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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Sechstes Kapitel.

Gleich nach zwölf -- Woldemar hatte sich, wie ge¬
plant, schon lange vorher, um bei Lorenzen vorzusprechen,
von den andern Herren getrennt -- waren Dubslav, Rex
und Czako von dem Globsower Ausfluge zurück, und Rex,
feiner Mann, der er war, war bei Passierung des Vor¬
hofs verbindlich an die mit Zinn ausgelegte blanke Glas¬
kugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen
Produkte der eben besichtigten "grünen Glashütte", seine
Ministerialaufmerksamkeit zu schenken. Er ging dabei so
weit, von "Industriestaat" zu sprechen. Czako, der ge¬
meinschaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war
mit allem einverstanden, nur nicht mit seinem Spiegel¬
bilde. "Wenn man nur bloß etwas besser aussähe ..."
Rex versuchte zu widersprechen, aber Czako gab nicht nach
und versicherte: "Ja, Rex, Sie sind ein schöner Mann,
Sie haben eben mehr zuzusetzen. Und da bleibt denn
immer noch was übrig."

Oben auf der Rampe stand Engelke.

"Nun, Engelke, wie steht's? Woldemar und der
Pastor schon da?"

"Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Christel
schicken ..."

"Nein, nein, schicke nicht. Das stört bloß. Aber
warten wollen wir auch nicht. Es war doch weiter nach
Globsow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es

Sechſtes Kapitel.

Gleich nach zwölf — Woldemar hatte ſich, wie ge¬
plant, ſchon lange vorher, um bei Lorenzen vorzuſprechen,
von den andern Herren getrennt — waren Dubslav, Rex
und Czako von dem Globſower Ausfluge zurück, und Rex,
feiner Mann, der er war, war bei Paſſierung des Vor¬
hofs verbindlich an die mit Zinn ausgelegte blanke Glas¬
kugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen
Produkte der eben beſichtigten „grünen Glashütte“, ſeine
Miniſterialaufmerkſamkeit zu ſchenken. Er ging dabei ſo
weit, von „Induſtrieſtaat“ zu ſprechen. Czako, der ge¬
meinſchaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war
mit allem einverſtanden, nur nicht mit ſeinem Spiegel¬
bilde. „Wenn man nur bloß etwas beſſer ausſähe ...“
Rex verſuchte zu widerſprechen, aber Czako gab nicht nach
und verſicherte: „Ja, Rex, Sie ſind ein ſchöner Mann,
Sie haben eben mehr zuzuſetzen. Und da bleibt denn
immer noch was übrig.“

Oben auf der Rampe ſtand Engelke.

„Nun, Engelke, wie ſteht's? Woldemar und der
Paſtor ſchon da?“

„Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Chriſtel
ſchicken ...“

„Nein, nein, ſchicke nicht. Das ſtört bloß. Aber
warten wollen wir auch nicht. Es war doch weiter nach
Globſow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es

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[[75]/0082] Sechſtes Kapitel. Gleich nach zwölf — Woldemar hatte ſich, wie ge¬ plant, ſchon lange vorher, um bei Lorenzen vorzuſprechen, von den andern Herren getrennt — waren Dubslav, Rex und Czako von dem Globſower Ausfluge zurück, und Rex, feiner Mann, der er war, war bei Paſſierung des Vor¬ hofs verbindlich an die mit Zinn ausgelegte blanke Glas¬ kugel herangetreten, um ihr, als einem mutmaßlichen Produkte der eben beſichtigten „grünen Glashütte“, ſeine Miniſterialaufmerkſamkeit zu ſchenken. Er ging dabei ſo weit, von „Induſtrieſtaat“ zu ſprechen. Czako, der ge¬ meinſchaftlich mit Rex in die Glaskugel hineinguckte, war mit allem einverſtanden, nur nicht mit ſeinem Spiegel¬ bilde. „Wenn man nur bloß etwas beſſer ausſähe ...“ Rex verſuchte zu widerſprechen, aber Czako gab nicht nach und verſicherte: „Ja, Rex, Sie ſind ein ſchöner Mann, Sie haben eben mehr zuzuſetzen. Und da bleibt denn immer noch was übrig.“ Oben auf der Rampe ſtand Engelke. „Nun, Engelke, wie ſteht's? Woldemar und der Paſtor ſchon da?“ „Nein, gnäd'ger Herr. Aber ich kann ja die Chriſtel ſchicken ...“ „Nein, nein, ſchicke nicht. Das ſtört bloß. Aber warten wollen wir auch nicht. Es war doch weiter nach Globſow, als ich dachte; das heißt, eigentlich war es

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [75]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/82>, abgerufen am 19.11.2024.