nicht weiter, bloß die Beine wollen nicht mehr recht. Und hat solche Anstrengung bloß das eine Gute, daß man hungrig und durstig wird. Aber da kommen ja die Herren."
Und er grüßte von der Rampe her nach der Bohlen¬ brücke hinüber, über die Woldemar und Lorenzen eben in den Schloßhof eintraten. Rex ging ihnen entgegen. Dubslav dagegen nahm Czakos Arm und sagte: "Nun kommen Sie, Hauptmann, wir wollen derweilen ein bißchen recherchieren und uns einen guten Platz aus¬ suchen. Mit der ewigen Veranda, das is nichts; unter der Marquise steht die Luft wie 'ne Mauer, und ich muß frische Luft haben. Vielleicht erstes Zeichen von Hydropsie. Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter sind sie doch ein Segen. Wenn ich so zwischen Hydropsie und Wassersucht die Wahl habe, bin ich immer für Hydropsie. Wassersucht hat so was kolossal Anschauliches."
Unter diesen Worten waren sie bis in den Garten gekommen, an eine Stelle, wo viel Buchsbaum stand, dem Poetensteige gerad' gegenüber. "Sehen Sie hier, Hauptmann, das wäre so was. Niedrige Buchsbaum¬ wand. Da haben wir Luft und doch keinen Zug. Denn vor Zug muß ich mich auch hüten wegen Rheumatismus, oder vielleicht ist es auch Gicht. Und dabei hören wir das Plätschern von meiner Sanssouci-Fontäne. Was meinen Sie?"
"Kapital, Herr Major."
"Ach, lassen Sie den Major. Major klingt immer so dienstlich ... Also hier, Engelke, hier decke den Tisch und stell auch ein paar Fuchsien oder was gerade blüht in die Mitte. Nur nicht Astern. Astern sind ganz gut, aber doch sozusagen unterm Stand und sehen immer aus wie 'n Bauerngarten. Und dann mache dich in den Keller und hol uns was Ordentliches herauf. Du weißt ja, was ich zum Frühstück am liebsten habe. Viel¬ leicht hat Hauptmann Czako denselben Geschmack."
nicht weiter, bloß die Beine wollen nicht mehr recht. Und hat ſolche Anſtrengung bloß das eine Gute, daß man hungrig und durſtig wird. Aber da kommen ja die Herren.“
Und er grüßte von der Rampe her nach der Bohlen¬ brücke hinüber, über die Woldemar und Lorenzen eben in den Schloßhof eintraten. Rex ging ihnen entgegen. Dubslav dagegen nahm Czakos Arm und ſagte: „Nun kommen Sie, Hauptmann, wir wollen derweilen ein bißchen recherchieren und uns einen guten Platz aus¬ ſuchen. Mit der ewigen Veranda, das is nichts; unter der Marquiſe ſteht die Luft wie 'ne Mauer, und ich muß friſche Luft haben. Vielleicht erſtes Zeichen von Hydropſie. Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter ſind ſie doch ein Segen. Wenn ich ſo zwiſchen Hydropſie und Waſſerſucht die Wahl habe, bin ich immer für Hydropſie. Waſſerſucht hat ſo was koloſſal Anſchauliches.“
Unter dieſen Worten waren ſie bis in den Garten gekommen, an eine Stelle, wo viel Buchsbaum ſtand, dem Poetenſteige gerad' gegenüber. „Sehen Sie hier, Hauptmann, das wäre ſo was. Niedrige Buchsbaum¬ wand. Da haben wir Luft und doch keinen Zug. Denn vor Zug muß ich mich auch hüten wegen Rheumatismus, oder vielleicht iſt es auch Gicht. Und dabei hören wir das Plätſchern von meiner Sansſouci-Fontäne. Was meinen Sie?“
„Kapital, Herr Major.“
„Ach, laſſen Sie den Major. Major klingt immer ſo dienſtlich ... Alſo hier, Engelke, hier decke den Tiſch und ſtell auch ein paar Fuchſien oder was gerade blüht in die Mitte. Nur nicht Aſtern. Aſtern ſind ganz gut, aber doch ſozuſagen unterm Stand und ſehen immer aus wie 'n Bauerngarten. Und dann mache dich in den Keller und hol uns was Ordentliches herauf. Du weißt ja, was ich zum Frühſtück am liebſten habe. Viel¬ leicht hat Hauptmann Czako denſelben Geſchmack.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0083"n="76"/>
nicht weiter, bloß die Beine wollen nicht mehr recht.<lb/>
Und hat ſolche Anſtrengung bloß das eine Gute, daß man<lb/>
hungrig und durſtig wird. Aber da kommen ja die Herren.“</p><lb/><p>Und er grüßte von der Rampe her nach der Bohlen¬<lb/>
brücke hinüber, über die Woldemar und Lorenzen eben<lb/>
in den Schloßhof eintraten. Rex ging ihnen entgegen.<lb/>
Dubslav dagegen nahm Czakos Arm und ſagte: „Nun<lb/>
kommen Sie, Hauptmann, wir wollen derweilen ein<lb/>
bißchen recherchieren und uns einen guten Platz aus¬<lb/>ſuchen. Mit der ewigen Veranda, das is nichts; unter<lb/>
der Marquiſe ſteht die Luft wie 'ne Mauer, und ich muß<lb/>
friſche Luft haben. Vielleicht erſtes Zeichen von Hydropſie.<lb/>
Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter<lb/>ſind ſie doch ein Segen. Wenn ich ſo zwiſchen Hydropſie<lb/>
und Waſſerſucht die Wahl habe, bin ich immer für<lb/>
Hydropſie. Waſſerſucht hat ſo was koloſſal Anſchauliches.“</p><lb/><p>Unter dieſen Worten waren ſie bis in den Garten<lb/>
gekommen, an eine Stelle, wo viel Buchsbaum ſtand,<lb/>
dem Poetenſteige gerad' gegenüber. „Sehen Sie hier,<lb/>
Hauptmann, das wäre ſo was. Niedrige Buchsbaum¬<lb/>
wand. Da haben wir Luft und doch keinen Zug. Denn<lb/>
vor Zug muß ich mich auch hüten wegen Rheumatismus,<lb/>
oder vielleicht iſt es auch Gicht. Und dabei hören wir<lb/>
das Plätſchern von meiner Sansſouci-Fontäne. Was<lb/>
meinen Sie?“</p><lb/><p>„Kapital, Herr Major.“</p><lb/><p>„Ach, laſſen Sie den Major. Major klingt immer<lb/>ſo dienſtlich ... Alſo hier, Engelke, hier decke den Tiſch<lb/>
und ſtell auch ein paar Fuchſien oder was gerade blüht<lb/>
in die Mitte. Nur nicht Aſtern. Aſtern ſind ganz gut,<lb/>
aber doch ſozuſagen unterm Stand und ſehen immer aus<lb/>
wie 'n Bauerngarten. Und dann mache dich in den<lb/>
Keller und hol uns was Ordentliches herauf. Du<lb/>
weißt ja, was ich zum Frühſtück am liebſten habe. Viel¬<lb/>
leicht hat Hauptmann Czako denſelben Geſchmack.“<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[76/0083]
nicht weiter, bloß die Beine wollen nicht mehr recht.
Und hat ſolche Anſtrengung bloß das eine Gute, daß man
hungrig und durſtig wird. Aber da kommen ja die Herren.“
Und er grüßte von der Rampe her nach der Bohlen¬
brücke hinüber, über die Woldemar und Lorenzen eben
in den Schloßhof eintraten. Rex ging ihnen entgegen.
Dubslav dagegen nahm Czakos Arm und ſagte: „Nun
kommen Sie, Hauptmann, wir wollen derweilen ein
bißchen recherchieren und uns einen guten Platz aus¬
ſuchen. Mit der ewigen Veranda, das is nichts; unter
der Marquiſe ſteht die Luft wie 'ne Mauer, und ich muß
friſche Luft haben. Vielleicht erſtes Zeichen von Hydropſie.
Kann eigentlich Fremdwörter nicht leiden. Aber mitunter
ſind ſie doch ein Segen. Wenn ich ſo zwiſchen Hydropſie
und Waſſerſucht die Wahl habe, bin ich immer für
Hydropſie. Waſſerſucht hat ſo was koloſſal Anſchauliches.“
Unter dieſen Worten waren ſie bis in den Garten
gekommen, an eine Stelle, wo viel Buchsbaum ſtand,
dem Poetenſteige gerad' gegenüber. „Sehen Sie hier,
Hauptmann, das wäre ſo was. Niedrige Buchsbaum¬
wand. Da haben wir Luft und doch keinen Zug. Denn
vor Zug muß ich mich auch hüten wegen Rheumatismus,
oder vielleicht iſt es auch Gicht. Und dabei hören wir
das Plätſchern von meiner Sansſouci-Fontäne. Was
meinen Sie?“
„Kapital, Herr Major.“
„Ach, laſſen Sie den Major. Major klingt immer
ſo dienſtlich ... Alſo hier, Engelke, hier decke den Tiſch
und ſtell auch ein paar Fuchſien oder was gerade blüht
in die Mitte. Nur nicht Aſtern. Aſtern ſind ganz gut,
aber doch ſozuſagen unterm Stand und ſehen immer aus
wie 'n Bauerngarten. Und dann mache dich in den
Keller und hol uns was Ordentliches herauf. Du
weißt ja, was ich zum Frühſtück am liebſten habe. Viel¬
leicht hat Hauptmann Czako denſelben Geſchmack.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/83>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.