auch schon Cicero, daß es keine so thörichte Meinung gegeben habe, die nicht ihre Anhänger gehabt hätte.
Zweyter Abschnitt. Vergleich des Menschen mit den Thieren.
§. 12.
Ich trete meinem Hauptgegenstande etwas näher, und suche die Wahrheit nimmer in der Phantasie, sondern in den Dingen selbst. Ein Vergleich des Menschen mit dem unvernünftigen Thiere, sowohl im gesunden als kranken Zustande wird uns weit richtiger zu einem ächten Begriffe von der menschlichen Natur führen. Diejenigen Vortheile ausgenommen, welche der Mensch in Hinsicht seiner Seelenfähigkeiten voraus hat, so be- ruht seine ganze Verfassung auf keinen andern Gese- zen, als jene der Thiere; "denn der Mensch ist ja wie alles andere, ein Zögling der Luft, und im gan- zen Kreise seines Daseyns aller Erdorganisationen Bruder.*)
§. 13. In Rücksicht der Geschlechts Verrichtungen.
Um das 14--16. Jahr fängt der Jüngling an, muthig, herzhaft, verwegen und unternehmend zu
wer-
*) Herder Ideen zur Philosophie der Geschichte der Mensch- heit 1ter Theil S. 31.
auch ſchon Cicero, daß es keine ſo thoͤrichte Meinung gegeben habe, die nicht ihre Anhaͤnger gehabt haͤtte.
Zweyter Abſchnitt. Vergleich des Menſchen mit den Thieren.
§. 12.
Ich trete meinem Hauptgegenſtande etwas naͤher, und ſuche die Wahrheit nimmer in der Phantaſie, ſondern in den Dingen ſelbſt. Ein Vergleich des Menſchen mit dem unvernuͤnftigen Thiere, ſowohl im geſunden als kranken Zuſtande wird uns weit richtiger zu einem aͤchten Begriffe von der menſchlichen Natur fuͤhren. Diejenigen Vortheile ausgenommen, welche der Menſch in Hinſicht ſeiner Seelenfaͤhigkeiten voraus hat, ſo be- ruht ſeine ganze Verfaſſung auf keinen andern Geſe- zen, als jene der Thiere; „denn der Menſch iſt ja wie alles andere, ein Zoͤgling der Luft, und im gan- zen Kreiſe ſeines Daſeyns aller Erdorganiſationen Bruder.*)
§. 13. In Ruͤckſicht der Geſchlechts Verrichtungen.
Um das 14—16. Jahr faͤngt der Juͤngling an, muthig, herzhaft, verwegen und unternehmend zu
wer-
*) Herder Ideen zur Philoſophie der Geſchichte der Menſch- heit 1ter Theil S. 31.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0047"n="28"/>
auch ſchon <hirendition="#fr">Cicero</hi>, daß es keine ſo thoͤrichte Meinung<lb/>
gegeben habe, die nicht ihre Anhaͤnger gehabt haͤtte.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Zweyter Abſchnitt</hi>.<lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/> Vergleich des Menſchen mit den Thieren.</hi></head><lb/><divn="3"><head>§. 12.</head><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>ch trete meinem Hauptgegenſtande etwas naͤher, und<lb/>ſuche die Wahrheit nimmer in der Phantaſie, ſondern<lb/>
in den Dingen ſelbſt. Ein Vergleich des Menſchen<lb/>
mit dem unvernuͤnftigen Thiere, ſowohl im geſunden<lb/>
als kranken Zuſtande wird uns weit richtiger zu einem<lb/>
aͤchten Begriffe von der menſchlichen Natur fuͤhren.<lb/>
Diejenigen Vortheile ausgenommen, welche der Menſch<lb/>
in Hinſicht ſeiner Seelenfaͤhigkeiten voraus hat, ſo be-<lb/>
ruht ſeine ganze Verfaſſung auf keinen andern Geſe-<lb/>
zen, als jene der Thiere; „denn der Menſch iſt ja<lb/>
wie alles andere, ein Zoͤgling der Luft, und im gan-<lb/>
zen Kreiſe ſeines Daſeyns aller Erdorganiſationen<lb/>
Bruder.<noteplace="foot"n="*)">Herder Ideen zur Philoſophie der Geſchichte der Menſch-<lb/>
heit 1ter Theil S. 31.</note></p></div><lb/><divn="3"><head>§. 13.<lb/><hirendition="#b">In Ruͤckſicht der Geſchlechts Verrichtungen.</hi></head><lb/><p>Um das 14—16. Jahr faͤngt der Juͤngling an,<lb/>
muthig, herzhaft, verwegen und unternehmend zu<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wer-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[28/0047]
auch ſchon Cicero, daß es keine ſo thoͤrichte Meinung
gegeben habe, die nicht ihre Anhaͤnger gehabt haͤtte.
Zweyter Abſchnitt.
Vergleich des Menſchen mit den Thieren.
§. 12.
Ich trete meinem Hauptgegenſtande etwas naͤher, und
ſuche die Wahrheit nimmer in der Phantaſie, ſondern
in den Dingen ſelbſt. Ein Vergleich des Menſchen
mit dem unvernuͤnftigen Thiere, ſowohl im geſunden
als kranken Zuſtande wird uns weit richtiger zu einem
aͤchten Begriffe von der menſchlichen Natur fuͤhren.
Diejenigen Vortheile ausgenommen, welche der Menſch
in Hinſicht ſeiner Seelenfaͤhigkeiten voraus hat, ſo be-
ruht ſeine ganze Verfaſſung auf keinen andern Geſe-
zen, als jene der Thiere; „denn der Menſch iſt ja
wie alles andere, ein Zoͤgling der Luft, und im gan-
zen Kreiſe ſeines Daſeyns aller Erdorganiſationen
Bruder. *)
§. 13.
In Ruͤckſicht der Geſchlechts Verrichtungen.
Um das 14—16. Jahr faͤngt der Juͤngling an,
muthig, herzhaft, verwegen und unternehmend zu
wer-
*) Herder Ideen zur Philoſophie der Geſchichte der Menſch-
heit 1ter Theil S. 31.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/47>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.