollen, und demjenigen, welcher ihr zuerst die Nachricht von der geschloßenen Heirath überbracht, eine derbe Ohr=Feige gegeben. Indeßen hat die Altesse Royale als petite fille de France so großen Rang, daß sie mit der Königl: Herrschaft speiset, und in deren Ge genwart nicht auf einem Tabouret, sondern auf einem Stuhl mit einer Rücklehne, iedoch nicht auf einem Fautenil, sitzet, dahingegen, wenn ihre eigne Schwester die älteste verwittibte Duchesse de Bourbon zu ihr komt, sie selbst auf einem Fautenil, die Schwester hingegen nur auf einem Stuhl mit e. Rücklehne Platz nimmt. Die Mesdames de France behalten ihren Rang, wenn sie gleich Printzen von Geblüt heirathen; wie denn, wenn die Mariage zwischen der Madame Henriette und dem Duc de Chartres noch zum Stande kommt, die Princessin allezeit über ihn gehet, und er in ihrer Gegen- wart sich nur aufs Tabouret setzen darf. Den 15 Febr: Früh gab uns der Printz von Schwartburg nebst dHl: v. Hertenberg die Visite und wurde das Flöten-Spiel von Illmo auf der Viola di Gamba accompagniret. Nachmittags besuchten wir den Päbstl: Nuncium und gaben ihm von unsrer nach Italien in Vorschlag gekommenen Reise, Nachricht, baten uns auch zu diesem Zweck even- tualiter seine Protection und Assistentz aus. Er bezeigte sich darüber ungemein vergnügt, u. versicherte, daß wir in Italien unser Conto finden würden, weil man nicht auf den frantzöl: Fuß sey und sich einbilde, es sey der Frembden ihre Schuldigkeit, denen Connoissancen nachzulauffen und sich Gesetze vorschreiben zu laßen. Vielmehr halte man in Italien sichs vor eine Ehre, wenn Frembde das Land besuchten, und mache sich eine Freude, sie mit aller Politesse aufzunehmen, und ihnen zu weitern Bekandschaften auf alle Art u. Weise beförderl: zu seyn, ohne sie mit dem Spiel und andern vermeinten Divertissemens zu peinigen. Er offerirte dabey eine Recommendation an seinen in Rom verheiratheten und daselbst etablirten Bruder, und glaubte übrigens, daß der Krieg in Italien sich mit einer Campagne endigen, auch mit Passports gar wohl fort zu kommen seyn würde. Ferner wurde dHl v. Waßnarr als Ungaril: u. Böhmil:n Envogé Visite gegeben. Er ent- schuldigte sehr freundlich, daß er wegen bisheriger vielen und schweren Geschäfte, die sonderl: bey der Abreise des Fürsten von Lichtenstein  vorgefallen, seine Schuldigkeit ein Gegenbesuch noch nicht beobachten können, und redete übrigens von denen Preußil: Unternehmungen mit vieler Moderation. Daß die Regentin von Rußland dem Preußil: Gesandten in Petersburg declariren laßen, wie sie die Königin

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/164>, abgerufen am 21.11.2024.