Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.zurückbleibende Gehäuse oder Nest; es stellt ein mit Karminsäure rot ge- Der Lac-dye wird vornehmlich in der Wollenfärberei angewendet, und 4. Purree. Dieses ist ein aus Indien und China kommendes Roh- § 24. Charakteristik der pflanzlichen Farbstoffe. Unendlich mannigfaltiger, als die Anzahl der Farbmaterialien, welche 1. in der lebenden Pflanze bereits als wirkliche Farbstoffe vorgebildet sind, bisweilen auch erst beim Absterben der Pflanze oder des betreffenden Pflanzenteils entstehen; oder 2. in der Pflanze noch nicht als Farbstoff enthalten sind, sondern als meist gänzlich farblose Körper, welche erst durch irgend welche chemischen Pro- zesse, bisweilen schon durch bloßes Stehen an der Luft (Sauerstoffauf- nahme), sich in Farbstoff umwandeln. Erstere werden dann auch allgemein als Pflanzenfarbstoffe, die letzteren dagegen als Chromogene bezeichnet. Als Beispiel gilt für die Pflanzenfarbstoffe der Safflor, welcher in den Blüten als solcher enthalten ist, für die Chromogene das Indican, jener farblose Pflanzensaft, welcher in der Indigopflanze enthalten ist und erst durch Oxydation den Indigo zu bilden vermag. Nicht alle in den Pflanzen vorhandenen Farbstoffe sind jedoch technisch Die für unsere Zwecke wichtigen und verwendbaren Farbstoffe finden zurückbleibende Gehäuſe oder Neſt; es ſtellt ein mit Karminſäure rot ge- Der Lac-dye wird vornehmlich in der Wollenfärberei angewendet, und 4. Purrée. Dieſes iſt ein aus Indien und China kommendes Roh- § 24. Charakteriſtik der pflanzlichen Farbſtoffe. Unendlich mannigfaltiger, als die Anzahl der Farbmaterialien, welche 1. in der lebenden Pflanze bereits als wirkliche Farbſtoffe vorgebildet ſind, bisweilen auch erſt beim Abſterben der Pflanze oder des betreffenden Pflanzenteils entſtehen; oder 2. in der Pflanze noch nicht als Farbſtoff enthalten ſind, ſondern als meiſt gänzlich farbloſe Körper, welche erſt durch irgend welche chemiſchen Pro- zeſſe, bisweilen ſchon durch bloßes Stehen an der Luft (Sauerſtoffauf- nahme), ſich in Farbſtoff umwandeln. Erſtere werden dann auch allgemein als Pflanzenfarbſtoffe, die letzteren dagegen als Chromogene bezeichnet. Als Beiſpiel gilt für die Pflanzenfarbſtoffe der Safflor, welcher in den Blüten als ſolcher enthalten iſt, für die Chromogene das Indican, jener farbloſe Pflanzenſaft, welcher in der Indigopflanze enthalten iſt und erſt durch Oxydation den Indigo zu bilden vermag. Nicht alle in den Pflanzen vorhandenen Farbſtoffe ſind jedoch techniſch Die für unſere Zwecke wichtigen und verwendbaren Farbſtoffe finden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0121" n="95"/> zurückbleibende Gehäuſe oder Neſt; es ſtellt ein mit Karminſäure rot ge-<lb/> färbtes Harz vor und bildet ſo das Ausgangsmaterial zur Bereitung des<lb/> Schellacks, wobei das <hi rendition="#g">Lac-dye</hi> als ein den roten Farbſtoff des Körnerlacks<lb/> enthaltendes Nebenprodukt gewonnen wird. Zu ſeiner Gewinnung wird der<lb/> Stocklack mit verdünnter Sodalöſung extrahiert und die filtrierte Löſung mit<lb/> Alaun gefällt. Der Niederſchlag wird ausgepreßt, getrocknet und in vier-<lb/> eckige Stücke geformt. Das Lac-dye iſt alſo ein richtiger Farblack und als<lb/> ſolcher weiter unten behandelt. In dieſer Form enthält Lac-dye ca. 50 Prozent<lb/> Karminſäure, 20 Prozent Thonerde und 30 Prozent Harz.</p><lb/> <p>Der Lac-dye wird vornehmlich in der Wollenfärberei angewendet, und<lb/> zwar mit Zinnſalz zuſammen zur Erzeugung von Scharlach, iſt aber faſt<lb/> ganz durch Anilinfarben verdrängt.</p><lb/> <p>4. <hi rendition="#b">Purrée.</hi> Dieſes iſt ein aus Indien und China kommendes Roh-<lb/> material von höchſt zweifelhafter Abſtammung und enthält als gelb färbendes<lb/> Prinzip die <hi rendition="#g">Euxanthinſäure</hi>, an Magneſia gebunden, in Form ſeiden-<lb/> glänzender, gelblicher, in Waſſer, Alkohol und Aether in der Wärme leicht<lb/> löslicher Nadeln. Ueber die eigentliche Herkunft iſt etwas Verläßliches bis-<lb/> her nicht zu erfahren geweſen; es ſoll nach <hi rendition="#g">Stenhouſe</hi> in der Hauptſache<lb/> aus dem Harne von Kameelen, welche mit den Blättern von <hi rendition="#aq">Mangostana<lb/> magnifera</hi> gefüttert worden ſind, gewonnen ſein. Weitere zuverläſſige Nach-<lb/> richten über dasſelbe fehlen bis jetzt.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§ 24. <hi rendition="#b">Charakteriſtik der pflanzlichen Farbſtoffe.</hi></head><lb/> <p>Unendlich mannigfaltiger, als die Anzahl der Farbmaterialien, welche<lb/> das Tierreich liefert, iſt die Zahl der Farbſtoffe, welche pflanzlichen Urſprungs<lb/> ſind; ja, wir könnten mit Fug und Recht von einer Unzahl ſprechen, denn<lb/> die Pflanzenwelt bietet uns eine faſt unerſchöpfliche Menge von Stoffen,<lb/> welche entweder</p><lb/> <list> <item>1. in der lebenden Pflanze bereits als wirkliche Farbſtoffe vorgebildet<lb/> ſind, bisweilen auch erſt beim Abſterben der Pflanze oder des betreffenden<lb/> Pflanzenteils entſtehen; oder</item><lb/> <item>2. in der Pflanze noch nicht als Farbſtoff enthalten ſind, ſondern als<lb/> meiſt gänzlich farbloſe Körper, welche erſt durch irgend welche chemiſchen Pro-<lb/> zeſſe, bisweilen ſchon durch bloßes Stehen an der Luft (Sauerſtoffauf-<lb/> nahme), ſich in Farbſtoff umwandeln. 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zurückbleibende Gehäuſe oder Neſt; es ſtellt ein mit Karminſäure rot ge-
färbtes Harz vor und bildet ſo das Ausgangsmaterial zur Bereitung des
Schellacks, wobei das Lac-dye als ein den roten Farbſtoff des Körnerlacks
enthaltendes Nebenprodukt gewonnen wird. Zu ſeiner Gewinnung wird der
Stocklack mit verdünnter Sodalöſung extrahiert und die filtrierte Löſung mit
Alaun gefällt. Der Niederſchlag wird ausgepreßt, getrocknet und in vier-
eckige Stücke geformt. Das Lac-dye iſt alſo ein richtiger Farblack und als
ſolcher weiter unten behandelt. In dieſer Form enthält Lac-dye ca. 50 Prozent
Karminſäure, 20 Prozent Thonerde und 30 Prozent Harz.
Der Lac-dye wird vornehmlich in der Wollenfärberei angewendet, und
zwar mit Zinnſalz zuſammen zur Erzeugung von Scharlach, iſt aber faſt
ganz durch Anilinfarben verdrängt.
4. Purrée. Dieſes iſt ein aus Indien und China kommendes Roh-
material von höchſt zweifelhafter Abſtammung und enthält als gelb färbendes
Prinzip die Euxanthinſäure, an Magneſia gebunden, in Form ſeiden-
glänzender, gelblicher, in Waſſer, Alkohol und Aether in der Wärme leicht
löslicher Nadeln. Ueber die eigentliche Herkunft iſt etwas Verläßliches bis-
her nicht zu erfahren geweſen; es ſoll nach Stenhouſe in der Hauptſache
aus dem Harne von Kameelen, welche mit den Blättern von Mangostana
magnifera gefüttert worden ſind, gewonnen ſein. Weitere zuverläſſige Nach-
richten über dasſelbe fehlen bis jetzt.
§ 24. Charakteriſtik der pflanzlichen Farbſtoffe.
Unendlich mannigfaltiger, als die Anzahl der Farbmaterialien, welche
das Tierreich liefert, iſt die Zahl der Farbſtoffe, welche pflanzlichen Urſprungs
ſind; ja, wir könnten mit Fug und Recht von einer Unzahl ſprechen, denn
die Pflanzenwelt bietet uns eine faſt unerſchöpfliche Menge von Stoffen,
welche entweder
1. in der lebenden Pflanze bereits als wirkliche Farbſtoffe vorgebildet
ſind, bisweilen auch erſt beim Abſterben der Pflanze oder des betreffenden
Pflanzenteils entſtehen; oder
2. in der Pflanze noch nicht als Farbſtoff enthalten ſind, ſondern als
meiſt gänzlich farbloſe Körper, welche erſt durch irgend welche chemiſchen Pro-
zeſſe, bisweilen ſchon durch bloßes Stehen an der Luft (Sauerſtoffauf-
nahme), ſich in Farbſtoff umwandeln. Erſtere werden dann auch allgemein
als Pflanzenfarbſtoffe, die letzteren dagegen als Chromogene bezeichnet.
Als Beiſpiel gilt für die Pflanzenfarbſtoffe der Safflor, welcher in den
Blüten als ſolcher enthalten iſt, für die Chromogene das Indican, jener
farbloſe Pflanzenſaft, welcher in der Indigopflanze enthalten iſt und erſt
durch Oxydation den Indigo zu bilden vermag.
Nicht alle in den Pflanzen vorhandenen Farbſtoffe ſind jedoch techniſch
verwendbar. Unter dieſen für Färbereizwecke unverwendbaren ſteht obenan
das Chlorophyll oder Blattgrün; ebenſo iſt der gelbe und rote Farb-
ſtoff der Blätter (welche Farben dieſe vornehmlich im Herbſte zeigen), tech-
niſch nicht verwendbar.
Die für unſere Zwecke wichtigen und verwendbaren Farbſtoffe finden
ſich nur ausnahmsweiſe in der ganzen Pflanze gleichmäßig verteilt, ſondern
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