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Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

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wie wir, die wir uns von Jugend an mit Axt und Spaten haben quälen müssen. Er kann Holz spalten und Schindeln machen, und wenn eine Kiste kaput geht, so nagelt er sie wieder zusammen, ganz so wie wir, und wo Kühe sind, da geht er in den Stall und kann auch melken. Er hat keine rechte Kraft mehr, aber es geht doch."

"Das alles kann auch einer lernen, der nicht immer dabei war."

"Ja, aber man sieht doch den Unterschied, wenn einer so blos dazu gekommen. Er ist nun die nächsten acht Tage hier, da können Sie ja sehen, wie er's macht. Und Sie werden bald finden, daß er kein gewesener Prinz ist. Er ist einfältig ..."

"Das ist das Alter."

"Nein, das ist seine Natur. Als wir herüberkamen, war er schon ebenso."




Zu meinen Untugenden gehört auch ein Stück Eigensinn, und so wollt' ich nicht recht glauben, was mir die Wirtin gesagt hatte. "Da steckt doch noch was dahinter," bei diesem Satze blieb ich und legte mich, weil seine ganz ausgesprochene Schlichtheit meinen Glauben eher stärker als schwächer werden ließ, auf ein Beobachten seines Thuns, das ein beständig wechselndes und ziemlich mannigfaches war.

wie wir, die wir uns von Jugend an mit Axt und Spaten haben quälen müssen. Er kann Holz spalten und Schindeln machen, und wenn eine Kiste kaput geht, so nagelt er sie wieder zusammen, ganz so wie wir, und wo Kühe sind, da geht er in den Stall und kann auch melken. Er hat keine rechte Kraft mehr, aber es geht doch.“

„Das alles kann auch einer lernen, der nicht immer dabei war.“

„Ja, aber man sieht doch den Unterschied, wenn einer so blos dazu gekommen. Er ist nun die nächsten acht Tage hier, da können Sie ja sehen, wie er’s macht. Und Sie werden bald finden, daß er kein gewesener Prinz ist. Er ist einfältig …“

„Das ist das Alter.“

„Nein, das ist seine Natur. Als wir herüberkamen, war er schon ebenso.“




Zu meinen Untugenden gehört auch ein Stück Eigensinn, und so wollt’ ich nicht recht glauben, was mir die Wirtin gesagt hatte. „Da steckt doch noch was dahinter,“ bei diesem Satze blieb ich und legte mich, weil seine ganz ausgesprochene Schlichtheit meinen Glauben eher stärker als schwächer werden ließ, auf ein Beobachten seines Thuns, das ein beständig wechselndes und ziemlich mannigfaches war.

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[220/0222] wie wir, die wir uns von Jugend an mit Axt und Spaten haben quälen müssen. Er kann Holz spalten und Schindeln machen, und wenn eine Kiste kaput geht, so nagelt er sie wieder zusammen, ganz so wie wir, und wo Kühe sind, da geht er in den Stall und kann auch melken. Er hat keine rechte Kraft mehr, aber es geht doch.“ „Das alles kann auch einer lernen, der nicht immer dabei war.“ „Ja, aber man sieht doch den Unterschied, wenn einer so blos dazu gekommen. Er ist nun die nächsten acht Tage hier, da können Sie ja sehen, wie er’s macht. Und Sie werden bald finden, daß er kein gewesener Prinz ist. Er ist einfältig …“ „Das ist das Alter.“ „Nein, das ist seine Natur. Als wir herüberkamen, war er schon ebenso.“ Zu meinen Untugenden gehört auch ein Stück Eigensinn, und so wollt’ ich nicht recht glauben, was mir die Wirtin gesagt hatte. „Da steckt doch noch was dahinter,“ bei diesem Satze blieb ich und legte mich, weil seine ganz ausgesprochene Schlichtheit meinen Glauben eher stärker als schwächer werden ließ, auf ein Beobachten seines Thuns, das ein beständig wechselndes und ziemlich mannigfaches war.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

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  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/222>, abgerufen am 27.04.2024.