Lieber Junge! Deine Hartnäckigkeit im Fragen hat mich erst erbost, schließlich gerührt, -- es fehlt nur, daß ich Thränen vergieße, wie ein frierendes Krokodil! Nun ja, es geht mir leidlich; das alte Trento ist so schön, wie damals, als wir vor drei Jahren im September zusammen hier waren. Wollte nur, ich wär' derselbe, -- aber so was schüttelt man nicht ab, wie der Pudel die Prügel! Wie geht's ihr denn? Siehst Du, hörst Du etwas von ihr? Ich will mal ganz offen gegen Dich sein und Dir sagen, -- wenn mich die Frage nach ihr nicht immer noch in Unruh' erhielte, -- vielleicht hätt' ich Dir auch heut' noch nicht geschrieben. Zudem ist heut' ein Regentag! -- gelt, ich bin eine ehrliche Haut? Gemacht hab' ich so gut, wie nichts, -- eine Illustration zu einem grauslichen Ritterpoem für die "Fliegenden", das ist wahrhaftig Alles! Jetzt hab' ich 'n Moralischen zu dem andern, dem Unmoralischen, Du weißt ja! Sag' mir nur, wie sie's trägt, wie sie sich d'rein findet! Sieht man sie wieder zusammen mit --Ihm? Ist sie bleich? leidend? Schreib' mir's! schreib' mir's! Gleich auf der Stelle möcht' ich die Antwort haben! -- Mich verdrießt's bis ins Mark, wie ich
Eugen Schmidthammel an Toni Emmer in München.
Trient, 29. März 89.
Lieber Junge! Deine Hartnäckigkeit im Fragen hat mich erſt erboſt, ſchließlich gerührt, — es fehlt nur, daß ich Thränen vergieße, wie ein frierendes Krokodil! Nun ja, es geht mir leidlich; das alte Trento iſt ſo ſchön, wie damals, als wir vor drei Jahren im September zuſammen hier waren. Wollte nur, ich wär' derſelbe, — aber ſo was ſchüttelt man nicht ab, wie der Pudel die Prügel! Wie geht's ihr denn? Siehſt Du, hörſt Du etwas von ihr? Ich will mal ganz offen gegen Dich ſein und Dir ſagen, — wenn mich die Frage nach ihr nicht immer noch in Unruh' erhielte, — vielleicht hätt' ich Dir auch heut' noch nicht geſchrieben. Zudem iſt heut' ein Regentag! — gelt, ich bin eine ehrliche Haut? Gemacht hab' ich ſo gut, wie nichts, — eine Illuſtration zu einem grauslichen Ritterpoem für die „Fliegenden“, das iſt wahrhaftig Alles! Jetzt hab' ich 'n Moraliſchen zu dem andern, dem Unmoraliſchen, Du weißt ja! Sag' mir nur, wie ſie's trägt, wie ſie ſich d'rein findet! Sieht man ſie wieder zuſammen mit —Ihm? Iſt ſie bleich? leidend? Schreib' mir's! ſchreib' mir's! Gleich auf der Stelle möcht' ich die Antwort haben! — Mich verdrießt's bis ins Mark, wie ich
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Eugen Schmidthammel an Toni Emmer
in München.
Trient, 29. März 89.
Lieber Junge! Deine Hartnäckigkeit im Fragen
hat mich erſt erboſt, ſchließlich gerührt, — es fehlt
nur, daß ich Thränen vergieße, wie ein frierendes
Krokodil! Nun ja, es geht mir leidlich; das alte
Trento iſt ſo ſchön, wie damals, als wir vor drei
Jahren im September zuſammen hier waren. Wollte
nur, ich wär' derſelbe, — aber ſo was ſchüttelt man
nicht ab, wie der Pudel die Prügel! Wie geht's
ihr denn? Siehſt Du, hörſt Du etwas von ihr?
Ich will mal ganz offen gegen Dich ſein und Dir
ſagen, — wenn mich die Frage nach ihr nicht immer
noch in Unruh' erhielte, — vielleicht hätt' ich Dir
auch heut' noch nicht geſchrieben. Zudem iſt heut'
ein Regentag! — gelt, ich bin eine ehrliche Haut?
Gemacht hab' ich ſo gut, wie nichts, — eine
Illuſtration zu einem grauslichen Ritterpoem für die
„Fliegenden“, das iſt wahrhaftig Alles! Jetzt hab'
ich 'n Moraliſchen zu dem andern, dem Unmoraliſchen,
Du weißt ja! Sag' mir nur, wie ſie's trägt, wie ſie
ſich d'rein findet! Sieht man ſie wieder zuſammen mit
—Ihm? Iſt ſie bleich? leidend? Schreib' mir's! ſchreib'
mir's! Gleich auf der Stelle möcht' ich die Antwort
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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/223>, abgerufen am 22.02.2025.
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